Urteil: Widerrufsrecht beim Maklervertrag der online geschlossen wird

Ich hatte bereits erklärt, dass seit einiger Zeit eindeutig ein Widerrufsrecht bei Maklerveträgen besteht, die ausserhalb von Geschäftsräumen oder über Fernkommunikationsmittel zu Stande kommen. Nun hat sich das Oberlandesgericht Düsseldorf (I-7 U 37/13) noch hinsichtlich der alten Rechtslage klar geäußert und erklärt, dass auch nach alter Rechtslage ein Widerrufsrecht für Verbraucher zuzugestehen war.

Aus der Entscheidung:

Der Maklervertrag ist jedoch durch den Widerruf der Beklagten vom 23.01.2013 (GA 163) bzw. vom 02.05.2013 (GA 209) wirksam widerrufen worden.

a.

Die Beklagte ist mit diesem Vorbringen nicht gem. § 531 Abs. 2 ZPO präkludiert. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob bereits ihr erstinstanzliches Bestreiten eines Vertragsschlusses als Widerruf anzusehen ist, was der Senat angesichts der vorgetragenen Begründung für einen fehlenden Vertragsschlusses allerdings nicht annimmt, vgl. BGH NJW 2007, 2110 Rn. 28; MüKoBGB-Masuch, 6. Aufl., § 355 Rn 41.

Der in den Schriftsätzen vom 23.01.2013 und 02.05.2013 erklärte Widerruf ist im Berufungsrechtszug zu berücksichtigen, obwohl er erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erklärt worden ist. Bei dem Widerrufsrecht handelt es sich um ein Gestaltungsrecht. Der ihm zugrundeliegende Sachverhalt ist unstreitig. Eine Präklusion des unstreitigen Widerrufsvorbringens ist nicht möglich (Zöller/Hessler, ZPO, 29. Aufl., § 531 Rn. 20 a.E.; Rohlfing, NJW 2010, 1787).

b.

Das Widerrufsrecht der Beklagten ergibt sich aus §§ 355, 312b BGB. Auf das streitgegenständliche Schuldverhältnis ist § 312 b BGB in der Fassung anzuwenden, die bis 22.02.2011 gültig war. Der Maklervertrag kam als Fernabsatzvertrag im Sinne des § 312 b Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. zustande. Die Beklagte handelte bei Abschluss des Maklervertrages als Verbraucher und der Kläger als Unternehmer. Der Vertragsschluss erfolgte zwischen den Parteien unter ausschließlicher Verwendung von Telekommunikationsmitteln im Sinne des § 312 b Abs. 2 BGB a.F., weil Angebot und Annahme über Emails ausgetauscht wurden. Die Argumentation des Landgerichts, ein Vertriebs- oder Dienstleistungssystem, das für den Fernabsatz organisiert sei, liege nicht vor, überzeugt nicht. Denn aufwendige Maßnahmen sind für eine solche Organisation gar nicht erforderlich. Es wird als ausreichend angesehen, wenn wie hier eine Webseite im Internet unterhalten wird mit Bestellmöglichkeiten per Telefon, Telefax oder Email, vgl. dazu Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 312 b Rn. 11.

Nach der herrschenden (LG Bochum, Urteil vom 09.03.2012 – I – 2 0 498/11 -; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 312 b Rn. 10 c; MüKo BGB – Wendehorst, 6. Aufl., § 312 b Rn. 33; Erman/Saenger, BGB, 13. Aufl., § 312 b Rn. 3; Staudinger-Thüsing, BGB, 212, § 312 b Rn. 17; JurisPK BGB – Junker, § 312 b Rn. 49; Fischer NJW 2013, 3410, 3411; Lechner NZM 2013, 751; von Rohr IMR 2013, 300; Grams ZfIR 2014, 319), wenn auch nicht unbestrittenen (anderer Ansicht LG Hamburg, Urteil vom 03.05.2012 – 307 0 42/12 -; Staudinger-Reuter, BGB, 2010, § 653 Rn. 73 f.; Moraht NZM 2001, 883; Dittert, JurisPK/Mietrecht/12/2013 Anm. 5) Meinung, welcher der erkennende Senat sich anschließt, ist der Maklervertrag ein Vertrag über eine Dienstleistung im Sinne von 312 b BGB Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. und kein in § 312 b Abs. 3 Nr. 4 BGB a.F. vom Anwendungsbereich ausgenommener Vertrag über die Veräußerung von Grundstücken.

Für die herrschende Meinung, die den Dienstleistungsbegriff umfassend versteht und weit auslegt, spricht zunächst der Wortlaut der Norm. Dienstleistungen im Sinne des § 312 b BGB setzen schon begrifflich nicht das Vorliegen eines Dienstvertrages im Sinne des BGB voraus, so dass es auf die Argumentation, ob ein Makler zur Leistung von Diensten verpflichtet ist oder ob es sich bei dem Maklervertrag um einen Vertrag sui generis handelt, nicht ankommen kann. Dass das Vorliegen eines Dienstvertrages im Sinne des BGB für die Auslegung des Begriffes der Dienstleistung nicht entscheidend ist, ergibt sich zudem aus der Begründung zum Regierungsentwurf des Fernabsatzgesetzes, in der es heißt, dass die Erbringung von Dienstleistungen „Dienst-, Werk- oder Geschäftsbesorgungsverträge aller Art“ umfasst (vgl. BT-Drucksache 14/2658, 30).

Für eine umfassende Auslegung des Dienstleistungsbegriffs, die noch über die in der Begründung des Regierungsentwurfes genannten Vertragsarten hinausgeht, spricht desweiteren ein Umkehrschluss aus § 312 b Abs. 3 Nr. 3 BGB. Diese Vorschrift schließt die Vermittlung von Versicherungen vom Anwendungsbereich der Norm aus. Daraus folgt, dass die Vermittlung von Verträgen, wie sie beim Maklervertrag erfolgt, grundsätzlich ein Fernabsatzgeschäft darstellen kann, denn andernfalls würde ein Ausschluss eines bestimmten Vermittlungsgeschäftes keinen Sinn machen (vgl. dazu Thüsing in Staudinger, BGB, a.a.O., Rn. 18 mwN).

Die genannte wörtliche, historische und systematische Auslegung des Begriffes der Dienstleistung wird desweiteren gestützt durch den Sinn und Zweck der dem Verbraucherschutz dienenden Regelungen des Fernabsatzgeschäftes. Um ein möglichst hohes Schutzniveau für den Verbraucher zu gewährleisten, ist der Dienstleistungsbegriff trotz der nicht zu verkennenden einschneidenden Folgen gerade für Nachweismakler weit auszulegen, vgl. zur weiten Auslegung europarechtlich geprägter Normen BGH in BGHZ 123, 380, 385. Gemeinsames Merkmal aller erfassten Dienstleistungen ist deshalb lediglich, dass eine tätigkeitsbezogene Leistung an den Verbraucher erbracht wird. Dies ist beim Maklervertrag gegeben. Diese Auffassung entspricht zudem einem richtlinienkonformen Verständnis des § 312b BGB a.F. In der neuen Verbraucherrechte- 2011/83/EU vom 25.10.2011 heißt es in Erwägungsgrund Nr. 26 am Ende ausdrücklich, dass auch Verträge über Dienstleistungen von Immobilienmaklern unter die neue Richtlinie fallen sollen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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