Das Bundesarbeitsgericht (9 AZR 289/13) hat sich zur Vergütungspflicht bei einem Praktikum sowie zum Anwendungsbereich des § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 MiLoG geäußert:
Wird ein unentgeltliches Praktikum vereinbart, kann gleichwohl in entsprechender Anwendung von § 612 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Vergütung bestehen. Dies gilt auch dann, wenn – wie hier durch § 7 PsychThG – die Anwendung des Berufsbildungsgesetzes und damit der Anspruch auf angemessene Vergütung nach § 26 iVm. § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG ausgeschlossen ist. (…)
Voraussetzung für die Anwendung des § 612 BGB ist grundsätzlich, dass eine Vereinbarung über die Vergütung der versprochenen Dienste fehlt (…) oder die Vereinbarung über die Unentgeltlichkeit der zu erbringenden Dienste wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB nichtig ist (…) Allerdings kann auch dann, wenn die Parteien in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Ableistung eines unentgeltlichen Praktikums vereinbart haben, in entsprechender Anwendung des § 612 Abs. 1 BGB eine Vergütungspflicht für bestimmte Dienstleistungen bestehen. (…)
Die Vorschrift ist Ausdruck des althergebrachten Satzes, dass „jede Arbeit ihres Lohnes wert ist“ (…) Mit ihr hat der Gesetzgeber ein bereicherungsrechtliches Element in das Dienstvertragsrecht eingeführt, das zu einem gerechten Ausgleich zugunsten des Dienstverpflichteten führen soll, wenn für das an diesen zu zahlende Entgelt eine sonstige Rechtsgrundlage fehlt (BAG 4. Oktober 1972 – 4 AZR 475/71 – BAGE 24, 452). Damit soll insbesondere die Anwendung von § 818 Abs. 3 BGB verhindert werden (vgl. BAG 15. März 1960 – 5 AZR 409/58 – zu 2 a der Gründe). Die Vorschrift kommt daher nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts etwa dann (entsprechend) zur Anwendung, wenn über den Rahmen eines Arbeitsvertrags hinaus faktisch höherwertige Dienste auf Veranlassung des Arbeitgebers oder mit seiner Billigung geleistet werden, für die eine Vergütungsregelung fehlt (…) In diesen Fällen deckt die vertragliche Vergütungsregelung nur die geschuldeten Dienstleistungen ab, die Vergütung der außervertraglichen, höherwertigen Arbeitsleistung erfolgt entsprechend § 612 Abs. 1 BGB (…)
Das gleiche gilt, wenn ein Praktikant höherwertige Dienste verrichtet als die, die er während des Praktikums zu erbringen hat (…) Soweit die Beklagte sich im Revisionsverfahren auf die Wertung des zwischenzeitlich in Kraft getretenen § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 MiLoG berufen hat, verkennt sie, dass die Anwendung dieser Vorschrift voraussetzt, dass das Praktikum „auf Grund“ einer Ausbildungsordnung geleistet wird. Daran fehlt es, wenn die Durchführung des Praktikums von der in der Ausbildungsordnung vorgeschriebenen Art und Weise erheblich abweicht.
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