Das AG Bocholt (13 C 281/10) hat sich mit Urteil vom 24.01.2011 mit der Praxis eines Branchenbuch-Anbieters (nicht „Gewerbeauskunft-Zentrale“!) beschäftigt und ist zum Ergebnis gekommen, dass eine Täuschung vorlag, die zur Anfechtung berechtigte. Die wesentlichen Eckpunkte der Entscheidung:
- Richtigerweise wird ein solcher Vertrag als Werkvertrag eingestuft
- Eine Täuschung wird schon angenommen, wenn „erst auf den dritten Blick erkennbar ist, dass es sich um einen gewerblichen Anbieter“ handelt
- Wieder einmal wird – richtigerweise – festgestellt, dass eine Sittenwidrigkeit vorliegen kann, wenn bei einem derart nutzlosen Angebot, vor dem Hintergrund der zumindest befremdlichen Aufmachung der Anschreiben, bei horrenden Preisen Verträge „angedreht“ werden
- Offen gelassen wurde (da nicht entscheidungsrelevant), ob es sich bei den Preisangaben im Gesamtbild um überraschende Klauseln entsprechend §305c BGB handelt, was auch unter Unternehmern zu prüfen ist
Hinweis: Dass es sich bei den Preisvorgaben um AGB handelt ist kein Thema. Insgesamt können die Preisangaben durchaus als überraschende Klauseln durchgehen, dies speziell, wenn nach Art der Aufmachung eben nicht mit Kosten zu rechnen war (so schon vorher AG Gemünden am Main, 11 C 74/10)
Fazit wieder einmal: Viele Hebel, um sich vielleicht zu wehren. Es gilt aber weiterhin, um alle Möglichkeiten auszunutzen, dass man möglichst früh reagieren muss und dabei auch wissen muss, was man tut. Wer weiterhin nur mit simplen Anfechtungen reagiert (die von der Gegenseite ohnehin nicht ernst genommen werden) und nach viel zu langer Wartezeit einen Rechtsanwalt hinzuzieht, hat letzten Endes Potential und wahrscheinlich bares Geld verspielt.
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