Glücksspiel im Internet: Strafbarkeit bei Black-Jack

Beim Amtsgericht München (1115 Cs 254 Js 176411/13) ging es um die Strafbarkeit eines Spielers im Internet, der bei einem Angebot das ohne behördliche Zulassung bereit gehalten wurde Black Jack gespielt hatte. Hierbei hatte er nicht unerhebliche Gewinne erzielt, die letztlich allerdings nicht bei ihm verblieben. Die Entscheidung ist rechtlich im Ergebnis korrekt, die Ausführungen des Strafrichters sind teilweise allerdings an der Grenze zum Lebensfremden.

Black-jack ist ein Glücksspiel

Das Gericht führt zur Frage ob ein vorliegt, aus:

Dass es sich bei Black Jack um ein sogenanntes Glücksspiel i. S. v. § 284 StGB handelt, ist in Rechtsprechung und Literatur eindeutig anerkannt und bedarf daher keiner weiteren Ausführungen. Ebenso ist offensichtlich, dass Glücksspiel im Internet einem nicht geschlossenen Personenkreis zugänglich gemacht wird, so dass auch das Merkmal der „öffentlichkeit“ erfüllt ist.

Das ist kurz und korrekt – „Black Jack“ ist ein solches Glücksspiel, Diskussionen an dieser Stelle sind schlicht Zeitverschwendung.

Weiss der Spieler von der Illegalität?

Interessant ist die subjektive Seite: Ist bei einem Spieler überhaupt ein Vorsatz vorhanden, weiss dieser dass das Spielen für den Spieler wirklich illegal ist? Das Gericht führt hierzu zwei Argumente an.

Nutzungsbedingungen des Anbieters

So liest man allen Ernstes beim Amtsgericht München folgendes:

Die Zeugin … berichtete weiter, dass ein Kollege von ihr im Selbstversuch die entsprechende Internetseite aufrief und dann mit Datum vom 16.04.2014 feststellte, dass man die Nutzungsbedingungen von „…“ akzeptieren muss, um zu einem kostenpflichtigen Spiel zu gelangen. Auf Seite 3 und 7 sei davon die Rede, das Internetglücksspiele in einigen Ländern unter Umständen verboten sind und die Services ausschließlich für Benutzer bestimmt sind, denen das Glücksspiel im Internet nicht durch die für sie geltenden Gesetze verboten ist. (…)

Der Angeklagte handelte auch bedingt vorsätzlich. Dies steht zur überzeugung des Gerichtes fest aufgrund der entsprechenden Hinweise in den Nutzungsbedingungen des „…“. Zwar datieren diese aus dem Jahr 2014 doch ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass diese im Jahr 2011 nicht anders lauteten. Zum einen liegt dem Casino selbst daran diese Hinweise zu erteilen um einer etwaigen Strafbarkeit der Spieler keinen Vorschub zu leisten, was möglicherweise auch auf das Casino zurückfallen könnte. Zum anderen war die Rechtslage auch 2011 ähnlich unübersichtlich in Europa, dass der entsprechende Hinweis seitens des Veranstalters dringend geboten war. Es mag zwar sein, dass der Angeklagte selbst keine Erkundigungspflicht hatte, spätestens jedoch mit Kenntnisnahme der Nutzungsbedingungen und dem entsprechenden Hinweis, wäre es an ihm gelegen, nähere Erkundigungen einzuziehen.

Da wird der Bogen der freien richterlichen Überzeugung dann doch arg überspannt: So weiss das Gericht ausdrücklich gerade nicht, wie die Nutzungsbedingungen zum Tatzeitpunkt lauteten. Aber weil die Rechtslage zum tatzeitpunkt unklar war (somit gerade keine Strafbarkeit im Raum stand!) soll der Hinweis nach Vermutung des Gerichts auch 3 Jahre vorher gegeben worden sein. An dieser Stelle wird der Boden der Beweiswürdigung verlassen und nicht mehr nachvollziehbare Vermutungen ins Blaue hinein getätigt, auf deren Grundlage am Ende eine Verurteilung erfolgt.

Diese erschreckende Würdigung wird dann noch verschlimmert, indem vorgehalten wird, dass auf den Seiten 3 und 7 der Nutzungsbedinungen ein solcher Hinweis zu finden ist: Losgelöst davon, dass das Gericht nicht wissen kann, wo der Hinweis 3 Jahre vorher stand – es ist bekannt, dass kein Nutzer derartige Nutzungsbedingungen liest, geschweige denn auf Seite 7 von Nutzungsbedinungen im Detail Informationen sucht.

Angeklagter kann sich selbst informieren

Aber das Gericht führt dann auch noch weiter aus:

So ist gerichtsbekannt, dass allein unter der überschrift Glücksspiel im Internet unter der „Google“ sich die ersten vier Beiträge mit der Strafbarkeit von Glücksspielen im Internet beschäftigen, wobei jeweils erwähnt wird, dass zumindestens unter förmlicher Betrachtung die Teilnahme an Internetcasinos mit Glücksspielen strafbar ist. (…)

Wenn der Angeklagte in den Nutzungsbedingungen auf eine mögliche Strafbarkeit hingewiesen wird, diese Strafbarkeit durch einfachste Recherche im Internet deutlich vor Augen geführt wird und der Angeklagte unter Ignorierung dieser Umstände dennoch am Internetglücksspiel teilnimmt, so zeigt dies letztendlich seine , dass ihm eine mögliche Strafbarkeit egal ist, und er dies bewusst beiseite schiebt, da ihm die Teilnahme am Glücksspiel wichtiger erscheint. Damit ist in klassischer Weise der bedingte Vorsatz gegeben.

Auch dies ist in vielfacher Hinsicht angreifbar. So gehen bereits die Ausführungen zum Vorsatz an der Sache vorbei, denn das Gericht übersieht den rechtlichen Zusammenhang: So ist die Teilnahme an einem Internet-Glücksspiel (nur) dann strafbar, wenn keine behördliche Genehmigung für das Glücksspiel eingeholt wurde. Und nur die Teilnahme an einem solchen unerlaubten Glücksspiel ist unzulässig. Es ist damit zu Fragen, ob der Angeklagte vorsätzlich handelte einmal hinsichtlich der Teilnahme an einem Internet-Glücksspiel und auch dahingehend, dass dieses unerlaubt, also ohne behördliche Genehmigung, veranstaltet wurde.

Die Ausführungen des Gerichts zu „Google-Ergebnissen“ sind insoweit dann nutzlos, da zu fragen wäre, ob der Angeklagte durch eine einfache Google-Suche hätte in Erfahrung bringen müssen, dass eine behördliche Genehmigung entweder gar nicht möglich war oder dass dieser konkrete Anbieter keine Genehmigung hatte. Dass dann zu der naheliegenden Frage inwieweit ein (vermeidbarer) Verbotsirrtum vorlag keinerlei Ausführungen gemacht werden, rundet das Bild nur noch ab.

Verfall der Gewinne

Das Gericht ordnete den Verfall der Gewinne an, entsprechende Bargeldbestände wurden vorher sichergestellt. „Verfall“ bedeutet, dass das Geld dem Angeklagten nicht mehr zusteht.

Fazit

Die Entscheidung ist in der Begründung teilweise wenig überzeugend bis sogar schlecht abgefasst, allerdings darf dies nicht darüber hinwegtäuschen: Die grundsätzliche Strafbarkeit steht nicht zur Diskussion. Allerdings wird sich die nächste Instanz – es wurde Rechtsmittel eingelegt – sauberer mit Fragen des Vorsatzes auseinandersetzen müssen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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