In aller Munde sind zur Zeit die Themen ePost und DE-Mail, die Versuche eine „rechtssichere“ E-Mail-Adresse anzubieten. Beides kommt zur Zeit nicht ohne (erhebliche) Kritik weg – und Nutzer sollten vielleicht wirklich gut überlegen, ob sie den Dienst nutzen oder nicht.
Es gibt einen sehr schönen Beitrag zum Thema ePost im „Gutjahr-Blog“, zu finden hier. Dabei wird vollkommen zu Recht eine weitere Klausel der ePost-AGB kritisiert:
Es wird darauf hingewiesen, dass Daten, die in dem Nutzerkonto gelöscht wurden, ggf. zunächst nur gesperrt und dann erst mit zeitlicher Verzögerung endgültig gelöscht werden, um versehentlichen Löschungen oder evtl. vorsätzlichen Schädigungen vorzubeugen. Aus technischen und rechtlichen Gründen (vgl. gesetzliche Datenspeicherungspflichten) werden Daten ggf. in Datensicherungsdateien und Spiegelungen von Services dupliziert. Solche Kopien werden ggf. erst mit einer zeitlichen Verzögerung gelöscht.
Das erzeugt natürlich Gruselgefühle: Da steht allein ernstes, dass „Daten“ (also auch E-Mails?) „ggfs.“ (ob nun wirklich, weiß man also gar nicht) bei einem Löschen doch nicht gelöscht werden, sondern nur „gesperrt“. Irgendwann werden die Daten dann doch gelöscht, wann weiß man als Nutzer nicht. Wie bei der Klausel mit der „Pflicht zum Nachsehen“, denke ich, dass auch diese AGB unwirksam sein wird, schließlich wird der Nutzer hier in die Irre geführt, da er letzten Endes weder weiß, ob ein löschen nun wirklich löscht noch wann denn dann wirklich gelöscht werden würde.
Sehr viel mehr Sorgen als die „Löschung die gar keine ist“ – und die mich verdächtig an IMAP-basierte-Postfächer erinnert – macht mir die Tatsache, dass die Post offensichtlich Backups anlegen möchte, zu denen dann evt. auch die Emails gehören. Hier sehe ich die Gefahr, dass über Jahre hinweg alte Mails noch rekonstruierbar sind, die der Betreffende längst gelöscht wissen wollte.
Das Bild von Stadler mit der Postkarte ist dabei immer wieder nett, sollte aber genutzt werden, um den alten (und bis heute nicht ausgefochtenen) Streit aus der Schublade zu holen, ob nicht verschlossene Briefe dem Briefgeheimnis unterliegen. Wer das bejahen möchte, steht zwar auf der Seite der Minderheit, hat mit Jarass, Sachs und Badura aber starke Befürworter auf seiner Seite. Dabei weiß ich auch nicht, ob der uneingeschränkte Vergleich mit der Postkarte in dem Fall angemessen ist, in dem die E-Mail im Klartext vom Sender zum Empfänger nur über verschlüsselte Verbindungen transportiert wird und auf den jeweiligen Servern nur in einer verschlüsselten Form (also jedenfalls nicht im Klartext) gespeichert wird, letztlich beim Empfänger aber wieder im Klartext angelangt.
Jedenfalls den ePost-Brief alleine dem Fernmeldegeheimnis zu unterwerfen, halte ich für falsch, da hier eindeutig das Postgeheimnis betroffen ist. Auch hier schwelt seit der Privatisierung und schrittweisen Eröffnung des Briefmonopols der Streit, inwiefern das Postgeheimnis überhaupt noch einen Sinn macht – der (bislang eingeschlafene) Streit hierzu dürfte mit den ePost-Aktivitäten einen neuen Drall bekommen.
Wer sich ein wenig „absichern“ möchte, nutzt den Dienst nur in Verbindung mit einer eigenen Verschlüsselung wie GPG. Das Problem besteht natürlich weiterhin, da man bei unverschlüsselten Schreiben wieder der „Willkür“ der Post hinsichtlich Backups ausgesetzt ist. Ich betrachte die Diskussion weiterhin mit Spannung, dabei muss klar sein, dass gerade in der Anfangszeit solcher Dienste mit vielen befremdlichen ersten Schritten seitens der Anbieter zu rechnen ist – was freilich keine Entschuldigung sein kann.
Von dem Thema „ePost“ zu trennen ist das Thema „DE-Mail„, das nicht minder interessant und problematisch ist. Bei DE-Mail kommt die Besonderheit dazu, dass es sich um ein von einem Gesetz begleitetes Postfach handelt und nicht um einen „üblichen“ Vertrag mit einem Mail-Anbieter wie bei ePost mit der Deutschen Post. Ich hatte zur Veröffentlichung des Gesetzes in Sachen DE-Mail seinerzeit schon ein paar Zeilen geschrieben. Inzwischen hagelt es weitere Kritik, so vom Deutschen Anwaltverein und vom Deutschen Notarverein (hier zu finden). Dabei bietet der DAV in seiner Stellungnahme eine überdeutliche Kritik, die Nutzer hellhörig werden lassen sollte.
Was heißt das für Nutzer als Fazit? Wie immer muss man nicht gleich verteufeln, sollte aber durchaus gesunde Skepsis ob der Sinnhaftigkeit (so der DAV) und vor allem der angemessenen Berücksichtigung der Interessen der Verbraucher haben. Wie bei neuen Softwareprodukten sonst auch ist hier vielleicht die Prämisse „Man muss ja nicht gleich der erste sein“ ein kluger Ratschlag. Das Ganze erst einmal eine gewisse Zeit zu beobachten und dann in etwa einem Jahr zu entscheiden ob und in welcher Form man die dann noch existierenden Dienste nutzt, dürfte so schlecht nicht sein.
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