Harte Zeiten: Bundesgerichtshof zum Forderungsinkasso bei Premium-Diensten

Ich hatte schon früher berichtet: Zunehmend haben Amtsgerichte in Deutschland einen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes gesehen, wenn Anbieter so genannter „Premium-Dienste“ – wie bisher üblich – ihre Forderungen an Inkassodienstleister abgetreten haben, wobei zum Nachweis der Forderung Verbindungsdaten zwingend weitergegeben werden müssen. Nachdem zunehmend Amtsgerichte diese Auffassung vertreten haben, war es nur eine Frage der Zeit, bis sich der damit zu beschäftigen hat. Nunmehr hat sich beim Bundesgerichtshof eine Linie entwickelt, die als ein „Ja, aber – wenn“ zusammengefasst werden kann.

Der Bundesgerichtshof (III ZR 200/11 sowie III ZR 227/11) hat als erstes klar gestellt, dass der des TKG auf diese Fallkonstellation problemlos anwendbar ist. Darüber hinaus ist aber noch lange nichts klar, vielmehr muss geprüft werden, wie oft abgetreten wird, so das Ergebnis der beiden zitierten Entscheidungen:

  1. Eine einmalige Abtretung mit Weitergabe der Daten von dem Diensteanbieter an einen Dritten ist mit dem BGH erlaubt (so nun ausdrücklich BGH, III ZR 227/11, Rn.16). Der Diensteanbieter kann also mit dem BGH grundsätzlich an einen Inkassodienstleister die Forderung abtreten und die Daten weitergeben. Aber: Auch wenn der Bundesgerichtshof hier eine eindeutige Auffassung hat, so hat er dennoch mit Beschluss vom 16.02.2012 die Sache dem EUGH vorgelegt. Dieser soll abschliessend Klären, ob diese Sichtweise mit Art. 6 Abs. 2 und 5 der 2002/58/EG vereinbar ist. Hintergrund ist, dass nach Erwägungsgrund 26 der Richtlinie 2002/58/EG jede Verarbeitung von Verkehrsdaten von der Zustimmung des Betroffenen abhängen muss. Der BGH sieht hier einen Widerspruch zu Erwägungsgrund 29 der Richtlinie, demzufolge die Durchsetzung von Entgeltforderungen nicht erschwert werden soll – was hier aber gerade der Fall wäre.
    Insofern ist auch dieses Kapitel zwar vorläufig geklärt, aber keineswegs abschliessend!
  2. Nicht aber erlaubt ist mit dem BGH die weitere Abtretung samt Datenweitergabe über die einmalige Weitergabe hinaus: Der Bundesgerichtshof befürchtet hier eine unkontrollierbare Kettenweitergabe (ausdrücklich BGH, III ZR 227/11, Rn.16)

Es bleibt abzuwarten, wie das Thema sich entwickelt. Derzeit wird man mit Blick auf den BGH jedenfalls bei Abtretungsketten Inkassoforderungen wohl erfolgreich zurückweisen können. Sofern eine Forderung vom Diensteanbieter unmittelbar an den Inkassodienstleister abgetreten wird, begegnet das mit Blick auf den BGH wohl (noch) keinen durchgreifenden Bedenken, wobei die Meinung des EUGH abzuwarten bleibt.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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