Immer häufiger wird inzwischen verwaltungsgerichtlich die bisherige Praxis der Pressemitteilungen der Staatsanwaltschaften hinterfragt – aus gutem Grund.
Insoweit besteht inzwischen in der Rechtsprechung wohl Einigkeit, dass die Staatsanwaltschaft den Beschuldigten in einem Strafverfahren vor Veröffentlichung einer solchen Pressemitteilung grundsätzlich zuvor unterrichten muss, damit dieser wirksam auf das behördliche Informationshandeln reagieren kann – im Einzelfall muss dann aber geprüft werden, wie dies ausgestaltet ist, hier verweist das VG München auf die Entscheidung des VG Regensburg:
Eine solche Unterrichtungspflicht kann aus dem Grundsatz der Waffengleichheit zwischen Staatsanwaltschaft und dem Beschuldigten in einem Strafverfahren abgeleitet werden, der sich aus dem Recht auf ein faires Verfahren ergibt und auch außerhalb des Strafprozesses im Rahmen der Pressearbeit der Staatsanwaltschaft zu berücksichtigen ist (BayVGH, B.v. 20.8.2020 – 7 ZB 19.1999 – juris Rn. 13, 25; BVerfG, B.v. 26.5.1981 – 2 BvR 215/81 – BVerfGE 57, 250).
Auch das erkennende Gericht ist der Ansicht, dass die Staatsanwaltschaft, will sie die Presse kurz nach Zuleitung der Anklageschrift an das Gericht über die Anklageerhebung unterrichten, dem Beschuldigten oder seinem Verteidiger zuvor die vollständige Anklageschrift übermitteln und ihm zeitlich die Möglichkeit einräumen muss, angemessen auf das behördliche Informationshandeln reagieren zu können (BayVGH, B.v. 20.8.2020 – 7 ZB 19.1999 – juris Rn. 15, 35; Verwaltungsgericht des Saarlandes, U.v. 23.6.2003 – 1 K 129/02 – NJW 2003, 3431).
Wieviel Zeit dem Beschuldigten für eine eigene Reaktion gegenüber der Presse einzuräumen ist, hängt – auch darin sind sich die Beteiligten grundsätzlich einig – jedoch von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere der Art und Schwere der Tat, der Komplexität des Verfahrens, den Vorkenntnissen der Verteidiger über das Ermittlungsergebnis und des medialen Interesses am Ermittlungsverfahren, ab (VG Regensburg, U.v. 23.7.2019 – RO 4 K 17.1570 – juris Rn. 51; BayVGH, B.v. 20.8.2020 – 7 ZB 19.1999 – juris Rn. 35).
VG München, M 10 K 20.222
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