Der BGH (V ZR 171/10) hat am 15. Juli 2011 einen wenig beachteten, aber durchaus praxisrelevanten Meinungsstreit zu Lasten der bisher herrschenden Meinung entschieden und stellt fest:
Auch wenn ein arglistig verschwiegener Sachmangel für den Willensentschluss des Käufers nicht ursächlich war, ist dem Verkäufer die Berufung auf den vereinbarten Haftungsausschluss gemäß § 444 BGB verwehrt.
Das wurde bisher – auch im hochheiligen Palandt – durchaus anders gesehen, insofern sollte es nicht verwundern, dass die Vorinstanzen das durchweg anders sahen. Die wirkliche Sprengkraft entwickelt diese Entscheidung aber erst, wenn man die weitere Rechtsprechung des BGH berücksichtigt: Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist bei einer arglistigen Täuschung über einen Mangel nämlich die Nacherfüllung unzumutbar (so auch in dieser Entscheidung, aber auch vorher BGH V ZR 249/05 und VIII ZR 210/06).
Wer also über einen auch nur kleinen Mangel täuscht, der für die Kaufentscheidung des Käufers vollkommen irrelevant war und diesbezüglich auf den Haftungsausschluss nach §444 BGB verweist, dem fliegt nicht nur der Haftungsausschluss um die Ohren, sondern der hat auch noch einen Käufer vor sich, der ohne Nacherfüllungsverlangen sofort zu Schadensersatz und Rücktritt übergehen kann. Abgefedert wird das Desaster dann wenigstens von §323 V BGB, der einen Rücktritt bei unerheblichen Pflichtverletzungen ausschliesst.
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