Der alltägliche Kleinkrieg im Strassenverkehr hat das Oberlandesgericht Brandenburg ((2) 53 Ss 131/12 (54/12)) beschäftigt. Hier hatte jemand
seinen Kleintransporter so dicht hinter dem Pkw der Zeugin D. geparkt, dass diese nicht ausparken konnte und nach Rückkehr zu ihrem Fahrzeug etwa 12 Minuten auf den Angeklagten warten musste. Dies nahm der Angeklagte billigend in Kauf.
Das Ergebnis war eine Verurteilung wegen einer vollendeten Nötigung. Die aber wollte das OLG nicht erkennen, das mit sehr weisen Worten gegen einen aktuellen Trend vorgeht, der in Gerichten immer stärker wahrzunehmen ist – dem Wunsch wirklich jedes unerwünschte Verhalten in Straftaten zu pressen. Dort liest man nun eine in Vergessenheit geratene Selbstverständlichkeit:
Entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung bedarf es jedenfalls bei Behinderungen im Straßenverkehr wie im vorliegenden Fall bezüglich des abgenötigten Verhaltens der Absicht des Täters im Sinne eines zielgerichteten Handelns: Nicht jeder vorsätzliche Regelverstoß im Straßenverkehr, der ein Nötigungselement enthält, ist als Straftat im Sinne des § 240 StGB zu qualifizieren. Voraussetzung hierfür ist vielmehr, dass die Einwirkung auf den anderen nicht bloße Folge, sondern der Zweck des verbotswidrigen Verhaltens ist. Gegen den „bloß“ rücksichtslosen Verkehrsteilnehmer, der seine Ziele auf Kosten anderer eigensüchtig durchsetzt und die für diese eintretenden Folgen dabei lediglich billigend in Kauf nimmt, scheidet ein Schuldspruch wegen Nötigung aus (vgl. OLG Hamm NStZ 2009, 213f. [OLG Hamm 25.06.2008 – 4 Ss 234/08]; OLG Düsseldorf NStZ 2008, 38; Schönke/Schröder, StGB 28. Aufl. § 42 Rn. 34).
Sprich: Nicht jeder vorsätzliche Regelverstoss im Strassenverkehr führt gleich zur Nötigung, vielmehr müssen sich Gerichte genau mit den Vorfällen auseinandersetzen und prüfen, ob wirklich eine Nötigung in Betracht kommt.
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