Privates Veräußerungsgeschäft bei Trennung und anschließender Ehescheidung

In Deutschland wird rund jede dritte Ehe wieder geschieden. Demzufolge hat sich das Finanzgericht München (11 K 2405/19) jüngst mit einer interessanten Frage befasst: Kann ein privates Veräußerungsgeschäft auch bei einer Trennung und der danach folgenden Ehescheidung vor­liegen, wenn die Ehefrau mit der Zwangsversteigerung des Einfamilienhauses drohte, um den Ehemann zur Veräußerung seines Miteigentumsanteils zu bewegen? Die Antwort des FG lautet: Ja.

Spekulationssteuer: Haltefrist unter 10 Jahren

Private Veräußerungsgeschäfte mit Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaf­ fung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt, unterliegen der Spekulationsbesteu­ erung. Ausgenommen sind aber Wirtschaftsgüter, die

  • im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohn­zwecken (1. Alternative) oder
  • im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohn­zwecken (2. Alternative) genutzt wurden.

Beachten Sie: Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken setzt in beiden Alternativen voraus, dass eine Immobilie zum Bewohnen geeignet ist und vom Steuerpflichtigen bewohnt wird. Der Steuerpflichtige muss das Gebäude zumindest „auch” selbst nutzen; unschädlich ist, wenn er es gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt. Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt hingegen nicht vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgelt­lich oder unentgeltlich an einen Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen.

Sachverhalt

Der steuerpflichtige Ehemann zog im August 2015 aus dem im Miteigentum der Eheleute stehenden Einfamilienhaus (: Dezember 2008) aus. Die Ehe, aus der ein in 2007 geborener Sohn hervorging, wurde im Juni 2017 geschieden.

In der Folge drohte die Ehefrau dem Ehemann die Zwangsversteigerung des Hauses an, sollte er seinen Miteigentumsanteil nicht an sie veräußern. Mit Scheidungsfolgenvereinbarung (August 2017) veräußerte der Ehemann schließlich seinen Miteigentumsanteil an die Ehefrau.

Entscheidung des Finanzgerichts

Nach Meinung des FG sind die Voraussetzungen für ein privates Veräußerungsgeschäft auch bei einer Trennung und der danach folgenden Ehescheidung erfüllt, wenn im Rahmen der Scheidungsfolgenvereinbarung die Ehefrau mit der Zwangsversteigerung drohte, um den Ehe­mann zur Veräußerung seines Miteigentumsanteils zu bewegen.

In einem solchen Fall kann sich der bisherige Ehemann den Zeitraum zwischen dem Auszug aus dem Familienheim, der nachfolgenden Scheidung und der danach erfolgten Veräußerung seines Miteigentumsanteils an seine bisherige Ehefrau nicht als Nutzung zu eigenen Wohnzwe­cken zurechnen lassen – und zwar auch dann nicht, wenn der Zeitraum faktisch von ihr und dem gemeinsamen Kleinkind ausgefüllt wurde.

Der Bundesfinanzhof ist nun gefragt

Man darf gespannt sein, wie sich der Bundesfinanzhof (IX R 11/21) im Revisionsverfahren positionie­ren wird. Hier wird dann u. a. geklärt werden, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, dass der bisherige Ehemann seinen Miteigentumsanteil allein seinem minderjährigen Kind in die­sem Zeitraum überlassen haben will.

Höchstrichterlich geklärt ist bereits, dass eine Enteignung den Tatbestand eines privaten Ver­äußerungsgeschäfts nicht erfüllt. Das FG Düsseldorf (2 K 2220/20 E) hat zudem aktuell entschieden, dass Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften auch aus der Zwangsversteigerung von Grund­stücken resultieren können. Eine etwaige wirtschaftliche Zwangslage steht danach der Annah­me einer willentlichen wirtschaftlichen Betätigung nicht entgegen.

Daher ist davon auszugehen, dass auch eine Veräußerung, die eine angedrohte Zwangsverstei­gerung vermeiden soll, den Veräußerungstatbestand erfüllt. Denn eine Vergleichbarkeit mit einem Eigentumsverlust infolge einer Enteignung dürfte nicht gegeben sein.

Interessant dürften im Revisionsverfahren auch die Ausführungen des BFH zum Ausnahmetat­bestand (Nutzung zu eigenen Wohnzwecken) sein. Bis zur höchstrichterlichen Klärung sollten betroffene Steuerbescheide nach Möglichkeit offengehalten werden.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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