Störerhaftung: EUGH zur Sicherung eines freien WLAN

Der EUGH (C‑484/14) hat sich in einer lange erwarteten Entscheidung zur beim Betrieb eines offenen („freien“) WLAN geäußert. Dabei stellte der EUGH entgegen früheren Erwartungen fest, dass eine Sicherung des WLANs notwendig ist. Dies ist so zu verstehen, dass einem Anbieter eines WLAN-Zugangs durch ein Gericht untersagt werden kann, Urheberrechtsverletzungen zu verhindern oder wohl besser zu erschweren, indem er Schutzmaßnahmen vorsieht die die konkrete Rechtsverletzung unterbinden.

Aber: Der Diensteanbieter muss die Wahl haben, welche technischen Maßnahmen er ergreift, um dieser Anordnung zu entsprechen. Ausdrücklich ausreichend ist es wenn man sich alleine auf die Maßnahme zurückzieht, den Internetanschluss durch ein Passwort zu sichern, sofern die Nutzer dieses Netzes, um das erforderliche Passwort zu erhalten, ihre Identität offenbaren müssen und daher nicht anonym handeln können. Es ist davon auszugehen, dass die aktuelle Haftungsfreistellung im Telemediengesetz noch diesen Anforderungen angepasst werden wird.

Die Entscheidung hat für viel Aufsehen gesorgt, meines Erachtens hat der EUGH aber zu viel Schelte bekommen, da die Besonderheiten des hier betreffenden Vorlageverfahrens selten berücksichtigt werden. Hintergrund ist, dass der EUGH hinsichtlich der Vorlagefrage an die hierin enthaltenen Vorgaben gebunden ist. Dabei wurde ihm tatsächlich zur Auswahl gegeben, entweder alle durchlaufenden Informationen zu prüfen, alles zu sperren oder eben ein Passwort zu verlangen – andere Optionen stehen für den EUGH damit formal nicht zur Diskussion, worauf der EUGH ausdrücklich hinweist

Im vorliegenden Fall lässt sich dem entnehmen, dass das vorlegende Gericht von der Annahme ausgeht, dass die Vorkehrungen, die der von einer Anordnung Betroffene in der Praxis ergreifen könnte, auf drei Maßnahmen beschränkt sind, nämlich darauf, sämtliche über einen Internetanschluss übermittelten Informationen zu überprüfen, den Anschluss abzuschalten oder ihn mit einem Passwort zu sichern.

Die Vereinbarkeit der in Aussicht genommenen Anordnung mit dem Unionsrecht ist daher vom Gerichtshof allein auf der Grundlage dieser drei vom vorlegenden Gericht genannten Maßnahmen zu prüfen.

Des Weiteren weist der EUGH ausdrücklich darauf hin, dass er an die Entscheidung des Unionsgesetzgebers gebunden ist dahingehend, dass ein Ausgleich stattzufinden hat und eben nicht ein Recht im Streit Urheberrect vs. Informationsfreiheit vollständig überwiegen darf:

Insoweit lässt sich dem 41. Erwägungsgrund entnehmen, dass der Unionsgesetzgeber mit dem Erlass der 2000/31 ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen beteiligten Interessen geschaffen hat. Folglich ist die Richtlinie in ihrer Gesamtheit (…) dahin zu verstehen, dass in ihr dieses vom Gesetzgeber geschaffene Gleichgewicht zum Ausdruck gelangt. Unter diesen Umständen ist es nicht Sache des Gerichtshofs, an die Stelle des Unionsgesetzgebers zu treten, indem er die Anwendung dieser Bestimmung Voraussetzungen unterwürfe, die in ihr nicht vorgesehen sind.

Es ist dann diese Kombination aus Aspekten, die dazu führt, dass der EUGH feststellt: Es muss ein ausgewogenes Konzept her und bei den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ist die Abfrage eines Passworts der beste Mittelweg der den Anbieter des WLAN am wenigsten belastet (anders als eine vollständige Überprüfung aller durchgehenden Informationen, die ohnehin unzulässig wäre):

Insoweit ist festzustellen, dass eine Maßnahme, die in der Sicherung des Internetanschlusses durch ein Passwort besteht, die Nutzer dieses Anschlusses davon abschrecken kann, ein Urheberrecht oder verwandtes Schutzrecht zu verletzen, soweit diese Nutzer ihre Identität offenbaren müssen, um das erforderliche Passwort zu erhalten, und damit nicht anonym handeln können, was durch das vorlegende Gericht zu überprüfen ist.

Letztlich hat der EUGH gleichwohl in der Entscheidung deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es nicht zwingend ein Passwort sein muss, sondern dass ein abgefragtes Passwort jedenfalls ein denkbarer Weg ist. Derzeit wohl auch der erforderliche, aber es bleibt die Hintertüre, dass Zukünftig weitere mögliche Maßnahmen hinzu kommen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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