Falsche Behauptungen gegenüber der Polizei: Strafbar?

Einbrüche sind (leider) Alltag: Ob in Geschäfte, Wohnungen oder Autos. Bei manchem ist die Versuchung gross, dieses Schadensereignis für eine finanzielle Aufbesserung zu nutzen, etwa wenn der sprichwörtliche Picasso zufällig im Kofferraum lag. Dabei sind zwei Ebenen zu unterscheiden: Die Äußerung des erlogenen Diebstahls gegenüber der Polizei und später gegenüber der Versicherung. Letzteres ist im Regelfall ein (sversuch), wenn man noch selber Sachen beiseite schafft und das meldet ein Fall des Versicherungsmissbrauchs (§265a StGB) – ersteres dagegen ist mitunter sehr kompliziert.

Viele Menschen haben zumindest schon einmal gehört, dass es eine „“ gibt. Die findet sich im §164 StGB und sieht dann eine Strafbarkeit vor, wenn man einen anderen gegenüber einer Behörde wider besseren Wissens einer Straftat verdächtigt. Wenn ich bei einem aufgebrochenem Auto behaupte, dass – entgegen der Wahrheit – mein im Kofferraum liegender Picasso entwendet wurde, mag man darüber nachdenken, dass damit ja eigentlich ein Dritter „verdächtigt“ wird, allerdings wird das im Regelfall (da kein Dritter konkretisiert ist) nicht vorliegen.

Wichtig ist, dass die falsche Verdächtigung wider besseren Wissens erfolgen muss! Es muss niemand Angst davor haben, dass er sich bei einer gewissenhaften selbst strafbar macht.

Aber: Es gibt auch noch den unbekannteren Tatbestand des „Vortäuschens von Straftaten“ (§145d StGB), der nicht irgendeinen Dritten schützt, sondern die Behörden davor schützen soll, mit erfundenen Anzeigen etc. „geflutet“ zu werden. Wer nun einen erfundenen gegenüber der Polizei behauptet, bewegt sich im Dunstkreis dieser Norm. Und dass das keine abstrakte Überlegung ist, zeigt ein aktueller Fall vor dem OLG Oldenburg (1 Ss 124/10) mit folgendem Sachverhalt:

Nach den Feststellungen des Berufungsurteils wurde am späten Abend des 21. November 2008 die untere Scheibe der gläsernen Eingangstür zum Geschäft des Angeklagten beschädigt, indem in sie ein – höchstens fußballgroßes – Loch geschlagen wurde. Ein Anwohner bemerkte dies sogleich und wartete auf das Eintreffen der von ihm informierten Polizei. Als diese eintraf, ließ sie zur Eigentumssicherung die untere Glasscheibe der Eingangstür vollständig herausschlagen und stattdessen eine Holzplatte anbringen. Am nächsten Tag gab der Angeklagte bei der Polizei an, es sei nicht nur die Türscheibe beschädigt, sondern auch Ware aus dem Geschäft entwendet worden. eine Aufstellung des Gestohlenen werde er nachreichen. Der ermittelnde Polizeibeamte änderte in der Ermittlungsakte daraufhin die Bezeichnung der Tat von „Sachbeschädigung“ in „schwerer Diebstahl“. Er entschied sich, am 25. November 2008 Ermittlungen am Tatort und durch Vernehmung des Angeklagten durchzuführen, traf diesen aber nicht an. Als er ihn am Folgetag als Zeugen vernahm, gab der sich gegen Einbruchsdiebstahl versichert glaubende Angeklagte bewusst wahrheitswidrig an, ihm seien durch die beschädigte Tür im Einzelnen bezeichnete Waren im Wert von insgesamt rund 9.500 € entwendet worden. Als ihm der Polizeibeamte vorhielt, dass nach den bisherigen Ermittlungen ein Einbruchsdiebstahl nicht stattgefunden haben könne, brach der Angeklagte die Vernehmung ab.

Also: Direkt strafbar gemacht? Nein, befindet das OLG Oldenburg – zu Recht. Denn wenn die Behörde von Anfang an weiß, dass nichts gestohlen wurde, entsteht kein (nennenswerter) Ermittlungsaufwand. Dies zu Verhindern ist aber gerade der Schutzgedanke des §145d StGB. Der Angeklagte kommt hier also noch einmal davon.

Was heisst das nun für den Alltag? Dem allzu menschlichen Trieb, aus einer Schadenssituation noch ein „Plus“ zu machen, schlicht widerstehen. Der Laie sagt sich hier nur zu gerne „versuchen kann man es ja mal“, was ein fataler Fehler ist. Gegenüber der Polizei warten bereits erste Straftatbestände, spätestens gegenüber der Versicherung ist sogar der Versuch bereits strafbar. Tückisch ist dabei, dass um die Strafbarkeit des Missbrauchs von Polizei & Staatsanwaltschaft sehr viel Unkenntnis herrscht.

Hinweis: Etwas anderes ist die Frage, ob man als Beschuldigter (nicht als !) immer die Wahrheit bzw. überhaupt etwas sagen muss. Hier gilt weiterhin der Grundsatz, dass sich niemand selbst belasten bzw. an seiner Überführung mitwirken muss. Für Sie sollte der Grundsatz gelten: Nicht selber „irgendwas machen“, vor allem nicht auf Grund von Beiträgen im Internet, sondern als Beschuldigter in einem immer sofort einen erfahrenen Rechtsanwalt aufsuchen.

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Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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