Eine Leistung, die der Schuldner dem Gläubiger auf eine fällige Forderung zahlt, um eine unmittelbar bevorstehende Zwangsvollstreckung zu vermeiden, kann von einem Insolvenzverwalter zurückgefordert werden, wenn der Schuldner kurze Zeit darauf in Insolvenz fällt.
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass das normalerweise in der Zwangsvollstreckung herrschende Prioritätsprinzip („Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“) durch die Regeln des Insolvenzverfahrens eingeschränkt wird. Dies gilt, wenn die Gesamtheit der Gläubiger keine Aussicht mehr hat, aus dem Vermögen des Schuldners die volle Deckung zu erhalten. In diesem Fall tritt die Befugnis eines einzelnen Gläubigers, sich durch eine „schnelle Zwangsvollstreckung“ eine Befriedigung der eigenen fälligen Forderung zu verschaffen, hinter dem Schutz der Gesamtgläubiger zurück. Nach den Vorschriften der Insolvenzordnung können daher Geldbeträge durch den Insolvenzverwalter zurückgefordert werden, die durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen innerhalb der letzten drei Monate vor dem Eröffnungsantrag vom Schuldner gezahlt wurden (BGH, Urteil vom 11.4.2002).