Nun hat auch das OLG Hamm mit Beschluss vom 13.10.2011 (I-4 W 84/11) festgestellt, dass in Werbeprospekten immer die vollständige Anschrift, Rechtsform und Firmierung genannt werden muss. Dies gilt auch für Partner, deren Leistungen mitbeworben werden. Die bisherigen oberlandesgerichtlichen Entscheidungen stellen dabei auf den §5a III UWG ab, zu denken ist jedenfalls bei Dienstleistungen auch an die Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung (dazu unsere Webseite).
Die Entscheidung ist soweit nichts neues, schon früher wurde das von verschiedenen Gerichten, etwa LG Dortmund (10 O 92/11), LG Mönchengladbach (8 O 50/11) und OLG München (6 U 3517/10, hier besprochen), entschieden. Ausreichend ist es letztlich auch nicht, auf evt. vorhandene Filialen hinzuweisen, es muss der Firmensitz benannt werden (OLG Brandenburg, 6 W 72/12; OLG Hamm, 4 U 168/11; OLG Saarbrücken, 1 U 41/12-13).
Dazu auch bei uns: Impressumspflicht in gedruckten Werbeanzeigen
Ebenso sah es das OLG Hamburg (5 W 134/11), das diesbezüglich mit Blick auf den §5a III UWG ausführt:
Zweck dieser Vorschrift ist es nicht nur, dem Verbraucher eine Zuordnung eines Angebotes zu einer bestimmten Verkaufsstelle zu ermöglichen. Das – lebensnah zu unterstellende – Wissen großer Teile der angesprochenen Verkehrskreise um die Lage der nächsten -…- Filiale genügt demnach nicht den gesetzlichen Anforderungen. Ebenso wenig genügt es, dass die genaue Unternehmensbezeichnung des Unternehmens, das hinter diesem Filialnetz steht, für den Verbraucher – mit mehr oder weniger Aufwand – ermittelbar ist. Vielmehr soll die Informationspflicht nach § 5a III Nr.2 UWG dem Verbraucher klare und unmissverständliche Angaben darüber verschaffen, mit wem er gegebenenfalls in geschäftlichen Kontakt tritt (Dreyer in Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, 2.Aufl., § 5a Rz.61). Diese Informationen sollen es dem Verbraucher ermöglichen, ohne Schwierigkeiten Kontakt mit dem anbietenden Unternehmen aufzunehmen (Köhler / Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 5a Rz.33). Damit soll nicht nur der Abschluss des angestrebten Kaufes ermöglicht, sondern u.a. auch verhindert werden, dass der Verbraucher im Falle einer Auseinandersetzung die exakte Identität und eine Anschrift seines Vertragspartners erst ermitteln muss, an die gegebenenfalls eine Zustellung von Schriftverkehr erfolgen kann.
Insofern ist auch der Wortlaut des §5a III UWG etwas missverständlich, da es hier um eine Form der Präsentation geht, so „dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann“ – das klingt auf den ersten Blick so, als müsste es um eine konkrete Möglichkeit des Kaufvertrag-Abschlusses gehen, was bei einem Prospekt – anders als bei einer Webseite – nicht der Fall wäre. Allerdings ist dieser Satz nicht so zu verstehen, dass ein bindendes Angebot vorliegen muss, es geht alleine darum, ob der potentielle Käufer alle für den Kaufentschluss notwendigen Informationen erhält (dazu Köhler/Bornkamm, §5a, Rn.30).
Auch das Oberlandesgericht Düsseldorf (I-20 U 223/11) macht hohe Anforderungen und bietet keine Alternativmöglichkeiten:
Der Verweis […] auf den Aufdruck auf dem Kassenbon genügt schon deswegen nicht, da zu diesem Zeitpunkt der Kaufvertrag bereits geschlossen ist. Ob ein Verweis auf eine Interseite grundsätzlich geeignet sein kann, Angaben zur Identität und Anschrift zu ersetzen, kann vorliegend dahinstehen. Es ist immer noch jeder vierte Haushalt ohne Internetzugang. Dieser Teil der Verkehrskreise darf nicht schutzlos gestellt werden, zumal er wegen des Ausschlusses von diesem Medium besonders schutzbedürftig erscheint.
Es bleibt also im Ergebnis dabei: In Werbeprospekten muss
- die Identität desjenigen, der dort Waren/Dienstleistungen anpreist, nach den Vorgaben des §5a III UWG vollständig zu erkennen sein, wobei
- auch andere mitbeworbene Dienstleister zu erwähnen sind, ebenfalls
- diejenigen „für die gehandelt wird“, wobei
- sich nicht damit begnügt werden darf, alleine auf Filialen hinzuweisen.
Zwar gibt es hier die Ausnahmeklausel, dass dies entbehrlich ist, sofern sich aus den Umständen die entsprechenden Informationen ergeben – allein verlassen sollte man sich darauf aber nicht! So ist es auch nicht ausreichend, wenn die Informationen auf der Webseite zu finden sind oder telefonisch erfragt werden können. Das OLG Rostock (2 U 21/12) dazu:
Es reicht insoweit nicht aus, dass der Verbraucher sich die Informationen über eine Internetseite der Antragsgegnerin oder telefonisch beschaffen könnte. Wenn der Verbraucher erst Internetseiten aufrufen oder sich zum Geschäftslokal der Beklagten begeben muss, um die für erforderlich gehaltenen Informationen zu erhalten, wird dem gewünschten Verbraucherschutz nicht hinreichend Genüge getan (so auch OLG Hamm, Beschluss vom 11.08.2011, I-4 W 66/11; I-4 W 84-11). Hinzukommt, dass es in Deutschland immer noch viele Haushalte ohne Internetzugang gibt. Dieser Teil der Verkehrskreise darf nicht schutzlos gestellt werden, zumal er wegen des Ausschlusses von diesem Medium besonders schutzbedürftig erscheint.
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