Mir liegt eine Entscheidung des OLG Brandenburg (10 WF 187/10) vor, die unter Berücksichtigung des BVerfG-Urteils vom 21.07.2010 (1 BvR 420/09) meines Wissens erstmals einem Vater unehelich geborener Kinder (für die er nicht das Sorgerecht hatte) einen Teil des Sorgerechts im Wege einer einstweiligen Anordnung zuspricht:
Der Erlass der einstweiligen Anordnung zugunsten des Vaters ist außerhalb der Eingriffsschwelle von § 1666 BGB möglich, nachdem das Bundesverfassungsgericht durch Beschluss vom 21.7.2010 (1 BvR 420/09) ausgesprochen hat, dass die Regelungen in §§ 1626 a Abs. 1 Nr. 1 und 1672 Abs. 1 BGB, die den Vater eines nichtehelichen Kindes von der elterlichen Sorge ausschließen, wenn die Mutter ihre Zustimmung verweigert, mit Art. 6 Abs. 2 GG unvereinbar sind. Bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung darf nun auch dem Vater nicht in einer Ehe geborener Kinder in Anlehnung an die Regelung des § 1671 BGB die elterliche Sorge oder ein Teil davon übertragen werden, soweit eine gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl am besten entspricht.
Somit ist dem Vater vorläufig die Befugnis zu übertragen, Schule bzw. Kindergarten für die Kinder zu bestimmen. Denn dies entspricht dem Wohl der Kinder am besten. Durch diese einstweilige Anordnung wird sichergestellt, dass den Kindern, die seit der Trennung ihrer Eltern im Sommer 2009 im Haushalt des Vaters leben und mit denen die Mutter erst seit Mai 2010 regelmäßigen Umgang pflegt, vorerst die bisherige Schule bzw. der gewohnte Kindergarten erhalten und ein Wechsel in die von der Mutter ausgewählten Einrichtungen erspart bleibt. In einem Hauptsacheverfahren – insoweit hat der Vater in der Beschwerdeschrift bereits Anträge angekündigt – mag geklärt werden, ob der von der Mutter gewünschte Umzug der Kinder in ihren Haushalt und damit einhergehend der Schul- bzw. Kindergartenwechsel deren Wohl am besten entspricht.
Ich muss zugeben, das Thema nicht fortlaufend im Auge zu haben, evt. gab es bereits eine ähnliche Entscheidung in den letzten Wochen – jedenfalls findet man hier ein gutes Beispiel, wie die Rechtsprechung des BVerfG durch instanzliche Gerichte beachtet und umgesetzt werden kann. Es ist allerdings auch die Besonderheit im Beispiel zu beachten (Kinder leben durchweg beim Vater, Mutter pflegt erst seit 3 Monaten regelmäßigen Umgang), wobei es beachtenswert ist, dass selbst unter diesen besonderen Umständen es bis vor kurzem offensichtlich unmöglich war, sich ein zumindest geteiltes Sorgerecht in deutschen Gerichtssälen vorzustellen.
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