Spielsucht und Straftat: Der Bundesgerichtshof stellt in ständiger Rechtsprechung fest, dass Spielsucht alleine für sich genommen keine die Schuldfähigkeit erheblich einschränkende oder ausschließende krankhafte Störung oder Ähnliches darstellt und deswegen auch keine grundsätzliche Schuldminderung. Dies wird regelmäßig vom Bundesgerichtshof bekräftigt (sehr eindrucksvoll in BGH, 5 StR 377/13).
Ausgeschlossen ist eine Schuldminderung gleichwohl nicht: der Bundesgerichtshof erkennt an, dass in schweren Fällen psychische Defekte und Persönlichkeitsveränderungen auftreten können, wie sie auch bei sonstigen Suchterkrankungen bekannt sind. Insbesondere kann es dann in diesen Fällen zu massiven Entzugserscheinungen kommen, so wie sie etwa einem Entzug von Drogen bekannt sind:
Auch „pathologisches Spielen“ oder „Spielsucht“ stellt für sich genommen keine die Schuldfähigkeit erheblich einschränkende oder ausschließende krankhafte seelische Störung oder schwere andere seelische Abartigkeit dar (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2004 – 5 StR 411/04, BGHSt 49, 365, 369). Im Einzelnen kommt es auf den Grad und das Ausmaß psychopathologischer Symptome und deren konkrete Auswirkungen auf das Verhalten des Täters bei der Begehung der jeweiligen Tat an. Maßgeblich ist, ob der Betroffene gravierende psychische Veränderungen in seiner Persönlichkeit erfährt, die in ihrem Schweregrad einer krankhaften seelischen Störung gleichwertig sind.
Nur wenn eine Spielsucht diagnostiziert ist und zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen geführt oder der Täter bei Beschaffungstaten unter starken Entzugserscheinungen gelitten hat, kann eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Sinne von § 21 StGB anzunehmen sein (vgl. Senat, Urteil vom 26. Mai 2021 – 2 StR 439/20, StV 2022, 291; Beschluss vom 9. Oktober 2012 – 2 StR 297/12, NStZ 2013, 155, 156; BGH, Urteil vom 25. November 2004 – 5 StR 411/04, BGHSt 49, 365, 369 f.).
BGH,
2 StR 255/22
Sollte das Gericht derartige Umstände erkennen, besteht die Möglichkeit der Schuldminderung. Dies erfordert aber, dass entsprechende Feststellungen durch das jeweilige Gericht getroffen werden. Natürlich ist es dem Gericht unbenommen, in seiner Gesamtabwägung zu berücksichtigen, ob ein krankhaftes Spielen Auswirkungen auf die Tat und die Ausführung genommen hat. Insoweit steht krankhaften Spielern, die durch ihre Spielsucht zur Tat verleitet wurden, letztlich dennoch die Möglichkeit offen, dass sich das Gericht mit diesen Hintergründen auseinandersetzt und dies entsprechend würdigt.
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