Wettbewerbsrecht: Wann liegt eine geschäftliche Handlung vor?

Wann liegt eine geschäftliche Handlung im Wettbewerbsrecht vor? Die Frage ist recht einfach beantwortet, da die Rechtsprechung diesen Begriff sehr weit auslegt. Unter den Begriff „geschäftliche Handlung“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG fällt

  • jedes Verhalten einer Person
  • zu Gunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens,
  • bei oder nach einem Geschäftsabschluss,
  • das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrages über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt.

Unter diesen weiten Begriff der geschäftlichen Handlung fallen insbesondere Veröffentlichungen auf einer Internetseite, wenn die insoweit gegebenen Informationen der Förderung und des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen zuträglich sind. Unerheblich ist dabei mit der Rechtsprechung insbesondere, ob mit den Texten Einnahmen erzielt werden, wenn jedenfalls Rückschlüsse auf zu ansonsten angebotene Dienstleistungen für den Leser möglich sind (zu alledem siehe nur Landgericht Düsseldorf, 12 O 69/18).

Unentgeltliche Tätigkeit schliesst geschäftliche Handlung nicht aus

Die Frage, ob ein Handeln vorrangig der Förderung des eigenen oder fremden Absatzes oder Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder aber anderen Zielen dient, ist also mit der Rechtsprechung aufgrund einer Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei kommt es nicht alleine auf die eigentlich in Rede stehende Handlung an, sondern auch auf die Begleitumstände.

Der Umstand, dass jemand ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung von Verbrauchern oder anderen Marktteilnehmern hat, stellt im Rahmen dieser Gesamtwürdigung nur ein Indiz unter mehreren für das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar (vgl. BGH, I ZR 113/13). Von daher kommt eine geschäftliche Handlung auch dann in Betracht, wenn es zwar an einem Entgelt fehlt, dieses aber erwartet wird (so ausdrücklich OLG Braunschweig, 2 U 89/18).

Geschäftliche Handlung bei Tätigkeit der öffentlichen Hand

Das OLG Frankfurt (6 U 156/15) ging zudem der Frage nach, wann eine geschäftliche Handlung (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG) der öffentlichen Hand vorliegt, wenn diese eine unentgeltliche Leistung bietet. Dabei ging es um eine App des deutschen Wetterdienstes, mit der Informationen weiter gegeben wurden. Das OLG zeigte sich recht kritisch bei der Frage, ob hier eine geschäftliche Handlung vorliegt, und führte aus, dass anders als bei umfassend gewerblich handelnden Unternehmen hier dann mitunter eine Abwägende Gesamtbetrachtung stattfinden muss:

Nach § 2 I Nr. 1 UWG ist „geschäftliche Handlung“ das Verhalten einer (auch juristischen) Person zu Gunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens, das mit der Förderung des Absatzes unmittelbar zusammenhängt. Der Begriff des „unmittelbaren Absatzförderungszusammenhangs“ entspricht dabei der Sache nach demjenigen der „Wettbewerbsabsicht“ im Sinne des UWG in der vor 2008 geltenden Fassung (vgl. Senat GRUR-RR 2015, 298, juris-Tz. 8; BGH GRUR 2013, 945 – Standardisierte Mandatsbearbeitung, juris-Tz. 17).

Im vorliegenden Fall ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass die Antragsgegnerin mit dem unentgeltlichen Angebot der streitgegenständlichen App den Absatz dritter Unternehmen fördern will. Eine Einordnung dieses Verhaltens als geschäftliche Handlung kommt daher nur dann in Betracht, wenn sie damit den Absatz des eigenen Unternehmens zu fördern beabsichtigt. Zwar ist die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit dem Betrieb des DWD durchaus „Unternehmerin“ im Sinne von § 2 I Nr. 6 UWG, da sie Wetterdienstleistungen jedenfalls auch gegen Entgelt anbietet und damit eine auf die dauerhafte Einnahmenerzielung gerichtete unternehmerische Tätigkeit entfaltet. Zu dieser unternehmerischen Tätigkeit gehört die beanstandete unentgeltlich verbreitete App jedoch weder unmittelbar, noch bestehen ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin mit dieser unentgeltlichen App zumindest mittelbar den Absatz ihrer entgeltlich angebotenen Wetterdienstleistungen fördern will.

Bei einem „rein“ gewerblich tätigen Unternehmen kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass die unentgeltliche Abgabe von Leistungen – zumindest mittelbar – letztlich auch dem allein auf Einnahmenerzielung angelegten Unternehmenszweck, d.h. der Absatzförderung, dienen soll. Dieser Erfahrungssatz kann jedoch auf den von der Antragsgegnerin betriebenen DWD nicht angewandt werden, weil dessen Aufgabe gerade nicht allein in der Erzielung von Einnahmen besteht. Der DWD erfüllt mit der Beobachtung des Wetters und der Unterrichtung hierüber vielmehr in erster Linie öffentliche Aufgaben der Daseinsvorsorge und der Gefahrenabwehr. Dass er sich hierzu teilweise unternehmerischer Mittel bedient, entspricht der fiskalisch motivierten Intention des Gesetzgebers, einen möglichst hohen Teil seiner Kosten durch Einnahmen zu decken und den Bundeshaushalt damit zu entlasten (§ 6 I DWDG, vgl. dazu auch BT-Drs 13/9510 S. 28 – Anlage AS 4).

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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