Daten sind keine Sache

Bei elektronischen Daten handelt es sich um keine Sache im Sinne des BGB (auch nicht analog), wie das Brandenburgische Oberlandesgericht, 4 U 123/19, klarstellen konnte.

Dabei führt das OLG aus:

Soweit eine analoge Anwendung des Besitzschutzes auf Daten befürwortet wird (vgl. Hoeren, MMR 2019, 5; Michl, NJW 2019, 2729), überzeugt dies nicht. Denn eine Analogie setzt zum einen eine planwidrige Regelungslücke voraus. Zum anderen muss die Vergleichbarkeit der zur Beurteilung stehenden Sachverhalte gegeben sein, also der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar sein, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGH, Beschluss vom 10.10.2018 – XII ZB 231/18, NJW 2019, 153 Rn. 16; Beschluss vom 1.2.2017 – XII ZB 71/16, NJW 2017, 1946 Rn. 28, 31).

Eine planwidrige Regelungslücke ist nicht anzunehmen, da der historische Gesetzgeber die Einbeziehung von Daten in den Besitzschutz nicht regeln wollte, weil es aufgrund des damaligen technischen Standes hierfür kein Bedürfnis gab. Dass der Gesetzgeber, wenn er den technischen Fortschritt vorhergesehen hätte, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen wäre, ist ebenfalls zu verneinen. Es fehlt schon an der Vergleichbarkeit. Daten können nicht die Körperlichkeit von Sachen i. S. d. § 90 BGB aufweisen, da sie sich anders als körperliche Gegenstände durch ihre Nicht-Rivalität, Nicht-Exklusivität und Nicht-Abnutzbarkeit auszeichnen, d. h. dass sie von einer Vielzahl von Nutzern verwendet werden können, ohne dass die Nutzung des jeweils anderen dadurch beeinträchtigt wird, dass sie ohne besonderen finanziellen Aufwand beliebig kopierbar sind und keiner Abnutzung oder Alterung unterliegen (so auch Hoeren, a. a. O., 6).

Hinzu kommt, dass sich die Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“ der Justizministerinnen und Justizminister der Länder ausführlich mit dem Thema auseinandergesetzt hat und in ihrem 413 Seiten umfassenden Bericht festgestellt hat, das ein „Dateneigentum“ oder ein anderes absolutes Recht an digitalen Daten in der gegenwärtigen Rechtsordnung nicht existiere (Hoeren, a. a. O., 5).

Brandenburgisches Oberlandesgericht, 4 U 123/19

Diese Darstellung dürfte nach meinem Eindruck den derzeitigen Meinungsstand hervorragend wiedergeben, ich wäre in der Tat auch überrascht, wenn sich ein Gericht anders postiert: Es wäre Aufgabe des Gesetzgebers, in dieser ständig laufenden Diskussion eine Position zu beziehen, wenn er schlichte Daten als Sache verstanden haben möchte.

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Solange es bei dem obigen Sachstand verbleibt, werden vorwiegend das Vertragsrecht, Urheberrecht (hier speziell der Datenbankschutz) und das Datenschutzrecht samt allgemeinem die Instrumentarien sein, mit denen man die sich hier stellenden Fragen in erster Linie angehen muss.

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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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