Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hat in einer Entscheidung vom 13. November 2024 (Az. 3 L 610/24) die Rechtmäßigkeit einer Ordnungsmaßnahme bestätigt, die einen Schüler nach IT-Straftaten im schulischen Umfeld an eine andere Schule überweist. Der Fall wirft nicht nur Fragen zur Sanktionierung von Fehlverhalten, sondern auch zur Förderung digitaler Fähigkeiten auf.
Sachverhalt
Der 16-jährige Schüler hatte mit zwei Mitschülern wiederholt und planvoll die IT-Infrastruktur seiner Schule manipuliert. Die Gruppe installierte u. a. einen Keylogger, um Passwörter von Lehrkräften und Schülern auszuspionieren. Sie nutzten die erlangten Daten, um interne schulische Informationen abzurufen. Zudem versuchten sie, mit einem 3D-Drucker einen Generalschlüssel für die Schule herzustellen und verschafften sich unberechtigten Zugang zu Räumlichkeiten. Trotz mehrmaliger Erziehungsmaßnahmen zeigte der Schüler keine Einsicht, was letztlich zu seiner Überweisung an eine andere Schule führte.
Rechtliche Würdigung
Das VG Berlin stellte fest, dass die Überweisung auf Grundlage von § 63 Abs. 1 Nr. 4 SchulG BE rechtmäßig ist. Die Entscheidung berücksichtigt:
- Verhältnismäßigkeit: Angesichts der Schwere der Verstöße war die Maßnahme geeignet und erforderlich, um die Funktionsfähigkeit der Schule wiederherzustellen.
- Fehlverhalten und Wiederholungsgefahr: Die fehlende Einsicht des Schülers und das systematische Vorgehen zeigten eine erhebliche kriminelle Energie.
- General- und Spezialprävention: Die Maßnahme dient sowohl dazu, den Schüler von weiteren Verstößen abzuhalten als auch andere Schüler vor ähnlichem Verhalten zu warnen.
Das Gericht betonte, dass Ordnungsmaßnahmen keine Strafen, sondern pädagogische Mittel sind. Hier sei das Vertrauensverhältnis zwischen Schule und Schüler jedoch irreparabel zerstört, sodass die Überweisung gerechtfertigt sei.
Pädagogische und gesellschaftliche Perspektive
Die Entscheidung verdeutlicht, dass IT-Straftaten auch im schulischen Umfeld ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen können. Doch sie wirft auch die Frage auf, ob das Bildungssystem in solchen Fällen ausreichend differenziert handelt. Anstatt den Schüler auszugrenzen, könnte man überlegen, wie seine Fähigkeiten konstruktiv genutzt und gefördert werden könnten.
Ein solches Verhalten zeigt zweifellos Problembewusstsein und technisches Talent, das in einem anderen Kontext positiv kanalisiert werden könnte. Ein Ansatz könnte sein, Schülern mit Interesse an IT – auch bei Regelverstößen – Angebote zur Fortbildung und verantwortungsvollen Anwendung ihrer Fähigkeiten zu machen, etwa durch Kurse in IT-Sicherheit oder ethisches Hacking. Solche Programme könnten ein Gleichgewicht zwischen Sanktion und Förderung schaffen.
Fazit
Das Urteil des VG Berlin setzt ein klares Zeichen, dass schwerwiegende IT-Verstöße nicht toleriert werden. Doch es stellt sich die Frage, ob das Bildungssystem jungen Talenten in solchen Situationen nicht eher Wege zur Weiterentwicklung aufzeigen sollte, anstatt sie durch Maßnahmen wie Überweisungen auszugrenzen. Eine reformpädagogische Perspektive könnte dazu beitragen, dass Schüler wie dieser nicht nur diszipliniert, sondern auch gefördert werden.
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