Erschöpfungsgrundsatz: Zur Erschöpfung des Ausschließlichkeitsrechts aus einem Erzeugnispatent

Das Landgericht Düsseldorf (4a O 149/14) hat die Rechtsprechung zur eines Erzeugnispatents zusammengefasst im Hinblick auf die Frage der Erhaltung und Wiederherstellung der Gebrauchstauglichkeit, also etwa wenn wesentliche Teile des Produkt ausgetauscht werden – hier kann durchaus die Frage aufkommen, ob noch von einer Erschöpfung die Rede sein kann. Dabei ist alleine der Austausch aber nicht ausschlaggebend, es ist am Ende eine wertende Entscheidung.

Aus der Entscheidung:

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist das Ausschließlichkeitsrecht aus einem Erzeugnispatent hinsichtlich solcher Exemplare des geschützten Erzeugnisses erschöpft, die vom Patentinhaber oder mit seiner Zustimmung in Verkehr gebracht worden sind (BGH, GRUR 2012, 1118, 1119 – Palettenbehälter II m.w.N.; BGH, GRUR 2000, 299 – Karate; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2013, 185, 191 – Nespresso-Kapseln). Der rechtmäßige Erwerber eines solchen Exemplars ist befugt, dieses bestimmungsgemäß zu gebrauchen, an Dritte zu veräußern oder zu einem dieser Zwecke Dritten anzubieten. Dies gilt auch für solche Dritte, die den Gegenstand nicht unmittelbar vom Schutzrechtsinhaber erhalten haben.

Zum bestimmungsgemäßen Gebrauch gehört auch die Erhaltung und Wiederherstellung der Gebrauchstauglichkeit, wenn die Funktions- oder Leistungsfähigkeit des konkreten Exemplars ganz oder teilweise durch Verschleiß, Beschädigung oder aus anderen Gründen beeinträchtigt oder aufgehoben ist. Von einer Wiederherstellung in diesem Sinne kann jedoch dann nicht mehr gesprochen werden, wenn die getroffenen Maßnahmen nicht mehr die Identität des in Verkehr gebrachten Exemplars wahren, sondern darauf hinauslaufen, tatsächlich das patentgemäße Erzeugnis erneut herzustellen (BGH, GRUR 2012, 1118, 1119 – Palettenbehälter II m.w.N.; BGH, GRUR 2007, 769 – Pipettensystem). Denn das Recht auf (Neu-) Herstellung des patentgemäßen Erzeugnisses erschöpft sich durch das Inverkehrbringen eines patentgemäßen Gegenstands nicht (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 7. Aufl. 2014, Rn. 1795). Es steht weiterhin ausschließlich dem Patentinhaber zu.

Für die Frage, wann beim Austausch von Teilen einer Vorrichtung von deren Neuherstellung gesprochen werden kann, kann auch von Bedeutung sein, ob es sich um Teile handelt, mit deren Austausch während der Lebensdauer der Vorrichtung üblicherweise zu rechnen ist (BGH, GRUR 2012, 1118, 1120 – Palettenbehälter II m.w.N). Hierbei bedarf es einer die Eigenart des patentgeschützten Erzeugnisses berücksichtigenden Abwägung der schutzwürdigen Interessen des Patentinhabers an der wirtschaftlichen Verwertung der Erfindung einerseits und des Abnehmers am ungehinderten Gebrauch des in den Verkehr gebrachten konkreten erfindungsgemäßen Erzeugnisses andererseits (BGH, GRUR 2012, 1118, 1120 – Palettenbehälter II). Für die Frage, ob mit dem Austausch eines Teils während der Lebensdauer des in Verkehr gebrachten Erzeugnisses zu rechnen ist, sind in erster Linie die berechtigten Erwartungen der Abnehmer von Bedeutung. Hat sich mit dem „Verbrauch“ des Austauschteils gleichzeitig auch der patentgeschützte Gegenstand als Ganzes erledigt, liegt eine Neuherstellung vor, und zwar unabhängig davon, ob sich in dem Austauschteil die eigentlichen Erfindungsvorteile verwirklichen oder nicht.

Ob sich in dem ausgetauschten Teil die technischen Wirkungen der geschützten Erfindung widerspiegeln, ist vielmehr nur auf der zweiten Stufe relevant, also wenn feststeht, dass mit dem Austausch des fraglichen Teils während der Lebensdauer des geschützten Erzeugnisses zu rechnen ist und es sich hierbei um eine reguläre Erhaltungsmaßnahme handelt (BGH, GRUR 2012, 1118, 1120 – Palettenbehälter II). Ist der Austausch eines Teils nach der Verkehrsauffassung als Neuherstellung des geschützten Erzeugnisses anzusehen, kann dagegen eine Patentverletzung in der Regel nicht mit der Erwägung verneint werden, in dem ausgetauschten Teil spiegelten sich nicht die technischen Wirkungen der Erfindung wider (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 7. Aufl. 2014, Rn. 1809).

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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