Gutscheine: Vorsicht bei der Ausgabe von Gutscheinen

Gutscheine sind ein beliebtes Werbemittel, gleichwohl können sie auch zu erheblichen Problemen führen. Ein häufiger, bekannter Streitfall, ist die Diskussion über die Dauer, die ein Gutschein Gültigkeit behalten muss. Eine andere Frage ist aber, wie ein Gutschein überhaupt zu verstehen ist. Eine Fahrschule musste vor Gericht einsehen, dass sie hier einen ganz erheblichen Fehler gemacht hat. Ein mahnendes Beispiel für alle Unternehmer.

Zum Streit kam es unter folgenden Umständen: die Stief Eltern eines Kindes suchten eine Fahrschule auf um hier einen Gutschein zu erwerben. Die geführten Gespräche sind dem Inhalt nach streitig geblieben, jedenfalls aber wurde am Ende ein schriftlicher Gutschein ausgestellt der unter anderem folgenden Inhalt hatte:

„Gutschein über _____ Fahrstunden für die Klasse B zu je 45 Minuten für Buchstabe X. Die Kosten wurden spendiert von (Name der Eltern). Der Gutscheininhaber wird gebeten, diesen Gutschein vorzuzeigen, um dann die Termine zu vereinbaren. (Name der Fahrschule)“

In diesem Gutschein nun war die Zahl der Stunden tatsächlich nicht ausgefüllt. Als das Kind später den Ausbildungsvertrag bei der Fahrschule abgeschlossen hat, wurde in diesem Vertrag nirgendwo auf den Gutschein Bezug genommen. Später dann rechnete die Fahrschule eine Gesamtsumme von gut 3300 € ab und wollte hier lediglich den für den Gutschein gezahlten Betrag, 1800 €, in Anrechnung bringen. Die Tochter dagegen verwies dann darauf, dass es sich um einen Gutschein gehandelt hat der die gesamte Ausbildung umfasst und somit nichts mehr zu zahlen sein soll. Verständlicherweise war dies nicht im Sinne der Fahrschule, die den Differenzbetrag erstattet haben wollte. Letztendlich scheiterte die Fahrschule damit vor dem Amtsgericht Bocholt (21 C 65/13).

Das Gericht erkannte korrekt, dass eine Begrenzung des Gutscheines nirgendwo ersichtlich war. Insbesondere ist die Tatsache, dass man die Zahl der Stunden im Gutschein nicht ausgefüllt hat, nicht dahingehend zu verstehen, dass nur eine bestimmte vorhersehbare Menge an Stunden erfasst sein soll. Vielmehr ergibt sich aus Paragraph 305c Absatz 2 BGB dass Zweifel in allgemeinen Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders gehen. Im vorliegenden Fall war der Text des Gutscheines dabei problemlos als allgemeine Geschäftsbedingung einzustufen. Wenn dann auf Grund des nicht ausgefüllten Formulars unklar ist, wie weit der Gutschein gelten soll, so muss die Fahrschule sich dies gegen sich vorhalten lassen und es ist im Zweifel dann damit davon auszugehen, dass letztendlich der Gutschein unbegrenzt für die gesamte Ausbildung gilt. Auch stellte das Gericht klar, dass dies nicht zwingend gegen die Interessen der Fahrschule läuft. So ist nicht von Anfang an klar, wie viele Stunden ein Fahrschüler überhaupt benötigt. Und so kann es durchaus sein, dass bei guter Mischkalkulation bei manchen Gutschein am Ende weniger Stunden benötigt werden, als für den Gutschein dann gezahlt wird.

Die Fahrschule wollte dann am Ende noch darauf verweisen, dass ein pauschales Angebot wettbewerbswidrig wäre und insoweit ein derartiger Gutschein gar nicht zulässig sein könnte. Das Gericht ging hierauf gar nicht ein und verwies darauf, dass die wettbewerbsrechtliche Frage, die sich gegenüber Mitbewerbern stellt, nicht im Rahmen der vertraglichen Beziehungen zu Kunden eine Rolle spielen kann. Es verbleibt die vielmehr bei den üblichen Auslegungsregeln, die am Ende dazu führen, dass – vielleicht auch unfreiwillig – eine vollständige Ausbildung geschuldet war.

Hinweis: wie eingangs bemerkt ist also festzustellen, dass Gutscheine verständlicherweise als Werbemittel sehr beliebt sind. Dennoch müssen Unternehmen darauf achten, wie sie ihre Gutscheine formulieren. Neben wettbewerbsrechtlichen Fragen stellen sich dann eben auch vertragsrechtliche, wenn nämlich am Ende darum gestritten werden muss, was überhaupt geschuldet ist.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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