Leben die Eltern wegen ihrer Scheidung oder einer Zerrüttung ihrer Beziehung getrennt, kommt der Geschwisterbindung der Kinder eine besondere Bedeutung zu. Bei der Frage des Aufenthaltsrechts ist ein Zusammenleben von Geschwistern eventuellen besseren häuslichen Bedingungen bei einem Getrenntleben vorzuziehen.
Dies entschied das Oberlandesgericht (OLG) Dresden im Fall eines geschiedenen Ehepaares mit zwei Kindern. Der Vater lebte mit dem siebzehn Jahre alten Sohn weiterhin in dem ehemaligen Einfamilienhaus in dörflicher Umgebung mit Garten. Die Mutter zog zusammen mit der neun Jahre alten Tochter zu ihrem neuen Lebensgefährten in eine Mietwohnung in der Stadt. Das Familiengericht übertrug dem Vater auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Tochter. Hiergegen legte die Mutter erfolglos Beschwerde ein.
Das OLG wies darauf hin, dass in der für die Kinder „krisenhaften Situation“ die fortbestehende Geschwisterbeziehung als Stärke und Halt herausragendes Gewicht gewinnt. Ein Zusammenleben der Geschwister war daher höher zu bewerten als eventuelle „Annehmlichkeiten“ wie z.B. ein eigenes Zimmer mit Fernsehapparat, die hier im Falle eines Getrenntlebens möglich gewesen wären (OLG Dresden, 10 UF 433/02).