Beim Landgericht Münster, 11 O 111/20, ging es um einen Bitcoin-Investment Vertrag und die Frage des Umgangs mit der Auszahlung hieraus. Die Entscheidung befasst sich erstmals und leider viel zu kurz mit den vertraglichen Fragen rund um Bitcoin-Investments.
Dabei ging es um einen einfachen Sachverhalt: Jemand zahlte Geld ein, damit mit diesem Geld Bitcoin-Anteile erworben werden. Das Vertragsverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen, es war ohne Frist und grundlos jederzeit zum Monatsende kündbar. Ausweislich des Vertrages sollten 10% der Investitionssumme als Berater- und Einrichtungsgebühr nach Erfüllung und Erwirtschaftung einbehalten werden. Außerdem werden bei der Auszahlung weitere 10 % des Auszahlungsbetrages inkl. Mehrwertsteuer in gesetzlicher Höhe erhoben. Nachdem der Kunde 5500 Euro überwiesen hatte, wurde dann ein Betrag in Höhe von 5.000,- € in Bitcoins angelegt, was zum Zeitpunkt der Investition (12.11.2019) 0,688 Bitcoins entsprach. Mit Schreiben vom 23.09.2020 wurde die Kündigung des Vertrages erklärt und nunmehr auf Auszahlung geklagt.
Vertragsnatur des Bitcoin-Investments
Das Landgericht geht, wie auch der Vertragstext selber, ohne weitere Analyse von einem Dienstleistungsvertrag aus.
Auszahlung in Euro
Tatsächlich wurde darum gestritten, wie eigentlich auszuzahlen ist – der beauftragte Bitcoin-Verwalter vertrat wohl ernsthaft die Auffassung, nicht in Geld sondern lediglich in transferierten Bitcoin auszahlen zu müssen. Das lehnte das Gericht zutreffend ab:
Die Auszahlung selbst konnte naturgemäß nicht in Bitcoins, also einer Kryptowährung erfolgen. Dafür hätte die Klägerin selbst ein „Bitcoin-Wallet“ einrichten müssen, womit er aber gerade den Beklagten beauftragt hatte. Aus dem gesamten Regelungszusammenhang des Vertrages folgt, dass der Beklagte die ihm überwiesene Investitionssumme für die Klägerin in Bitcoins anlegen sollte und hierfür zunächst als Vergütung 10 % der Anlagesumme sowie im Falle der Auszahlung 10 % des Auszahlungsbetrages erhalten sollte. Im Falle der Auszahlung sollte wiederum eine Umwandlung in Euro erfolgen.
Also: Zahlungsanspruch in Geld, man hat zu veräußern und dann auszuzahlen. Das Problem dürfte hier woanders liegen – wer zu träge agiert als Bitcoin-Verwalter, könnte bares Geld verlieren, wenn er (nachweislich) zu spät verkauft hat. Ein Vertrag sollte hierfür Regularien vorsehen, damit nicht darüber gestritten wird, wie man mit der zeitlichen Differenz zwischen Aussprache, Zugang und letztlicher Bearbeitung der Kündigung umgeht.
Dabei dürfte es sich im Regelfall ohnehin lohnen, wenn der Bitcoin-Verwalter eben nicht tatsächlich verkauft, sondern genügend im Portfolio hat, um auszuzahlen und die angelegten Bitcoin weiter zu führen. Leider verhält sich die Entscheidung des LG Münster nun nicht dazu, was aus Sicht eines verständigen Kunden zu erwarten wäre; gute Gründen sprechen dafür, dass ein Kunde gerade nicht erwartet, dass es „seine“ Bitcoin sind, sondern dass er einen geldwerten Anspruch hat. Gleichwohl sollte bei einer Kündigung, die ja auch per Einschreiben übersendet werden kann, vertraglich geregelt werden, wie man mit zeitlich im Nachhinein nicht definierbaren Kündigungen bei der Wertbemessung des Portfolios umgeht.
Unklare Klage
Dass das soeben ausgeführte keineswegs selbstverständlich ist, zeigt die Klageforderung im vorliegenden Fall: Es wurde die Auszahlung des Gegenwert von 0,688 Bitcoin mit Wertstellung zum Kündigungsdatum (wohl ohne Uhrzeit) eingefordert. Tatsächlich wies das Portfolio einen höheren Bitcoin-Anteil aus, der aber nicht eingeklagt wurde:
Abzustellen ist auf den Zeitpunkt der Kündigung des Vertrages, also den 23.09.2020, als Auszahlungsverlangen. Dass und wann eine Auszahlung vor diesem Zeitpunkt von der Klägerin verlangt worden ist, hat sie nicht substantiiert dargetan, worauf der Beklagte zutreffend in seiner Klageerwiderung hingewiesen hat. An diesem Tag (23.09.2020) entsprachen 0,688 Bitcoins 9.536,11 €. Abzüglich eines 10 % Abschlags und weiterer 50,- € Einrichtungsgebühr verbleibt immer noch ein Betrag, der über die Klageforderung hinausgeht. Aufgrund von § 308 Abs. 1 ZPO kam es auf eine genaue Berechnung nicht an und auch nicht auf die Frage, ob der Kläger sogar den Gegenwert von 0,836 Bitcoins (so sein Kontostand nach einem von ihm vorgelegten Auszug vom 01.04.2020) verlangen könnte.
Spannend wäre nun die Frage, warum man nicht gleich alles eingeklagt hat, oder ob dies auch nur ein Versehen war. Auch die Wertbemessung, die für einen konkreten Tag pauschal angegeben wird, wirft weitere Fragen auf. Hier bleibt das Urteil leider weitere Ausführungen schuldig, ggfs. war dies auch einfach unstreitig, so dass Ausführungen gar nicht notwendig waren.
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