Minderung & Rücktritt im Kaufrecht: Erklärung von Minderung hindert den Rücktritt

Verhältnis von Minderung und : Der (VIII ZR 26/17) hat im Mai 2018 das Verhältnis von Minderung und Rücktritt derart klargestellt, dass nach erklärter Minderung kein Weg mehr zum (grossen) Schadensersatz oder dem Rücktritt eröffnet ist. Das bedeutet, nach Zugang einer wirksam ausgeübten Minderung des Kaufpreises ist der Käufer daran gehindert, von der Minderung im Nachhinein wieder Abstand zu nehmen. Die Minderung ist, so der BGH, ein Gestaltungsrecht und nach wirksamem Zugang liegt eine nicht mehr zu beseitigende Gestaltungswirkung der Minderung vor.

Es ist damit mit dem BGH nicht mehr möglich, nach erklärter Minderung auf den großen Schadensersatz zu wechseln oder den Rücktritt vom zu erklären. Denn der Käufer hat mit der wirksamen Ausübung der Minderung zugleich das ihm vom Gesetzgeber eingeräumte Wahlrecht zwischen Festhalten am und Lösen vom Kaufvertrag „verbraucht“.

Wahlpflicht zwischen Minderung und Rücktritt

Die Minderung ist ein Gestaltungsrecht und wird mit ihrem Zugang wirksam. Der die Minderung Erklärende ist hieran nunmehr gebunden, er kann hiervon nach wirksamer Erklärung keinen Abstand mehr nehmen. Dies, da hierdurch das bisher bestehende Schuldverhältnis unumkehrbar umgestaltet wird. Dies entspricht der Vorgabe des BGB, die so zu verstehen ist, dass man sich einmalig – und dann bindend – entscheiden muss zwischen dem Festhalten an dem Vertrag und der Loslösung vom Vertrag. Wer die Minderung erklärt, der erklärt am Vertrag festhalten zu wollen und kann dann nicht mehr zur Loslösung wechseln. Nach einmal erklärter Minderung ist ein Rücktritt vom Kaufvertrag also nicht mehr möglich, wie nun durch den BGH abschliessend klar gestellt wurde.

Diese Entscheidung mag man durchaus kritisch sehen: Zu Recht verweist Stöber (so in NJW 2017, 2795ff.; NJW 2018, 2834ff.) darauf, dass hier in Teilen dogmatisch wenig überzeugend argumentiert wird – unstreitig war ein Wechsel vom großen Schadensersatz auf die Minderung nicht möglich, anders herum gleichwohl der Weg eröffnet. Anders sehen dies wohl Müller/Mertems in MDR 2018, S.970ff. Hinsichtlich der dogmatischen Ausführungen möchte ich auf die Besprechungen verweisen, aus meiner Sicht sind diese ausreichend um die Diskussion zu vertiefen – letztlich hat sich der BGH nun festgelegt, andere Auffassungen dürften eher akademischer Natur sein.

Es muss daher gut überlegt werden, welcher Weg im Zuge der Gewährleistungsrechte beschritten wird, ein voreiliger Schritt kann hier fatale Auswirkungen haben, da man dauerhaft an seine Entscheidung gebunden ist. Nicht ohne Grund gibt es insoweit die vorherige zwingende Fristsetzung zur Nacherfüllung, auf die Art wird eine Art Überlegensfrist durch das Gesetz sicher gestellt. Doch Vorsicht: Hier geht es darum, dass gestützt auf den gleichen Mangel die Erklärung geändert werden soll – anders wird es sein, wenn weitere Mängel auftreten bzw. bekannt werden!

Keine Minderung nach Rücktritt

Vorliegend hat sich Der Bundesgerichtshof ausdrücklich nur zum Wechsel von Minderung auf Rücktritt geäußert – man könnte sich also Fragen, ob andersherum denn eine Minderung nach einem erklärten Rücktritt möglich ist. Das möchte ich verneinen, da – wie dargestellt – Minderung und Rücktritt bzw. grossem Schadensersatz in einem Ausschlussverhältnis stehen, die Wahl zwischen beidem wird einmal getroffen und ist unumkehrbar, anders machen die Ausführungen des BGH keinen Sinn, erst Recht beim Rücktritt mit dem sich das Schuldverhältnis in ein Rückabwicklungsverhältnis wandelt (was insoweit auch schon früher vertreten wurde).

Allerdings ist hier daran zu denken, dass bei einer unwirksamen Rücktrittserklärung gerade kein Rückabwicklungsverhältnis entstehen kann, mithin das Wahlrecht nicht ausgeschlossen wird. Die Frage, ob ein Rücktritt überhaupt wirksam erklärt wurde ist damit also zwingend zu prüfen.

Verhaltensweisen bei der Wahl zwischen Minderung und Rücktritt

Die Situation kann undankbar sein, etwa wenn man einen Mangel als nicht erheblich genug für einen Rücktritt einstuft, darum Minderung erklärt und später der Mangel anders zu beurteilen ist – die Bindung greift hier, da es sich um einen umbeachtlichen Motivirrtum handelt wird, man ist an seine Wahl also gebunden und frustriert.

Aus meiner Sicht mag es sinnvoll sein, als erstes zu prüfen, inwieweit ein Rücktritt kombiniert mit hilfsweiser Minderung sinnvoll sein könnte, um prozessual dann umgehend den Antrag umstellen zu können, wenn die Rücktrittserklärung unwirksam war. Ebenso muss die weitere Entwicklung im Auge behalten werden und bei neu auftretenden Mängeln im Blick gehalten werden, dass sich hier das Wahlrecht erneut eröffnet. Wer ansonsten dann direkt die Minderung erklärt hat und hier gebunden ist, aber weitere Zahlungen neben der Preisminderung wünscht, der hat durchaus Optionen:

  • Sowohl Mangelfolgeschäden als auch zusätzliche Vermögenseinbußen stehen im Zuge des Schadensersatzes neben der Minderung zur Seite
  • In manchen Fällen kann im Raum stehen, dass der nach §441 (3) BGB zu berechnende Minderungsbetrag hinter dem (objektiven) Minderwert der Kaufsache zurückbleibt. Diese Differenz kann möglicherweise im Zuge des kleinen Schadensersatzes geltend gemacht werden.

Man sieht also, dass die einmal getroffene Wahl zwischen Minderung und Rücktritt kein Beinbruch sein muss. Jedenfalls von „Schnellschüssen“ bei der Wahl sollte man absehen. Bei der Entscheidungsfindung mag es helfen, das positive Interesse in den Fokus zu setzen und sich (wieder) mehr auf die Frage zu konzentrieren, ob überhaupt noch ein Interesse an der Hauptleistung besteht.

Aus der Entscheidung des BGH zum Ausschlussverhältnis von Minderung und Rücktritt

„Mit der Minderung des Kaufpreises erklärt ein Käufer zugleich, die Kaufsache trotz des betreffenden Mangels – zu einem herabgesetzten Kaufpreis (§ 441 Abs. 3 BGB) – behalten und insoweit am Kaufvertrag festhalten zu wollen. Dies ergibt sich aus dem Regelungsgehalt und der Zielsetzung des dem Käufer vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Minderungsrechts (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 223)

(a) Das Sachmangelgewährleistungsrecht der §§ 434 ff. BGB verlangt dem Käufer einer mangelhaften Sache, der den Verkäufer vergeblich zur Nacherfüllung (§ 439 BGB) aufgefordert hat oder hierzu ausnahmsweise nicht verpflichtet war, die grundlegende Entscheidung ab, ob er den Kaufvertrag (unter Liquidation entstandener Vermögenseinbußen) weitergelten lassen oder ob er sich von diesem – was regelmäßig nur unter strengeren Voraussetzungen möglich ist (vgl. etwa § 323 Abs. 5 Satz 2, § 281 Abs. 1 Satz 3 BGB) – lösen will. Dafür stehen ihm jeweils zwei Wege zur Verfügung. Will er die Kaufsache behalten, kann er entweder durch eine Gestaltungserklärung den Kaufpreis unter den Voraussetzungen des § 437 Nr. 2, § 441 BGB mindern oder im Wege der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches statt der Leistung gemäß § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB die Liquidation des Minderwerts erreichen (sogenannter kleiner Schadensersatz, BT-Drucks. 14/6040, S. 225 f.; siehe bereits BGH, Urteile vom 22. November 1985 – V ZR 220/84, BGHZ 96, 283, 287; vom 23. Juni 1989 – V ZR 40/88, BGHZ 108, 156, 160 [jeweils zu § 463 BGB aF]). Sofern er zusätzliche, durch die erklärte Minderung nicht ausgeglichene Schäden erlitten hat, kann er auch – wie oben unter II 2 c aa bereits ausgeführt – die Gewährleistungsrechte der Minderung und des kleinen Schadensersatzes nach § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB miteinander kombinieren (BGH, Urteil vom 27. Mai 2011 – V ZR 122/10, aaO)

Will er sich hingegen vom Kaufvertrag lösen, kann er entweder den Rücktritt vom Vertrag nach § 437 Nr. 2, § 323 BGB erklären oder aber Schadensersatz statt der ganzen Leistung nach § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 3 BGB fordern, der auf Ersatz des dem Käufer durch die Nichterfüllung des gesamten Vertrages entstandenen Schadens gerichtet ist und das Entfallen der Leistungspflicht (§ 281 Abs. 4 BGB) sowie die Rückgewähr bereits erbrachter Leistungen (§ 281 Abs. 5 i.V.m. §§ 346 ff. BGB) zur Folge hat (großer Schadensersatz, BT-Drucks. aaO; siehe bereits BGH, Urteile vom 22. November 1985 – V ZR 220/84, aaO; vom 23. Juni 1989 – V ZR 40/88, aaO, S. 159 [jeweils zu § 463 BGB aF])

(b) Der Käufer, der wirksam von dem Gestaltungsrecht der Minderung Gebrauch macht, bringt deshalb – in Anbetracht des Inhalts, den der Gesetzgeber diesem Gewährleistungsrecht beigemessen hat – seinen Willen zum Ausdruck, die Kaufsache trotz des ihr anhaftenden Mangels zu behalten und an dem Kaufvertrag mit dem durch die Herabsetzung des Kaufpreises wiederhergestellten Äquivalenzverhältnis festzuhalten (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 223; in diesem Sinne auch NK-BGB/Büdenbender, aaO Rn. 92; BeckOK-BGB/Faust, aaO). Diese Erklärung ist integraler Bestandteil der Gestaltungswirkung der Minderung und mithin ab dem Wirksamwerden dieses Gestaltungsrechts für den Käufer bindend. Die Klägerin hat daher – das Vorliegen eines Sachmangels unterstellt – mit der Zustellung ihrer in der Klageschrift ausgesprochenen Minderungserklärung verbindlich zum Ausdruck gebracht, den Kaufvertrag nicht rückgängig machen, sondern das (ihrer Auffassung nach) mit dem Mangel herstellungsbedingter Fehleranfälligkeit behaftete Fahrzeug zu einem reduzierten Kaufpreis behalten zu wollen

(2) Mit dieser Entscheidung, an dem Kaufvertrag festzuhalten, ist es jedoch – worauf die Revision mit Recht hinweist – unvereinbar, dass ein Käufer, wie vorliegend die Klägerin, nach erfolgter Minderung des Kaufpreises, deren Wirksamkeit im Revisionsverfahren zu unterstellen ist, unter Berufung auf denselben Mangel Schadensersatz statt der ganzen Leistung (§ 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 3 BGB) und damit die Rückabwicklung des Kaufvertrages (§ 281 Abs. 5 i.V.m. §§ 346 ff. BGB) begehrt

(a) Die auf gegenläufige Ziele – Festhalten am Vertrag oder Lösen vom Vertrag – ausgerichteten Gewährleistungsrechte der Minderung (§ 441 BGB) und des Rücktritts (§ 323 BGB) hat der Gesetzgeber – wie bereits oben unter II 2 c bb (1) ausgeführt – als Gestaltungsrechte ausgeformt, die dem Käufer nur alternativ zur Verfügung stehen. Dies kommt nicht nur in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 14/6040, S. 223) zum Ausdruck, sondern hat auch im Gesetz an mehreren Stellen Niederschlag gefunden. So kann der Käufer gemäß § 437 Nr. 2 BGB entweder vom Vertrag zurücktreten „oder“ den Kaufpreis mindern. Dementsprechend sieht § 441 Abs. 1 Satz 1 BGB vor, dass der Käufer „statt zurückzutreten“ den Kaufpreis mindern kann

(b) Wie bereits oben unter II 2 c bb (1) ausgeführt, stellt der Gesetzgeber dem Käufer aber nicht nur bei den in § 437 Nr. 2 BGB aufgeführten Gestaltungsrechten der Minderung und des Rücktritts zwei Rechte mit gegenläufigen Zielsetzungen (Festhalten am Vertrag bei Ausgleich des mangelbedingten Minderwerts einerseits oder Rückabwicklung des Kaufvertrags unter Rückgewähr der beiderseitigen Leistungen anderseits) zur Auswahl. Auch bei den in § 437 Nr. 3 BGB genannten Ansprüchen auf kleinen Schadensersatz (§ 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB) und auf großen Schadensersatz (§ 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 BGB) wird dem Käufer die Wahl zwischen den gegensätzlichen Alternativen abverlangt, ob er am Vertrag festhalten und den Minderwert (ggf. neben weiteren Schäden) liquidieren (sogenannter kleiner Schadensersatz) oder Rückgängigmachung des Vertrags (sogenannter großer Schadensersatz) beanspruchen will (BT-Drucks. 14/6040, S. 225 f.)

Dieser Gleichlauf der „Polarität“ (Unvereinbarkeit) sowohl zwischen Rücktritt und Minderung einerseits als auch zwischen großem und kleinem Schadensersatz andererseits schließt nach einer wirksam erklärten Minderung (§ 441 Abs. 1 Satz 1 BGB) nicht nur einen Rücktritt, sondern überdies auch einen – ebenso wie der Rücktritt auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gerichteten – Anspruch auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung gemäß § 281 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 BGB aus (so im Ergebnis auch NK-BGB/Dauner-Lieb/Dubovitskaya, aaO, § 325 Rn. 11; NK-BGB/Büdenbender, aaO; BeckOK-BGB/Faust, aaO; Palandt/Grüneberg, aaO, § 281 Rn. 41; Althammer/Löhnig, AcP 205 (2005), S. 520, 540; Lögering, MDR 2009, 664, 666; offen gelassen bei BGH, Urteil vom 19. Januar 2017 – VII ZR 235/15, aaO Rn. 49 [zu § 638 BGB]). Denn mit der im Wege einer Minderung abgegebenen Erklärung des Käufers, er wolle am Vertrag festhalten und (lediglich) den Kaufpreis wegen des mangelbedingten Minderwerts der Kaufsache angemessen herabsetzen, ist es unvereinbar, dass er stattdessen oder zusätzlich hierzu großen Schadensersatz nach § 281 Abs. 1 Satz 3 BGB verlangt, welcher nach § 281 Abs. 5 in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB die Rückabwicklung des Vertrages zur Folge hätte. Andernfalls könnte der Gläubiger, der die Minderung bereits erklärt und sich mit dieser ihn bindenden Gestaltungserklärung für ein Festhalten am Vertrag entschieden hat, diese Entscheidung noch revidieren (vgl. NK-BGB/Dauner-Lieb/Dubovitskaya, aaO; Althammer/Löhnig, aaO; Lögering, aaO). Dies wäre indes weder mit der bindenden Gestaltungswirkung der Minderung (siehe dazu oben unter II 2 b) noch mit der vom Gesetzgeber in § 437 Nr. 2 und Nr. 3 BGB vorgegebenen Alternativität zwischen einem Festhalten am Vertrag und einer Rückgängigmachung des Vertragsverhältnisses in Einklang zu bringen. Ein Käufer, der sich hinsichtlich eines Mangels für eine Minderung entschieden hat, hat diesbezüglich sein Wahlrecht insofern „verbraucht“ als, dass er eine Rückgängigmachung des Kaufvertrags weder in Form eines Rücktritts noch als großen Schadensersatz beanspruchen kann

(c) Übereinstimmend mit den oben aufgezeigten Grundsätzen hat es der Bundesgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung dem Gewährleistungsgläubiger nach einer erfolgten Minderung (§ 437 Nr. 2, § 441 Abs. 1 Satz 1 BGB) stets nur gestattet, ergänzend hierzu Schadensersatz statt der Leistung in Form des Festhaltens am Vertrag unter Ausgleich des Minderwerts und etwaiger weiterer mangelbedingter Vermögenseinbußen (sogenannter kleiner Schadensersatz; § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB) geltend zu machen (vgl. BGH, Urteile vom 27. Mai 2011 – V ZR 122/10, aaO Rn. 16 [kleiner Schadensersatz neben Minderung]; vom 19. Januar 2017 – VII ZR 235/15, aaO [zu § 638 BGB]; vgl. außerdem BGH, Urteil vom 5. November 2010 – V ZR 228/09, NJW 2011, 1217 Rn. 35 [kleiner Schadensersatz statt fehlgeschlagener Minderung]; Beschluss vom 22. September 2016 – V ZR 4/16, NJW 2017, 893 Rn. 26 ff. [Minderung nebst kleinem Schadensersatz]). Denn Minderung und sogenannter kleiner Schadensersatz beruhen auf der – insoweit deckungsgleichen – Entscheidung des Käufers, die Liquidation der ihm durch den Mangel entstandenen Nachteile unter Beibehaltung der Kaufsache herbeizuführen (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 223, 225 f.). Insofern schließt eine vom Käufer erklärte Minderung einen solchen Schadensersatz nicht aus

(d) Demgegenüber lässt eine im Schrifttum vereinzelt vertretene Auffassung die dargestellte, der Vorschrift des § 437 Nr. 2 und Nr. 3 BGB zugrunde liegende Konzeption außer Acht, wenn sie meint, der Käufer sei durch eine bereits erklärte Minderung deshalb nicht an der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs statt der ganzen Leistung gehindert, weil der Minderungsbetrag letztlich im Schadensersatz statt der ganzen Leistung „enthalten“ sei und der Übergang zum großen Schadensersatz deshalb keine Rückgängigmachung einer bereits eingetretenen Änderung der Rechtslage, sondern eine bloße „Erweiterung“ der mit der Minderung herbeigeführten, weniger weitreichenden Änderung darstelle (so Stöber, NJW 2017, 2785, 2788; BeckOGK/Stöber, BGB, Stand: 1. November 2017, § 441 Rn. 22). Die genannte Auffassung meint, durch ein solches Vorgehen würden lediglich gemäß § 281 Abs. 4 BGB die von der Minderung unangetastet gebliebenen Restleistungspflichten aufgehoben (ähnlich auch Staudinger/Schwarze, aaO Rn. 49)

Diese Konstruktion ist jedoch dogmatisch verfehlt, weil eine Rückabwicklung des Vertrages die von einer zuvor bereits wirksam gewordenen Minderung ausgehende Gestaltungswirkung nicht „erweitert“, sondern die mit ihr getroffene Käuferentscheidung, am Vertrag (zu einem herabgesetzten Kaufpreis) festzuhalten, aufhebt und in ihr Gegenteil verkehrt. Sie nimmt weder die einer ausgeübten Minderung anhaftende Bindungswirkung noch den Umstand ausreichend in den Blick, dass sich der Käufer hierdurch – unter „Verbrauch“ seines Wahlrechts zwischen Festhalten am oder Loslösung vom Vertrag – für die Fortgeltung des Kaufvertrags unter Ausgleich des Minderwerts entschieden hat

d) Schließlich lässt sich entgegen der Annahme des Berufungsgerichts aus der von ihm bemühten Analogie zu § 325 BGB eine Berechtigung der Klägerin nicht ableiten, sich von ihrer in der Klageschrift – bei unterstellter Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs wirksam – erklärten Minderung (§ 437 Nr. 2, § 434 Abs. 1, § 441 Abs. 1 Satz 1 BGB) wieder zu lösen und stattdessen zu einem auf den sogenannten großen Schadensersatz gerichteten Anspruch (§ 437 Nr. 3, § 434 Abs. 1, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 BGB) überzugehen.“

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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