Kaufrecht: Haftung des Futtermittelverkäufers für dioxinverdächtiges Tierfutter

Der hat sich in einer Entscheidung mit der Frage beschäftigt, ob dem Futtermittelverkäufer durch die in § 24 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs* angeordnete Gewähr für die „handelsübliche Unverdorbenheit und Reinheit“ eine verschuldensunabhängige Haftung für verunreinigtes Futtermittel auferlegt wird und ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen der Verkäufer auch für Schäden des Futtermittelkäufers haftet, die darauf beruhen, dass lediglich der Verdacht einer entsprechenden Verunreinigung des Futtermittels besteht.


Die Klägerin, eine Futtermittelherstellerin, belieferte den Beklagten im November 2010 mit Futtermitteln für seine Legehennenanlage. Bei einer Untersuchung anderer im selben Zeitraum hergestellter Futtermittel stellte die Klägerin eine Überschreitung der zulässigen Dioxinkonzentration fest, die sich auf eine Verunreinigung von zugekauften und von ihr verarbeiteten Fetten zurückführen ließ. Als das Ergebnis der Untersuchung Ende Dezember 2010 vorlag, hatte der Beklagte das gelieferte Futter bereits verfüttert. Über den Jahreswechsel 2010/2011 wurden zwei Ställe des Beklagten von dem zuständigen Landrat gesperrt. Die Klägerin erstattete dem Beklagten zwar den Schaden, der durch die Entsorgung der während der Handelssperre produzierten Eier entstand, nicht jedoch Umsatzeinbußen in Höhe von 43.438,29 €, zu denen es kam, weil auch nach Aufhebung der Handelssperre produzierte Eier nicht oder nur zu einem geringeren Preis vermarktet werden konnten. Mit ihrer verlangt die Klägerin für andere – mangelfreie – Futtermittellieferungen Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 20.067,68 €. Der Beklagte macht geltend, dass die Kaufpreisforderung durch Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch wegen der Umsatzeinbußen erloschen sei, und macht den weitergehenden Betrag im Wege der Widerklage geltend.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage zur Zahlung von 23.370,61 € verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Die Vorinstanzen sind der Auffassung gewesen, dass der Futtermittelverkäufer schon dann – ohne Rücksicht auf ein Verschulden – für einen Schaden des Käufers einzustehen habe, wenn der auf konkrete Tatsachen gestützte Verdacht einer Verunreinigung bestehe. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch und ihren auf Abweisung der Widerklage gerichteten Antrag weiter.

Die Revision hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Verkäufer zwar für Schäden, die dem Futtermittelkäufer infolge einer tatsächlichen Überschreitung der zulässigen Dioxinkonzentration im Futtermittel entstanden sind, gemäß § 280 Abs. 1 BGB, § 24 LFGB (aF) verschuldensunabhängig haftet. Eine solche Haftung verwirklicht das Ziel des Gesetzgebers, die Rechte eines Futtermittelkäufers gegenüber der verschuldensabhängigen kaufrechtlichen Sachmängelhaftung zu stärken, um unzulässige Belastungen von Futtermitteln als erstes Glied der Lebensmittelkette schon auf der ersten Produktionsstufe zu vermeiden und Futtermittelunternehmer auf diese Weise zu veranlassen, auch die Qualität ihrer rückwärtigen zu sichern. Die verschuldensunabhängige Haftung verletzt den Veräußerer des Futtermittels weder in seiner Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) noch verstößt sie gegen das allgemeine Gleichheitsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG). Eine tatsächliche Belastung des im vorliegenden Fall gelieferten Futtermittels mit Dioxin hat das Berufungsgericht jedoch bislang nicht festgestellt.

Dagegen hat die Klägerin für Schäden, die lediglich aufgrund des Verdachts einer unzulässigen Dioxinverunreinigung des Futtermittels entstanden sind, nur nach allgemeinen Grundsätzen gemäß § 434 Abs. 1, § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 BGB** einzustehen. Der auf konkrete Tatsachen gestützte, naheliegende und durch zumutbare Maßnahmen nicht zu beseitigende Verdacht einer unzulässigen Verunreinigung stellt zwar, wie die Vorinstanzen zutreffend angenommen haben, einen der gelieferten Futtermittel dar, wenn die unter Einsatz des Futtermittels produzierten Lebensmittel (hier: Eier) aufgrund des Verdachts unverkäuflich werden.

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Für Schäden, die hierdurch entstehen, haftet der Verkäufer jedoch nur, wenn er den in dem Verdacht liegenden Mangel zu vertreten hat. Sein Verschulden wird gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet; die Vermutung kann allerdings widerlegt werden. Die verschuldensunabhängige Haftung gemäß § 24 LFGB (a.F.) greift im Falle eines bloßen Verdachts auf eine unzulässige Verunreinigung dagegen nicht ein, weil es sich um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift handelt.

Die Klägerin haftet daher für die geltend gemachten Schäden nur dann, wenn entweder die Verunreinigung des von ihr gelieferten Futters nachgewiesen wird oder der Klägerin ihrerseits nicht der Nachweis gelingt, dass sie den Verdacht der Futtermittelverunreinigung nicht zu vertreten hat. Hierzu bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen.

Urteil vom 22. Oktober 2014 – VIII ZR 195/13 (Quelle: Pressemitteilung)

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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