Die Kosten eines Polizeieinsatzes bei missbräuchlicher Alarmierung oder vorgetäuschter Gefahrenlage braucht der Urheber der Gefahrenlage nur dann zu zahlen, wenn er nicht nur die angenommene Gefahrenlage, sondern auch das unnötige Eingreifen der Polizei vorsätzlich verursacht hat. Mit dieser Begründung hat das Verwaltungsgericht Arnsberg in zwei Urteilen vom 16. März 2010 Gebührenbescheide der Polizei in Hagen und Meschede aufgehoben.
Die Gebührenforderung des Polizeipräsidiums Hagen in Höhe von 148 Euro richtete sich gegen einen jungen Mann, der einem Termin mit seiner Freundin ausweichen wollte und ihr per SMS mitgeiteilt hatte, er sei gerade überfallen worden. Die Freundin benachrichtigte die Polizei. Sie traf den Kläger wohlbehalten in seiner Wohnung an. Die Kosten dieses Einsatzes stellte sie dem Kläger in Rechnung, der auch in der mündlichen Verhandlung seine Behauptung von dem Überfall aufrecht hielt.
Die Kreispolizeibehörde des Hochsauerlandkreises hatte 108 Euro für einen Einsatz verlangt, der seine Ursache in dem Ärger einer alleinerziehenden Mutter aus dem Raum Schmallenberg über ihren heranwachsenden Sohn hatte. Da dieser nicht zur festgesetzten Zeit nach Hause gekommen war, hinterließ die Klägerin bei ihrem Aufbruch zur Arbeit eine Nachricht an der Wohnungstür, aus der hervorging, sie könnte in ihrer Verzweiflung gegen einen Baum fahren. Der heimkehrende Sohn benachrichtigte aus Sorge die Polizei. Diese traf die Mutter bei dem dadurch ausgelösten Einsatz unversehrt an ihrer Arbeitsstelle an.
In beiden Fällen urteilten die Arnsberger Verwaltungsrichter, es sei nicht davon auszugehen, dass die zu den Zahlungen herangezogenen Kläger vorsätzlich, also wissentlich und willentlich, auch die auf ihrem Verhalten beruhenden Polizeieinsätze verursacht hätten. Das aber sei Voraussetzung für die Gebührenerhebung.
Seit einer Änderung der Verwaltungsgebührenordnung im Jahre 2003 besteht in Nordrhein-Westfalen die gesetzliche Grundlage dafür, Gebühren zu erheben, wenn die Polizei aufgrund missbräuchlicher Alarmierung oder bei einer vorgetäuschten Gefahrenlage in Aktion tritt. Dabei dürfen nur die Kosten der (nicht erforderlichen) Gefahrenabwehr, nicht aber der Aufwand für strafrechtliche Ermittlungen, berechnet werden.
Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Über Anträge auf Zulassung der Berufung hätte das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster zu entscheiden.
Aktenzeichen: 11 K 2004/09, 11 K 2865/09, Quelle: PM
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