Übersetzung von nicht rechtskräftigem Urteil für Angeklagten

Endlich konnte der BGH klarstellen, dass ein Angeklagter grundsätzlich keinen Anspruch auf die schriftliche Übersetzung eines nicht rechtskräftigen erstinstanzlichen Strafurteils hat. Dies jedenfalls, wenn er verteidigt ist, er und sein Verteidiger bei der Urteilsverkündung anwesend waren und dem Angeklagten die Urteilsgründe durch einen Dolmetscher mündlich übersetzt worden sind (insoweit siehe auch §187 Abs.2 GVG, am Ende des Absatzes). Weiter stellt der BGH fest, dass ein berechtigtes Interesse des Angeklagten an einer schriftlichen Übersetzung des Urteils nicht allein besteht, weil nach der Urteilsverkündung kein Kontakt zwischen ihm und seinem Verteidiger bestand.

Dazu auch: Übersetzung des Strafbefehls

So führt der BGH aus:

Ein Anspruch auf schriftliche Übersetzung besteht in diesen Fällen nur dann, wenn der Angeklagte ausnahmsweise ein berechtigtes Interesse an einer schriftlichen Übersetzung hat (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 11. Mai 2016 – 1 Ws 82/16, juris Rn. 14; OLG Hamm, Beschluss vom 26. Januar 2016 – III-1 Ws 8/16, juris Rn. 5; OLG Stuttgart, Beschluss vom 9. Januar 2014 – 6-2 StE 2/12, juris Rn. 11 ff.; LR/Krauß, , 26. Aufl., § 187 GVG Rn. 14).

Dies kommt insbesondere bei eigener Sachkunde des Angeklagten in Betracht, mithin in Konstellationen, in denen der Verteidiger seiner Aufgabe, die Rechte des Verurteilten wahrzunehmen, nicht gewachsen ist, wenn nicht der Verurteilte in den Stand gesetzt wird, von sich aus aufgrund eigener Kenntnis der Urteilsgründe Hilfe anzubieten (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2018 – 1 StR 320/17, BGHSt 63, 192 Rn. 31; zur „Fachkundigkeit“ BT-Drucks. 17/12578, S. 12; LR/Krauß, StPO, 26. Aufl., § 187 GVG Rn. 14; s. zu Gründen, die allein kein berechtigtes Interesse begründen, OLG Braunschweig, Beschluss vom 11. Mai 2016 – 1 Ws 82/16, juris Rn. 15 [„emotionale Spitzen“ und „unzulässige Wertungen“]; OLG Hamm, Beschluss vom 26.Januar 2016 – III-1 Ws 8/16, juris Rn. 5 [„hoch schwierige Formulierungen, komplizierte Ge- dankengänge und Schlussfolgerungen“, „Höhe der ausgeurteilten Strafe“ sowie OLG Stuttgart, Beschluss vom 9. Januar 2014 – 6-2 StE 2/12, juris Rn. 12 f. [Besonderheiten des Revisionsverfahrens und „Bedeutung der Sache, des Umfangs und insbesondere die Komplexität der schriftlichen Urteilsgründe“]).

BGH, 3 StR 430/19

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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