Persönlichkeitsrecht und Mietrecht: Mieter muss kein Anfertigen von Fotos für Inserat dulden

Das Amtsgericht Steinfurt (21 C 987/13) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob ein Mieter es hinnehmen muss, dass von „seiner“ Wohnung Fotos – während er diese bewohnt – Fotos für ein (Internet-)Inserat zum Verkauf gefertigt werden. Wohl aber hat er Besichtigungen von Kaufinteressenten hinzunehmen. Insoweit muss man überlegen, ob diese „Sieg“ vor Gericht wirklich nützlich war.

Kein Anspruch auf Fotografien

Das Gericht führt hierzu verständlich und zu recht aus:

Bei der Abwägung der vorgenannten Interessen ist zunächst zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin durch die Vermietung der Wohnung des unmittelbaren Besitzes freiwillig begeben und die Nutzung der Wohnung gegen Zahlung der Miete dem Beklagten überlassen hat. Dieser soll nach der freiwilligen Entscheidung der Klägerin die Wohnung grundsätzlich ungestört nutzen können. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Eingriff in die Privatsphäre durch die beabsichtigte Veröffentlichung im Internet nicht unerheblich ist, da die Fotografien damit einer unbestimmten Vielzahl von Betrachtern zugänglich gemacht werden. Die Bilder erlauben einen Einblick in die grundrechtlich geschützte Wohnung des Beklagten und seiner Familie, obgleich hierin gerade der grundrechtlich geschützte Rückzugsraum zu sehen ist.

Demgegenüber weist der Eingriff in das grundrechtlich geschützte Verwertungsrecht eine geringere Intensität auf. Auch wenn ein wesentlicher Teil der zu veräußernden Wohnungen mittlerweile über die allgemein bekannten Internetportale inseriert wird, geht es doch entschieden zu weit, eine Wohnung für fast unverkäuflich zu erklären, wie es die Klägerin macht, wenn diese nicht mit Fotos im Internet angeboten wird. Zunächst widerlegt sich die Klägerin insoweit selber, da durchaus Kaufinteressenten vorhanden waren und durch den Miteigentümer verschreckt wurden. Darüber hinaus entspricht es gerichtsbekannter Praxis, dass auch im Internet Wohnung nur mit Außenansichten und Grundrissen inseriert werden. Schließlich ist es nach wie vor üblich, dass Wohnungen in Zeitungen oder bei Maklern und nicht im Internet inseriert werden. Nicht dargetan ist, dass dies die Verwertung des Eigentums massiv erschwert.

Insgesamt ergibt sich für den konkreten Fall aus den vorgenannten Gründen ein Vorrang der Interessen des beklagten Mieters. Denn dieser wird durch die Fertigung und insbesondere Veröffentlichung der Fotos in seiner Privatsphäre nicht unerheblich betroffen, während die Klägerin lediglich geringfügig in ihrem Eigentum eingeschränkt wird. Ob die Abwägung anders zu treffen wäre, wenn die Fotos lediglich für ein auf Papier in kleiner Stückzahl gedrucktes Exposé gefertigt werden sollten, kann hier dahinstehen.

Besichtigungen müssen möglich sein

Anders dann bei den Besichtigungen durch Käufer:

Denn er hat zunächst unter Verletzung seiner vertraglichen Pflichten die Besichtigung der Wohnung durch Kaufinteressenten verweigert. Es besteht aber eine Pflicht des Mieters, die Besichtigung durch Kaufinteressenten zu ermöglichen (Staudinger/Emmerich, § 535 Rn. 100). Allein der Umstand, dass der Miteigentümer grundsätzlich einer Veräußerung an Dritte ablehnend gegenübersteht, ändert hieran nichts. Denn ein Verhalten des Miteigentümers, dass mit Ziff. III.3 der Teilungsvereinbarung möglicherweise nicht in Einklang zu bringen ist, entbindet den Mieter nicht von seinen Pflichten. Vielmehr bleibt es im Verhältnis der Mietparteien untereinander bei der vertraglichen Pflichtverteilung, soweit nicht die Grenze des Rechtsmissbrauchs erreicht wird. Denn anderenfalls hätte der Vermieter keine Möglichkeit, einen Anspruch auf Zustimmung zu einer Veräußerung durch den Miteigentümer einzufordern und gegebenenfalls durchzusetzen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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