Werkvertrag: BGH zur Nachbesserung im Werkvertrag

Nacherfüllung im Werkvertrag – ein kurzer Überblick über wichtige Aspekte der Nacherfüllung bei Streit aus einem Werkvertrag.

Wenn im Rahmen eines Werkvertrages Mängel auftreten, regelt §635 BGB, dass der Unternehmer nach seiner Wahl den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen kann. Es hat also nicht der Besteller, sondern der Unternehmer die Wahl, wie der Mangel zu beseitigen ist.

Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung

Wie geht man damit um, wenn die Möglichkeit der Nacherfüllung durch Mangelbeseitigung besonders unattraktiv ist?

Damit beschäftigte sich kürzlich der BGH (VII ZR 28/10), wobei es um eine eingebaute Treppe ging. Hier war der Mangel derart ausgestaltet, dass die Treppe aus dem Haus wieder ausgebaut werden musste, um den Mangel zu beseitigen. Der Unternehmer verweigerte sich, woraufhin der Besteller die Zahlung verweigerte und ausserordentlich kündigte. Gestritten wurde nun, ob es sich um eine Kündigung nach §649 BGB handelt, was entsprechend §649 S.2 BGB zur Kostentragungspflicht des Bestellers führt (anders als bei einer ausserordentlichen Kündigung, wo nur die bisher erbrachten Leistungen zu vergüten sind).

Während die Vorinstanzen das noch bejahten, stellt der BGH fest:

Es ist zwar grundsätzlich Angelegenheit des Unternehmers, wie er den vertragsgerechten Zustand herstellt. Ist die Mängelbeseitigung jedoch nur auf eine bestimmte Weise möglich, so ist er dazu verpflichtet, diese vorzunehmen. Der Besteller kann ein dieser Verpflichtung nicht entsprechendes und damit untaugliches Angebot von vornherein zurückweisen […]

Nun ist es dem Unternehmer (natürlich) möglich, bei unverhältnismäßig hohen Kosten die Nacherfüllung zu verweigern (§635 III BGB), ausgerechnet dazu haben die Vorinstanzen aber Ausführungen vermissen lassen. Ergebnis: Die Sache muss neu verhandelt werden – die bisher per Urteil festgestellte Pflicht, den vollen Werkunternehmerlohn zu zahlen (immerhin über 8.000 Euro), ist dahin.

Mangelbeseitigung: Fristsetzung ist nicht immer erforderlich

Das Werkvertragsrecht sieht prinzipiell vor, dass bei einem Mangel oder Fehler der Sache der Besteller dem Unternehmer eine angemessene Frist zur Beseitigung setzen muss. Erst nach Ablauf dieser Frist kann er den Mangel auf Kosten des Unternehmers selbst beseitigen (lassen).

Ausnahmsweise kann auf eine solche Fristsetzung jedoch verzichtet werden, wenn die Beseitigung durch den Unternehmer für den Besteller sinnlos geworden ist und er daher nicht mehr auf die Mängelbeseitigung durch den Unternehmer verwiesen werden kann. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Besteller das mangelfreie Werk sofort und ohne weitere Verzögerung benötigt, um es selbst zu verwenden oder an seinen Abnehmer weiterzugeben. Weiterhin muss die mit der Nachbesserung verbundene Verzögerung für ihn eine „nicht unerhebliche Störung“ darstellen.

Der (X ZR 233/00) hat dies für einen Fall bejaht, in dem eine Klima- und Lüftungsanlage in einen Schnellimbiss eingebaut wurde, dort aber zu Geruchsbelästigungen führte. Die zuständige Behörde hatte an einem Freitag die Schließung des Ladenlokals zum folgenden Wochenbeginn angedroht, wenn bis dahin nicht für Abhilfe gesorgt werde. Es war absehbar, dass der Unternehmer in dieser kurzen Zeit über das Wochenende zu einer Mangelbeseitigung nicht in der Lage war. Der Imbissbetreiber durfte daher selbst sofortige Maßnahmen zur Mängelbeseitigung treffen. Der BGH stellte klar, dass die behördliche Androhung der Schließung eines Geschäftslokals ebenso wie die Verzögerung der Eröffnung eine Ausnahmesituation ist, in der auf eine Fristsetzung zur Beseitigung des Mangels gegenüber dem Unternehmer abgesehen werden kann (BGH, Urteil vom 15.1.2002).

Übrigens: Keineswegs ist es so, dass die Zahl der Nacherfüllungsversuche begrenzt ist! Es kommt auf das Gesamtbild an, so dass etwa bei 3 oder mehr Nacherfüllungsversuchen die Nacherfüllung nicht zwingend fehlgeschlagen ist!

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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