Widerrufsrecht und Immobilienmakler – Vom Umgang mit dem Widerrufsrecht beim Maklervertrag

Von einem „Schock für Immobilienmakler“ ist in der Presse die Rede: Es geht um das „neue“ Widerrufsrecht, das „den Makler seine Provision kosten kann“. Die Aufregung ist groß, aber nicht ganz unangebracht. Ein Blick auf das Thema mit Hinweisen für Makler.

Altes Recht: Widerrufsrecht?

Nach dem „alten“ bis 12.06.2014 geltenden Verbraucherrecht war durchaus umstritten, ob eine Beauftragung eines Immobilienmaklers unter das Fernabsatzrecht fallen kann. Das Landgericht Bochum (2 O 498/11) hatte es in einem Fall bejaht, das Landgericht Hamburg (307 O 42/12) in einem anderen Fall verneint. Allgemein herrschte Unsicherheit.

Neues Recht: Widerrufsrecht!

Die Frage ist nun abschliessend geklärt: Die zum 13.06.2014 in Kraft getretenen Änderungen dienen der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie (2011/83/EU) die im Erwägungsgrund 26 klar festhält:

Dienstleistungsver­träge (…) wie auch Verträge über Dienstleistungen von Immobilien­maklern und über die Vermietung von Räumen für an­dere als Wohnzwecke sollten unter diese fallen.

Auch im Übrigen ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine andere Sichtweise – die Tätigkeit von Immobilienmaklern ist ausdrücklich von der Richtlinie erfasst und bei der – ohnehin unproblematisch – Auslegung des BGB entsprechend zu Berücksichtigen.

Was muss der Makler tun?

1. Erst einmal allgemein: Prüfen!
Dabei sind gerade bei Maklern zwei Situationen durchaus anzudenken, nämlich der Vertragsschluss ausserhalb der Geschäftsräume (§312b BGB) und dann der klassische Fernabsatzvertrag (§312c BGB), etwa übers Internet. Dabei gibt es aber auch wieder Gegenausnahmen, wenn etwa der seltene Fall vorliegt, dass nur gelegentlich über das Telefon Aufträge angenommen werden, ist zu prüfen ob überhaupt ein Fernabsatzvertrag vorliegt (§312c Abs.1, 2.HS). Jedenfalls bei der klassischen Tätigkeit der Vermittlung über Internet-Anzeigen wird man erst einmal ein Widerrufsrecht annehmen müssen. Andererseits natürlich dann nicht, wenn ein Unternehmer die Maklerleistung bestellt – das gesetzliche Widerrufsrecht gilt nur für Verbraucher.
2. Wenn ein Widerrufsrecht besteht
Wenn ein Widerrufsrecht besteht, was heute wohl regelmäßig der Fall sein wird, folgt der zweite Schritt: Es muss belehrt werden. Durch die Musterwiderrufsbelehrung steht hier ein einheitlicher, wenn auch nicht unkomplizierter, Text zur Verfügung.

Was passiert bei unterlassener Belehrung?

Wenn ein Makler nun nicht ausreichend belehrt, kann er abgemahnt werden, etwa von Konkurrenten, damit er sich zukünftig an die Regeln hält. Neben diesem Wettbewerbsverstoss stellen sich aber vorrangig zivilrechtliche Fragen.

Das Weglassen der Belehrung ändert nichts am Bestehen des Widerrufsrechts des Verbrauchers; vielmehr wird der Unternehmer bei weggelassener sanktioniert, da ihm (weitere) negative Konsequenzen drohen. Die hier meines Erachtens wichtigsten Konsequenzen:

  • Das Widerrufsrecht ist zwar befristet – aber: Es beginnt erst zu laufen, wenn der Unternehmer ordentlich belehrt hat (§356 Abs.3 BGB). Sprich: Ohne ordentliche Belehrung beginnt die Frist für das Widerrufsrecht gar nicht, so dass es unbefristet bestehen würde (was nach altem Recht sogar der Fall war!). Heute erlischt es in diesen Fällen jedenfalls nach 12 Monaten und 14 Tagen (§356 Abs.3 S.2 BGB), was immer noch „1 Jahr zittern“ bedeutet.
  • Im Falle eines Widerrufs sind die gewährten Leistungen rückabzuwickeln, sprich: Der Verbraucher erhält sein Geld wieder, der Unternehmer seine Leistung. Das ist beim Immobilienmakler naturgemäß etwas schwierig, darum sieht das Gesetz einen Anspruch auf Wertersatz vor (§357 Abs.8 BGB) – aber nur, wenn ordentlich belehrt wurde und in der Belehrung auf die Ersatzpflicht hingewiesen wurde. Wenn also nicht belehrt wird, droht dem Makler der Verlust der Provision bzw. ein entsprechender Wertersatz. Und zwar gut 1 Jahr lang nach Vertragsschluss.

Vorsicht Falle: Herabsetzung bei Widerruf

Ich lese häufig, dass durch den Wertersatz die entgangene Provision aufgefangen wird. Das ist allgemein gesagt zwar vertretbar, kann im konkreten Fall aber auch übel nach hinten losgehen. So muss sich der Makler ersparte Aufwendungen erst einmal immer anrechnen lassen, was im Falle eines tatsächlich vermittelten Kaufs eher bei Null liegen dürfte. Doch es gibt eine fiese Fall im letzten Satz des §357 Abs.8 BGB: Wenn der vereinbarte Gesamtpreis unverhältnismäßig hoch ist, wird Wertersatz auf der Grundlage des Marktwertes der erbrachten Leistung berechnet. Es bietet sich also geradezu der Streit darüber an, ob die vereinbarte Provision „unverhältnismäßig“ hoch war.

Lösung für Makler

Die Lösung des Problems liegt auf der Hand: Ordentlich über das Widerrufsrecht belehren, beim Widerruf wird man über den Wertersatz schadlos gehalten für bereits erbrachte Leistungen. Wem das Problem bei einer Beauftragung nach dem 13.06.2014 erst später aufgefallen ist, der wird darüber nachdenken können, ob er die Belehrung nach nachholt, um aus der 1jährigen Laufzeit des Widerrufsrechts eine 2wöchige zu machen und sich zugleich den Wertersatz zu sichern, der sonst auf tönernen Füßen steht.
Makler die berechtigt Sorge haben ein angesichts eines schwebenden Widerrufs tätig zu werden können sich ein klein wenig absichern: Mit der richtigen Belehrung erlischt das Widerrufsrecht des Verbrauchern vorzeitig, was aber nicht nur eine geeignete Widerrufsbelehrung sondern auch ein darauf abgestimmtes tätigwerden des Maklers erfordert. Schutzlos sind Makler jedenfalls nicht, doch ohne Belehrung geht es seit dem 13.06.2014 eben auch nicht mehr.

Dazu auch bei uns:
Informationspflichten von Maklern in Werbeanzeigen

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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