Die Entscheidung des BGH (3 StR 45/15) ist ein Lehrstück zum Thema Computerbetrug bei Bankeinzug: Es ging um Angeklagte, die über ein gemeinsames Callcenter den Vertrieb eines Gewinnspieleintragungsprodukts planten. Dies lief so ab, dass gegen eine monatliche Gebühr die angerufenen und geworbenen Kunden bei einer Vielzahl von Gewinnspielen automatisiert eingetragen werden sollten, was gegenüber den Angerufenen auch behauptet wurde. Die Angeklagten hatten erklärt, ursprünglich beabsichtigt zu haben, die Eintragungen auch wirklichvornehmen zu lassen, waren aber zu keinem Zeitpunkt vertragliche Beziehungen zu einem Drittunternehmen eingegangen, das dies hätte leisten können – abgebucht wurde über einen Zahlungsdiensteanbieter aber tatsächlich. Das Landgericht sah sich nicht dazu in der Lage, einen Betrug zu erkennen und wollte dann (krampfhaft) über den Tatbestand des Computerbetruges eine Strafbarkeit erreichen. Beides war falsch.
Computerbetrug scheidet aus
Mit einiger Fassungslosigkeit muss ich beim BGH ausgerechnet zum Kerngeschehen Folgendes lesen:
Das Landgericht hat weder zu den Inhalten der Telefonate, mittels derer Kunden für das Gewinnspieleintragungsprodukt gewonnen wurden, noch zu der Form des vom Zahlungsdienstleister genutzten Lastschriftverfahrens – zum Tatzeitpunkt Einzugsermächtigungsverfahren oder Abbuchungsauftragsverfahren (…) konkrete Feststellungen getroffen.
Das grenzt an Satire, da fragt man sich schon, auf welcher Basis überhaupt ein Urteil gesprochen werden konnte. Der BGH kann es an der Stelle kurz machen und feststellen, dass somit gerade keine Verhaltensweise ausgeschlossen ist, die nicht in den klassischen Betrug fällt:
Dann aber ist nicht ausgeschlossen, wenn nicht sogar naheliegend, dass die Kunden den Angeklagten ihre Kontodaten übermittelten sowie eine Einzugsermächtigung erteilten und der Zahlungsdienstleister im Einzugsermächtigungsverfahren Forderungen einzog, zu deren Geltendmachung die Angeklagten allein wegen Verletzung ihrer Vorleistungspflicht nicht berechtigt waren.
Zum Computerbetrug bei Einzugsermächtigungen
Der BGH gliedert nochmals auf, wann ein Computerbetrug bei Einzugsermächtigungen in Betracht kommt:
- Bei der Erteilung der Einzugsermächtigung, wenn die Verwendung des entsprechenden Lastschriftverfahrens nicht unter Gebrauch unrichtiger Daten geschieht (sogenannte Inputmanipulation, § 263a Abs. 1 Var. 2 StGB).
- Bei der unbefugten Verwendung von Daten (§ 263a Abs. 1 Var. 4 StGB), was nicht vorliegt, wenn zum einen der Zahlungsdienstleister von der Inkassostelle grundsätzlich zur Durchführung des Einzugsermächtigungsverfahrens zugelassen wurde und zum anderen die Kunden ihre Kontodaten freiwillig preisgegeben haben.
- Bei den sonstigen Varianten der unrichtigen Gestaltung des Programms (§ 263a Abs. 1 Var. 1 StGB), der Verwendung unvollständiger Daten (§ 263a Abs. 1 Var. 3 StGB) bzw. der unbefugten Einwirkung auf den Ablauf (§ 263a Abs. 1 Var. 5 StGB)
Betrug wegen Täuschung über unsichere Leistungsfähigkeit
Der BGH stellt zu Recht klar, dass bereits eine Täuschung über die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehende Unsicherheit der Leistungsfähigkeit für die Annahme eines Betruges ausreichend sein kann – dies übersah das Landgericht ebenso, wie dass man durch eigene Würdigung hätte prüfen können, ob die Einlassung der Angeklagten nicht zu widerlegen war.
Wichtig ist am Ende die Erkenntnis, dass nicht vorschnell ein Computerbetrug angenommen und ein Betrug abgelehnt werden darf. Auch wenn die Rechtsfolgen gleich sind, so bietet sich zumindest immer noch die Gelegenheit der Revision, wenn die verbreiteten Fehler hier begangen werden.
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