Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (6 W 44/24) befasst sich mit der Frage der Kerngleichheit geänderter Werbung im Rahmen eines Ordnungsmittelverfahrens. Der Fall zeigt die Herausforderungen bei der Bewertung, ob eine modifizierte Werbung noch unter das ursprünglich untersagte Verhalten fällt. Die Entscheidung hat wesentliche Implikationen für die Praxis der Wettbewerbsrechtsdurchsetzung.
Sachverhalt
In dem zugrunde liegenden Fall hatte das Gericht einem Unternehmen untersagt, bestimmte Werbeaussagen zu verwenden. Das Unternehmen änderte daraufhin seine Werbemaßnahmen und setzte eine modifizierte Version ein, die vermeintlich den gerichtlichen Anforderungen entsprach. Ein Mitbewerber beantragte dennoch die Verhängung eines Ordnungsmittels, da er die neue Werbung als kerngleich zur ursprünglich untersagten Werbung ansah.
Rechtliche Analyse
Im Zentrum des Verfahrens stand die Frage, ob die geänderte Werbung als „kerngleich“ zur verbotenen Werbemaßnahme betrachtet werden kann. Der Begriff der Kerngleichheit ist ein juristisches Kriterium, das darauf abzielt, den Kern eines gerichtlich untersagten Verhaltens zu erfassen und so Modifikationen zu unterbinden, die zwar oberflächlich abweichen, jedoch in ihrem wesentlichen Aussagegehalt gleichbleibend wirken.
Das OLG Frankfurt am Main stellte in seiner Entscheidung klar, dass die geänderte Werbung nicht kerngleich zur ursprünglichen Werbung war. Die Modifikationen waren nach Ansicht des Gerichts so erheblich, dass die wesentlichen Elemente, die das gerichtliche Verbot begründeten, nicht mehr vorlagen. Wesentlich für die Entscheidung war die Betrachtung, inwieweit der angesprochene Verkehrskreis die Werbung als abweichend zur untersagten Version wahrnimmt und ob die modifizierte Werbung in ihrer Wirkung eine ähnliche Irreführung oder Täuschung hervorruft.
Schlussfolgerung
Das Urteil verdeutlicht, dass bei der Beurteilung der Kerngleichheit die konkreten Änderungen der Werbung und deren Wirkung auf den Adressatenkreis entscheidend sind. Für Unternehmen bedeutet dies, dass eine Anpassung von Werbemaßnahmen, die zuvor gerichtlich untersagt wurden, sorgfältig geprüft werden muss, um Ordnungsmittelverfahren zu vermeiden. Eine klare Trennung von untersagten und neuen Werbeformen ist dabei essenziell, um rechtlichen Konsequenzen zu entgehen.
Ergebnis
Die Entscheidung des OLG Frankfurt zeigt, dass nicht jede Änderung an einer untersagten Werbemaßnahme zwangsläufig zu einem Ordnungsmittel führt, sofern die Modifikationen substanziell genug sind, um eine Abgrenzung zum ursprünglichen Verbot zu rechtfertigen.
Dies bietet Unternehmen einen gewissen Spielraum, ihre Marketingstrategien anzupassen, ohne gegen wettbewerbsrechtliche Unterlassungsverfügungen zu verstoßen. Dennoch ist Vorsicht geboten, da die Grenze zur Kerngleichheit oft fließend ist und stets im Kontext des konkreten Einzelfalls beurteilt werden muss. Diese Entscheidung bietet einen wichtigen Orientierungspunkt für die Praxis des Wettbewerbsrechts und unterstreicht die Bedeutung präziser rechtlicher Abwägungen bei der Änderung untersagter Werbemaßnahmen.
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