„Kampf ums Kleingedruckte“: AGB-Reform für Unternehmen?

Unter dem Titel „Kampf ums Kleingedruckte“ weist die FTD auf die Reformbestrebungen des AGB-Rechts unter Unternehmen bzw. Kaufleuten hin. Wer es bisher nicht kannte: Es geht um die Reformbestrebungen der „-Initiative“, zu finden hier, die vor allem zwei Änderungen umsetzen möchte. Zum einen soll der §305 BGB ergänzt werden um den Zusatz

„Werden Vertragsbedingungen gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet, stellen sie keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen dar, soweit die andere Vertragspartei diesen oder dem Vertragswerk insgesamt aufgrund einer selbstbestimmten unternehmerischen Entscheidung zustimmt; einer Abänderung des vorformulierten Vertragstextes bedarf es nicht.“

Zum anderen soll §310 I S.2 BGB wie folgt geändert werden:

„§307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 findet in den Fällen des Satzes 1 mit der Maßgabe Anwendung, dass lediglich solche Vertragsbestimmungen unangemessen sind, die entgegen den Geboten von Treu und Glauben von gängiger unternehmerischer Praxis grob abweichen.“

Man merkt auch als Laie: Viel Raum für AGB-Prüfungen zwischen Unternehmen verbleibt da nicht. Es entsteht auf der einen Seite die neue Frage, wann ein „selbstbestimmtes unternehmerisches Handeln“ vorliegt, auf der anderen Seite werden 60 Jahre-AGB-Rechtsprechung zu Gunsten des einfachen Grundsatzes eingestampft, dass nur noch das nicht gehen soll, was grob von üblicher Praxis abweicht und dabei noch sittenwidrig ist.

Ich sehe bei diesen Bestrebungen zum einen die Gefahr, dass hier mit einer theoretischen Begrifflichkeit gearbeitet wird. Es mag sein, dass der Mittelständler vor Ort, der beim örtlichen Metzger sein Catering-Buffet bestellt, mit diesem auf Augenhöhe verhandelt und selbestimmte unternehmerische Entscheidungen trifft – in einer Wirtschaftswelt der „Big Player“, in der Einzelkaufleute und Mittelständler aber zunehmend mit Großunternehmen konfrontiert sind, auf diese gar angewiesen sind, die schlichtweg die Spielregeln auf Grund Ihrer Markmacht vorgeben, ist der Passus eher lebensfremd. Wenn nicht gar unsinnig: Die Initiative verweist selbst darauf, dass ein selbstbestimmtes Handeln nicht mehr bei zu unterschiedlichen Unternehmen vorliegen soll.

Zum anderen erscheint mir weiterhin die Diskussion abwegig. Das typische Stammtisch-Argument, das deutsche AGB-Recht sei zu kompliziert und ein europäischer, wenn nicht gar weltweiter, Irrweg, wurde kürzlich von Westphalen in der NJOZ gut auseinandergenommen, der darauf verweist, dass das geplante europäische Kaufrecht auf eben jede so kritisch beäugten deutschen Regelungen zurückgreifen möchte.

Es bleibt abzuwarten, was aus diesen Bestrebungen wird. Ich persönlich glaube, dass es ein schwerwiegender Fehler ist, davon auszugehen, dass irgendetwas einfacher wird im Unternehmerischen Verkehr, nur weil man die AGB-Kontrolle am liebsten ganz aushebelt. Dabei ist die hier vorliegende Reformbestrebung offensichtlich noch nicht soweit, das Problem anzudenken, in dem zwei nach bisherigem Recht rechtswidrige AGB-Regelungen miteinander kollidieren. Ob in einem solchen Fall die richterlich vorzunehmende Vertragsauslegung mehr Rechtssicherheit verspricht, mag noch dahinstehen. Aktuell gebe ich diesem Ansatz dafür zu wenig Chancen, wirklich umgesetzt zu werden.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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