Wettbewerbsrecht: Aktivlegitimation eines Wettbewerbsverbandes

Aktivlegitimation eines Wettbewerbsverbandes: Unterlassungsansprüche stehen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung beruflicher Interessen dann zu,

  • wenn ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben,
  • wenn sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und
  • soweit die jeweilige Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt.

Nun gibt es gerne Streit darüber ob diese Voraussetzungen bei einem Wettbewerbsverband gegeben sind, insbesondere bei der Frage der Mitglieder des Wettbewerbsverbandes.

Mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die notwendige „erhebliche Anzahl von Unternehmern“ dann anzunehmen, wenn diese Mitglieder als Unternehmer, bezogen auf den maßgeblichen Markt, in der Weise repräsentativ sind, dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbands ausgeschlossen werden kann. Auf die Mitgliedschaft einer bestimmten Mindestzahl oder gar der Mehrheit kommt es dabei entgegen der Erwartungshaltung vieler Betroffener nicht an. Zur Prüfung der Aktivlegitimation ist es mit dem ausreichend, wenn das Gericht im Rahmen des Freibeweises die Überzeugung gewinnen kann, dass es dem Verband bei der konkreten Rechtsverfolgung nach der Struktur seiner Mitglieder um die ernsthafte kollektive Wahrnehmung der Mitgliederinteressen geht. Dies kann im Einzelfall durchaus dazu führen, dass bei überzogenen Reaktionen eine Aktivlegitimation fragwürdig erscheint, wie das Landgericht Bonn (11 O 49/17) demonstriert:

Der Kläger ist seinem Vortrag nach vorliegend auf eine Beschwerde eines Mitglieds tätig geworden. und damit Gegenstand der hier „konkreten Rechtsverfolgung“ im Sinne der vorstehend zitierten Vorgabe des BGH ist allein das Angebot der Beklagten für einen Schal zum Preis von 59 € ohne ausreichende Textilkennzeichnung sowie Pflichtinformation nach § 312 i Abs.1 Nr.2 BGB iVm Art.246 c Nr.2 EGBGB. Alle weiteren damals auf der Kreativplattform E von der Beklagten angebotenen Tücher und Schals stellte diese selbst nach den Wünschen der Käufer her.

Die Überzeugung, dass es dem Kläger vorliegend mit seinem Unterlassungsbegehren, dessen Streitwert er ursprünglich pauschal mit 8.000 € angegeben hat und das im Hinblick auf ein Angebot der Beklagten durch ein Mitglied ausgelöst wurde, nach der Struktur seiner Mitglieder um die ernsthafte kollektive Wahrnehmung von Mitgliederinteressen geht, vermochte die Kammer auch unter Berücksichtigung der ihr insoweit grsl. zustehenden Freibeweismöglichkeiten nicht gewinnen.

Für die Aktivlegitimation und Antragsbefugnis des Klägers besteht auch keine tatsächliche Vermutung, weil diese in anderen Verfahren von mehreren anderen Gerichten bei anderen Streitgegenständen bejaht wurde. Vielmehr ist entsprechend den gesetzlichen Vorgaben stets im Einzelfall zu prüfen, ob die vorstehend dargestellten Voraussetzungen des § 8 Abs.3 Nr.2 UWG erfüllt sind.

Man sollte keine überzogenen Erwartungen an die Rechtsprechung stellen, gerade die grösseren Wettbewerbsverbände sind in diesem Bereich eher schwierig anzugreifen. Dies untermauert beispielsweise das  (6 U 153/17), das kurzerhand klarstellt:

Ist ein Verband – wie hier der Antragsteller – jahrelang als klagebefugt anerkannt, so steht zu vermuten, dass diese Voraussetzungen weiterhin vorliegen (s. Köhler/Bornkamm/Feddersen-Köhler/Feddersen, UWG, 36. Aufl., § 8 Rn. 3.66). Diese Vermutung hat die Antragsgegnerin nicht erschüttert. Sie hat keine Tatsachen vorgetragen, die dafür sprechen, dass sich die vom BGH gebilligte Grundstruktur des Vereins verändert hat. Allein der personelle Wechsel im Vorstand des Antragstellers genügt insoweit nicht.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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