Es verstößt gegen Treu und Glauben, wenn sich die GmbH mehr als neun Monate nach Abschluss der außerordentlichen Kündigung gegenüber ihrem Geschäftsführer auf einen gänzlich neuen Kündigungsgrund beruft, der in keinem sachlichen Zusammenhang mit dem ursprünglich genannten Grund steht. Fehlt es an jedem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen den geltend gemachten Kündigungsgründen, kann der später geäußerte Grund nicht mehr „nachgeschoben“ werden.
Dies betraf eine Gesellschaft, die das Anstellungsverhältnis mit ihrem Geschäftsführer außerordentlich gekündigt hatte. Die zunächst vorgetragenen Gründe der Gesellschaft hätten eine Kündigung nicht gerechtfertigt. Erst die neun Monate später mitgeteilten weiteren Gründe hätten eine wirksame Kündigung bewirkt.
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts (OLG) Naumburg wurden diese jedoch zu spät mitgeteilt. Die neuen Gründe konnten nach neun Monaten nicht mehr „nachgeschoben“ werden und die Kündigung damit rechtfertigen. Der Geschäftsführer musste zu diesem Zeitpunkt nicht mehr davon ausgehen, dass neue Kündigungsgründe vorgetragen würden. Es muss insofern für ihn eine „Rechtssicherheit“ gegeben sein.
Das Gericht hat aber auch darauf hingewiesen, dass ein „Nachschieben“ nicht gegeben ist, soweit die Gründe mit den früher vorgetragenen Gründen eng zusammenhängen. Hierdurch werden vielmehr die früheren Gründe ergänzt (OLG Naumburg, Urteil vom 16.4.2002).
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