Streitwert Übersicht zu SPAM: Unverlangte Zusendung von Email bzw. Newsletter

Streitwert bei wegen SPAM: Welcher Gegenstandswert ist bei einer Unterlassungsklage nach SPAM-Zusendung angezeigt? Die Rechtsprechung ist hier äusserst unterschiedlich und kommt in aktuellen Entscheidungen zu zunehmend geringeren Streitwerten. Aktuell nimmt das OLG Hamm gar einen Streitwert von nur 100 Euro bei einer unverlangt zugesandten Email an – was aber nicht zu verallgemeinern ist.

Dazu von mir: Newsletter und SPAM – Übersicht über rechtliche Vorgaben

SPAM: Grundsätzliches zu unverlangten Emails

Beachten Se, dass Sie als Unternehmer  nicht einfach so andere Menschen mit ihren werbenden Mails belästigen dürfen – auch wenn Sie glauben, dass Ihre Dienstleistung interessant ist. Dabei besteht ein Unterlassungsanspruch mit dem BGH bereits ab der ersten EMail. Auch wenn jemand bereits bestehender Kunde ist ändert sich das nicht so einfach, der §7 II Nr.3 UWG, der eine Zusendung bei Bestandskunden vorsieht, ist komplexer als er sich auf en ersten Blick liest.

Es reicht übrigens auch kein vermutetes Einverständnis. Unternehmer dürfen einem Verbraucher dabei auch nicht irgendwo im Kleingedruckten versuchen, eine Einwilligung unbemerkt unterzuschieben. Auch können Sie nicht einfach behaupten, der andere habe den bestellt – der Versender muss das nicht nur nachweisen, sondern hat sogar eine Pflicht das zu protokollieren.

Streitwert bei SPAM

Bei der Streitwertbemessung ist letztlich das Gesamtbild aller Umstände zu Berücksichtigen. Inzwischen gehen manche Gerichte davon aus, dass allerdings ein Streitwert über 3.000 Euro bei einzelnen Mails eher selten anzunehmen ist.

Das OLG Schleswig (1 W 57/08) dazu: Bei der Bestimmung der Höhe des Streitwerts für eine auf Unterlassung der Zusendung von E-mails sind nicht nur die Belästigung im Einzelfall durch das notwendige Durchlesen, Sortieren und ggf. Löschen der E-mails sowie die sonstigen besonderen Umstände des Falles, sondern auch die Breitenwirkung und das häufige Erscheinen solcher Zusendungen, die in ihrer Gesamtheit das Ausmaß der Belästigung erst bestimmen, zu berücksichtigen.

Das AG Mühlheim a.d. Ruhr (27 C 2550/10) erkannte darauf, dass im Falle von Spam mit „kleinerem Umfang“ auch ein kleinerer Streitwert anzusetzen ist. Dabei wurden im vorliegenden Fall von August bis November 2010 insgesamt 20 E-Mails zugeschickt, die problemlos als Spam eingeordnet wurden. Auch wurde ein Unterlassungsanspruch zugesprochen, aber: Der ursprünglich angesetzte Streitwert in Höhe von 6.000 Euro sei zu viel. Vielmehr sollten hier 500 Euro angemessen sein.

Streitwert über 3.000 Euro nur in Ausnahmefällen

Anders dagegen das Oberlandesgericht Hamm (6 U 95/13), das sich sehr umfangreich mit dem Thema der Streitwertbemessung beschäftigt hat und zum Ergebnis kam, dass jedenfalls im privaten Bereich grundsätzlich ein eher niedriger Streitwert anzusetzen ist während präventive Erwägungen keine Rolle spielen (Streitwert: 100 Euro für den Unterlassungsanspruch):

Während einige Gerichte die Zusendung von E-Mails lediglich mit dreistelligen Werten ansetzen (OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2008, 262: 500 € bei einstweiliger Verfügung; KG, JurBüro 2002, 371: 350 € bei einmaliger Zusendung, einstweiliges Verfügungsverfahren; OLG Rostock, Beschluss vom 13.10.208, 5 W 147/08: 300 € bei Telefaxwerbung als Irrläufer, einstweiliges Verfügungsverfahren), gibt es andere Gerichte, die mehrere tausend Euro für angemessen halten. Allerdings betreffen die letztgenannten Entscheidungen – soweit ersichtlich – stets den gewerblichen Bereich und nicht – wie hier – den privaten Bereich (z.B. BGH, VI ZR 65/04, Beschluss vom 30.11.2004, juris: 3.000 €; OLG Koblenz, MDR 2007, 356: 10.000 €, in beiden Fällen bei Versendung an ein RA-Büro, vgl. auch die von der Klägerin angeführten Entscheidungen). Zum Teil wird zur Begründung angeführt, es müsse auch die Breitenwirkung und das häufige Erscheinen solcher Zusendungen berücksichtigt werden (z.B. OLG Schleswig, JurBüro 2009, 256, wohl auch KG, Beschluss vom 27.2.2007, 21 W 7/07 [nicht veröffentlicht], zit. nach OLG Schleswig, aaO.).

Den letztgenannten Ansatz teilt der Senat nicht. […] Der Senat hat sich bei der Bemessung der Beschwer im vorliegenden Fall an einer Entscheidung des BGH vom 9.7.2004 (V ZB 6/04, NJW-RR 2005, 219) orientiert. In dieser Entscheidung hatte der BGH das Interesse der Kläger an der Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung des Einwurfs von Werbematerial mit 75 € nicht beanstandet und hierzu ausgeführt, das Unterlassungsinteresse der Kläger sei bei einem singulären Vorfall ohne erkennbare Weiterungen kaum messbar.

Ebenso verhält es sich hier. Auch im vorliegenden Falle handelt es sich um einen singulären Vorfall, der auf einem beruhte und dessen Wiederholung durch die unstreitige „physische Löschung“ der E-Mail-Adresse der Klägerin äußerst unwahrscheinlich geworden ist; präventive Gesichtspunkte können in einem solchen Fall bei der Streitwertfestsetzung gänzlich zurücktreten (ebenso OLG Rostock, aaO.). Zudem ist das Löschen einer einzelnen unerbetenen E-Mail mit einem einzigen Mausklick erledigt und bedarf nur Bruchteile von Sekunden, verursacht also noch weniger Aufwand als die Entsorgung unerbetener Werbung im Briefkasten, die manuell entnommen und anschließend entsorgt werden muss. Auch führt es – anders als bei unerbetenen Faxen – zu keinem Materialverbrauch auf Empfängerseite (zu diesem Gesichtspunkt ebenso OLG Hamm, NJW-RR 2013, 1023). Schließlich kommt im vorliegenden Fall noch hinzu, dass die Beklagte zu 1., der diese Werbe-E-Mail als werbendes Unternehmen in erster Linie zuzurechnen ist, bereits zur Unterlassung verurteilt ist und ein tatsächliches Bedürfnis zu einer zusätzlichen Verurteilung der Beklagten zu 2. und 3. kaum zu erkennen ist (für unterschiedliche Bewertung bei Klage gegen Gesellschaft und Organ auch KG, JurBüro 2011, 90 [nur Leitsatz]).

Auch das OLG Frankfurt am Main (6 W 9/16) sieht nur einen geringen Streitwert, nämlich maximal 3.000 EUro wenn keine Besonderheiten vorliegen. Es hat zum Streitwert bei unverlangten E-Mails festgestellt:

Der Zuständigkeitsstreitwert für eine gegen die Zusendung unerwünschter E-Mail-Werbung gerichtete, auf §§ 823, 1004 BGB gestützte Unterlassungsklage liegt im Regelfall unter 3.000,– €; zuständig ist daher das Amtsgericht (…) Maßgeblich für die Streitwertfestsetzung ist das objektive Interesse, das der Kläger (Antragsteller) im Einzelfall daran hat, durch die entsprechende Werbung der Beklagten nicht belästigt zu werden (BGH vom 30. 11. 2004, Az.: VI ZR 65/04, juris Tz. 2). Dabei spielt eine Rolle, dass Spam-Mails ein nicht unerhebliches Ärgernis darstellen können, so dass sie nicht als Bagatelle behandelt werden dürfen (OLG Koblenz MDR 2007, 190). Andererseits ist der Aufwand zur Beseitigung der einzelnen E-Mails eher gering. Da sich der Unterlassungsantrag in die Zukunft richtet, kann sich der Streitwert nicht in erster Linie an der Anzahl der bereits empfangenen E-Mails orientieren. Maßgeblich ist vielmehr eine umfassende Betrachtung der Umstände des einzelnen Falls, weswegen sich die von den Land- und Oberlandesgerichten festgelegten Streitwerte in einer erheblichen Bandbreite bewegen (vgl. OLG Düsseldorf MMR 2004, 820 [OLG Düsseldorf 22.09.2004 – I-15 U 41/04]). Der Senat hat erst kürzlich in einer nicht veröffentlichten Entscheidung das entsprechende Unterlassungsinteresse eines Rechtsanwalts mit 1.000 € festgesetzt (OLG Frankfurt, Beschluss vom 8. Dezember 2015, 6 W 114/15).

Solche Rechtsprechung zeigt das Risiko, das man sich als Unterlassungsgläubiger aufbürdet: Selbst bei noch so gefestigter Rechtsprechung muss man mit bösen Überraschungen rechnen. Dabei ist bisher ein derart niedriger Streitwert allenfalls bei einmaligen Versendungen, speziell an Privatpersonen, erkannt worden. Die Gegenwehr gegen unverlangte E-Mail Zusendungen wird vor dem Hintergrund solcher „Überraschungen“ unnötig erschwert.

Streitwert-Übersicht mit Entscheidungen

Im Folgenden liste ich einige Einzelfallentscheidungen auf. Noch am besten gefällt mir bis heute die differenzierte Entscheidung des LG Lübeck (5 O 315/05), die zum einen feststellt, dass wenn nur eine einmalige unbefugte Zusendung einer Werbeemail an eine beruflich genutzte Mailadresse vorliegt, von einem Streitwert in Höhe von EUR 4.000,- auszugehen ist Eine höhere Streitwertfestsetzung kommt nur bei mehrfacher unerlaubter Zusendung oder wenn der Empfänger in eine anerkannte Liste zum Schutz vor unlauterer Emailwerbung eingetragen war, in Betracht. Im Übrigen führte das Gericht aus:

Bei einmaligem Zusenden einer E-Mail sollte der Streitwert auf EUR 3.000,- festgesetzt werden. Selbst wenn der Empfänger seine Adresse beruflich nutzt, sollte der Streitwert EUR 4000,- nicht übersteigen. Auf den Arbeitsaufwand kann hierbei nicht abgestellt werden, da die Kosten für die Beseitigung der einzelnen E-Mail geringfügig sind.

Bei mehrmaligem unerlaubten Zusenden übersteigt der Streitwert EUR 5.000,-. Auch hier ist angesichts geringer Kosten nicht auf den Arbeitsaufwand der Beseitigung abzustellen. Das Hinzukommen der beruflichen Nutzung der E-Mail Adresse kann den Streitwert wiederum erhöhen, nicht jedoch um mehr als EUR 2.000,-.

Bei dem Zusenden einer Vielzahl von E-Mails, ab einer Anzahl von 5 E-Mails, ist der Streitwert zwischen EUR 8.000,- und 12.500,- anzusetzen. Dieser Maßstab gilt auch, wenn der Empfänger trotz Eintrags in eine anerkannte Liste zum Schutz vor unlauterer Emailwerbung (vgl. etwa http://www.erobinson.de/ ) von einer – auch einmaligen – Emailwerbung betroffen wird. EUR 8.000,- sollte der Streitwert nur dann übersteigen, wenn die berufliche Nutzung der E-Mail Adresse hinzukommt oder ein erheblicher Kosten- und Arbeitsaufwand durch die Beseitigung der E-Mails entstanden ist. Auch bei Vorliegen beider Umstände erscheint hierbei gegenwärtig eine Begrenzung auf EUR 12.500,- angemessen.

Hieran sollte man sich durchaus orientieren.

Streitwert-Übersicht zu unverlangter Email

  • BGH (VI ZR 65/04): Einmalige Mail an Rechtsanwalt – 3.000 Euro
  • BGH (I ZR 218/07): Einmalige Mail an Rechtsanwalt – 6.000 Euro
  • OLG Düsseldorf (15 U 45/06): 2000 Mails an Rechtsanwalt – 50.000 Euro für das Berufungsverfahren
  • OLG Karlsruhe (6 W 121/07): 500 Euro
  • Kammergericht Berlin (5 W 187/13): 7.500 Euro
  • Oberlandesgericht Hamm (6 U 95/13): 100 Euro bei einer Mail an eine Privatperson
  • OLG Schleswig (1 W 57/08): 4.500 Euro bei einem einmalig zugestellten Newsletter
  • OLG Köln (19 W 5/09): 1.500 Euro bei einem Newsletter
  • OLG München  (6 W 1579/16): 1.000 Euro für einmalige SPAM-Mail an private Mailadresse
  • OLG Koblenz (14 W 590/06 und 14 W 590/06): Einmalige Mail (unbekannter Empfänger) – 10.000 Euro
  • OLG Düsseldorf (15 U 41/04): Einmalige Mail an gewerblichen Empfänger – 6.000 Euro
  • OLG Hamburg (14 W 66/07): 3.000 Euro bei einmaliger Mail
  • LG Dresden (42 HKO 36/09): Newsletter an Rechtsanwalt – 7.500 Euro
  • LG Lübeck (5 O 315/05): Einmalige Mail an einen Rechtsanwalt – 4.000 Euro (im weiteren differenzierend, je nach Häufigkeit und Empfänger)
  • LG Berlin (16 O 132/07): Einmalige Mail an gewerblichen Empfänger – 1.000 Euro
  • LG Trier (5 O 18/07): Einmalige Mail an gewerblichen Empfänger – 7.500 Euro
  • LG Münster (15 O 180/07): Einmalige Mail an gewerblichen Empfänger – 7.500 Euro
  • LG Potsdam (2 O 360/06): Einmalige Mail an gewerblichen Empfänger – 4.000 Euro
  • LG Traunstein (2HK O 3755/97): Massenhafter Mailversand – 100.000 DM
  • AG München (161 C 6412/09): Einmalige Mail (unbekannter Empfänger) – 2.500 Euro
  • AG Burgwedel (70 C 161/06): Unverlangter Newsletter (unbekannter Empfänger) – 500 Euro
  • AG Hamburg-Altona (318b C 369/03): Einmalige Mail an Rechtsanwalt – 10.000 Euro
  • AG Nürnberg (19 C 9519/08): 2000 Euro bei einem Newsletter
  • AG Düsseldorf (48 C 1911/09): 3500 Euro bei einem Newsletter
  • AG Heidelberg (27 C 488/08): 3.000 Euro bei einem Newsletter
  • AG Berlin-Mitte (5 C 1005/11): 2.000 Euro bei Verfahren im einstweiligem Rechtsschutz
  • AG Mühlheim a.d. Ruhr (27 C 2550/10) : 500 Euro bei 20 Emails in ca. 4 Monaten an Unternehmen
  • Amtsgericht Bonn (104 C 148/17): 4000 Euro bei Werbung eines Unternehmens in Autoresponder-Mail
  • AG Dresden (114 C 2008/05): Einmaliger Versand an Privatperson – 500 Euro
  • AG Nürnberg (17 C 1166/05): Einmalige Mail an Rechtsanwalt – 5.000 Euro
  • AG Berlin-Schöneberg (17b C 252/04): Einmalige Mail an Rechtsanwalt – 7.500 Euro
  • AG Berlin-Charlottenburg (228 C 179/05): Einmalige Mail an gewerblichen Empfänger – 300 Euro

Streitwert-Übersicht Fax

  • LG Dessau (4 O 497/09): 10.000 Euro bei einem Fax
  • LG Ulm (10 O 102/12): 15.000 Euro bei einem Fax
  • LG Duisburg (11 O 4/11): 6.000 Euro bei einem Fax
  • AG Charlottenburg (207 C 61/11 ): 7.500 Euro bei einem Fax
  • OLG Hamm (1 Sdb 13/05): 5.000 Euro bei einem Fax
  • OLG Hamm (4 W 4/12): 7.500 Euro bei mehreren Faxen
  • AG Kassel (434 C 5332/03): 1.500 Euro bei einem Fax
  • Ag Göttingen (25 C 259/01): 5.000 Euro bei einem Fax
  • OLG Frankfurt am Main (6 W 9/16): 3.000 Euro maximal bei Standardfällen
Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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