Strohmann-Geschäftsführer

Strohmann- und die Konsequenzen der Bestellung als Strohmann-geschäftsführer: Besonders kritisch ist der Strohmann-geschäftsführer beim Vorwurf des Vorenthaltene und Veruntreuen von Arbeitsentgelt. Der (3 StR 352/16) konnte sich zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Strohmann-Geschäftsführers äussern und feststellen, dass – entgegen mancher OLG-Rechtsprechung – hier ungeachtet der Regelungen im Innenverhältnis der -Geschäftsführer für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Pflichten zu sorgen hat.

Dazu auch: Wann ist man faktischer Geschäftsführer

Allgemeines zur Haftung des Strohmann-Geschäftsführers

Gründe für die Bestellung eines Strohmann-Geschäftsführers gibt es viele – eventuell hat der tatsächliche, der faktische Geschäftsführer, schlicht ein Berufsverbot, kann aktuell das Geschäftsführeramt wegen einer Vorstrafe nicht ausüben; eventuell hat man auch einen so schlechten Ruf oder Bonität, dass man als Geschäftsführer nicht taugt. Und zu guter Letzt: Vielleicht glaubt man auch, sich als der strafrechtlichen Haftung entziehen zu können. Dabei haften am Ende im Regelfall beide: Strohmann-Geschäftsführer und faktischer Geschäftsführer.

Die Bestellung als Geschäftsführer – auch als rein formal existierender so genannter „Strohmann-Geschäftsführer“ – kann eine strafrechtliche Verantwortlichkeit im Sinne des § 14 StGB begründen. So begründet schon allein die Stellung als formeller Geschäftsführer dessen Verantwortlichkeit als Organ der Gesellschaft nach außen, was insbesondere auch ihre Einstandspflicht für die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten einschließt (siehe BGH, 5 StR 16/02).

Die Verantwortlichkeit des formellen Geschäftsführers entfällt nicht dadurch, dass ihm – als sog. „Strohmann“ – keine bedeutsamen Kompetenzen übertragen wurden

BGH

Dabei entlastet es den Strohmann-Geschäftsführer gerne nicht, dass es neben ihm den tatsächlich handelnden faktischen Geschäftsführer gibt – vielmehr begründet gerade das seine Haftung mit dem BGH: Denn der formelle Geschäftsführer, der einen faktischen neben sich gewähren lässt, ist nach der Rechtsprechung aber wie ein Delegierender zu behandeln (BGH, 5 StR 16/02 und 5 StR 595/19).

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Hinsichtlich des die operativen Unternehmensaufgaben wahrnehmenden faktischen Geschäftsführers treffen ihn infolgedessen Überwachungspflichten, die er insbesondere dann verletzt, wenn er Anhaltspunkte für dessen Fehlverhalten hatte und nichts unternimmt, wobei sich diese Verdachtsmomente nicht unmittelbar auf die Verletzung sozialversicherungsrechtlicher Pflichten zu beziehen brauchen. Dies begründet seinen Vorsatz (BGH, 5 StR 122/19 und 5 StR 16/02). Bei der konkreten strafrechtlichen Verantwortlichkeit kommt es dann auf den Einzelfall an:

Selbst wenn der Geschäftsführer hinnimmt, daß sich ein faktischer Geschäftsführer etablieren kann, führt dies nicht zwangsläufig zu einer Zurechenbarkeit von dessen Straftaten. Auch insoweit ist die strafrechtliche Schuld nach allgemeinen Grundsätzen festzustellen.

Der formelle Geschäftsführer handelt demnach nur dann vorsätzlich pflichtwidrig im Sinne des § 266a StGB, wenn er Anhaltspunkte für eine unzureichende Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Pflichten durch den faktischen Geschäftsführer erlangt und dennoch nicht die notwendigen Maßnahmen ergriffen hat (…) Es kann nach den Umständen des Einzelfalls auch ausreichen, wenn für den formellen Geschäftsführer schon Anzeichen dafür bestehen, daß die Verbindlichkeiten nicht ordnungs- gemäß erfüllt werden

BGH, 5 StR 16/02

Es mag nach leicht verdientem Geld klingen, schlicht seinen Namen herzugeben und dann für kleines Geld Geschäftsführer zu sein ohne etwas tun zu müssen – doch damit fängt der Ärger eben erst an: Man muss sich bereits fragen, warum jemand das überhaupt wünscht. Mir sind aus Wirtschaftsstrafverfahren „Dienstleistungen“ bekannt, die in einem „Full-Service-Paket“ sowohl GmbH als auch (ausländischen) Geschäftsführer gegen einen Pauschalpreis anbieten. Da wird dann der nicht einmal Deutsch sprechende Strohmann-Geschäftsführer zum Notartermin eingeflogen, erhält Bargeld für seine „Leistung“ und wird danach wieder nach Hause verschifft. In einem besonders krassen Fall hatte ein Notar augenscheinlich sogar ignoriert, dass der Strohmann-Geschäftsführer nicht einmal verstehen konnte worum es überhaupt ging in dem Notartermin. Letztlich ist es aber nie eine Entlastung – es haften am Ende im Regelfall schlicht beide Geschäftsführer: Strohmann und faktischer Geschäftsführer.

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Jens Ferner

Strafverteidiger

Strafrechtliche Haftung des Strohmann-Geschäftsführers für Sozialversicherungsbeiträge

Diese Pflicht trifft ihn, gleichgültig ob es sich um einen Strohmann-Geschäftsführer handelt und losgelöst davon, ob es daneben noch einen faktischen Geschäftsführer gibt:

Schon allein die Stellung als formeller Geschäftsführer begründet nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB dessen Verantwortlichkeit als Organ der Gesellschaft nach außen, was insbesondere auch die Einstandspflicht für die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten wie das Abführen von Sozialversicherungsbeiträgen einschließt. Dies gilt auch dann, wenn für die Gesellschaft eine Person mit so weitreichenden Handlungskompetenzen auftritt, dass sie ihrerseits als faktischer Geschäftsführer anzusehen ist (…)

Die Verantwortlichkeit des formellen Geschäftsführers entfällt nicht dadurch, dass ihm – als sog. „Strohmann“ – rechtsgeschäftlich im Innenverhältnis keine bedeutsamen Kompetenzen übertragen wurden, um auf die rechtliche und wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschaft Einfluss zu nehmen (…) Es trifft nicht zu, dass er in diesem Fall nur mit dem sich aus der Bestellung ergebenden Rechtsschein ausgestattet wäre. Denn der Geschäftsführer, der formal wirksam bestellt ist, hat von Gesetzes wegen stets alle rechtlichen und damit auch tatsächlichen Handlungsmöglichkeiten. Dementsprechend knüpft § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB die Verantwortlichkeit an die Organstellung, nicht – auch – an das regelmäßig zugleich bestehende dienstvertragliche Anstellungsverhältnis (…)

Ebenso wenig ist dem „Strohmann“-Geschäftsführer die gebotene Abführung der Sozialversicherungsbeiträge mangels Kompetenzen tatsächlich unmöglich (…) Stehen die tatsächlichen Verhältnisse hinter seinen rechtlichen Befugnissen zurück, so kann und muss der Geschäftsführer gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen, um seinen Einfluss geltend zu machen, anderenfalls er gehalten ist, sein Amt niederzulegen


Zivilrechtliche Haftung des Strohmann-Geschäftsführers für Sozialversicherungsbeiträge


Das OLG Celle (9 U 3/17) hat zivilrechtlich unter Rückgriff auf diese Entscheidung des BGH dann später bestätigt, dass auch ein Geschäftsführer, der als Strohmann fungiert, die Wahrnehmung seiner Kompetenzen Dritten überlässt und sich um die Ausgestaltung der Beschäftigungsverhältnisse der Mitarbeiter der Gestaltung nicht kümmert, wegen der Vorenthaltung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung haftet und die Nichtabführung (im Sinne bedingten Vorsatzes) zumindest in Kauf nimmt.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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