Werberecht: Werbung in Auto-Reply-Mail kann unerlaubter SPAM sein

Die Zusendung von Werbung in einem Autoresponder kann Unterlassungsansprüche auslösen und unzulässig sein, wie der BGH letztlich entschieden.

Beim AG Stuttgart – Bad Cannstatt (10 C 225/14) ging es um eine spezielle Form von Werbung, die keineswegs selten ist: Jemand sendet eine Mail an ein Unternehmen (hier: mit einer Kündigung) und erhält eine automatische Antwort als Eingangsbestätigung. In dieser Eingangsbestätigung befindet sich nun am Ende ein Hinweis auf einen (kostenlosen) Dienst des angeschriebenen Unternehmens. Der Betroffene macht einen geltend, mit dem Gericht zu Recht.

Update: Die Entscheidung wurde durch das Landgericht Stuttgart (4 S 165/14) aufgehoben. Später wiederum hat der (VI ZR 134/15) dann entschieden, dass sehr wohl ein Unterlassungsanspruch besteht. Die Problematik gilt bis heute fort, zuletzt hat im Jahr 2017 das Amtsgericht Bonn (104 C 148/17) festgestellt, dass ein Unterlassungsanspruch bei Werbung in einem Autoresponder besteht. Aus der Pressemitteilung des BGH in aller Kürze:

Die zugelassene Revision hat zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils geführt. Jedenfalls die Übersendung der Bestätigungsmail mit Werbezusatz vom 19. Dezember 2013 hat den Kläger in seinem allgemeinen verletzt, weil sie gegen seinen zuvor erklärten ausdrücklichen Willen erfolgt ist.

Die Entscheidung des BGH wurde unten aufgenommen.

Dazu von mir: Newsletter und SPAM – Übersicht über rechtliche Vorgaben

Autoresponder als Werbung

Es mag auf den ersten Blick etwas befremdlich wirken, gleichwohl handelt es sich um eine vertretbare Argumentation. Jedenfalls problemlos ist es, diese Mail als „Werbung“ einzustufen. Zwar handelt es sich um Kern um etwas anderes, nämlich eine Eingangsbestätigung, letztlich aber befindet sich nun einmal am Ende der Mail ein werbender Hinweis. Nachvollziehbar wie juristisch irrelevant ist dann der Hinweis des Unternehmens, dass man doch gar nicht diesen werbenden Teil lesen müssen. Das AG Stuttgart – Bad Cannstatt (10 C 225/14) dazu:

Dasselbe gilt für den Einwand der Beklagten, die vom Kläger mit seiner angegriffene Werbung befinde sich für diesen erkennbar im „Abspann“ der Mitteilung und müsse daher nicht gelesen werden, denn bereits der Versuch, den Adressaten einer Mitteilung gleichzeitig mit Werbung zu überziehen, verletzt diesen in seinem allgemeinen Persönlicheitsrecht. Maßgebend ist also nicht, ob der Adressat die Mitteilung vollständig wahrnimmt. Ausreichend für einen Verstoß ist bereits der Versuch, ein Produkt oder Leistungen zu bewerben.

Nun ergab sich in dem vorliegenden Fall eine Besonderheit, die man beachten sollte – es gab gleich eine Fülle von derartigen EMails:

Am 10.12.2013 wandte er sich mit der Bitte, den Eingang der Kündigungserklärung zu bestätigen, per E-Mail an die Beklagte […] Diese bestätigte […] umgehend den Eingang der E-Mail und wies ihn unter „Übrigens“ auf folgende Serviceleistung hin […] Als der Kläger sich hierauf am 11.12.2013 per E-Mail ausdrücklich an den Datenschutzbeauftragten der Beklagten wandte und den Erhalt von Werbung rügte […] erhielt er wiederum lediglich die bereits dargestellte Empfangsbestätigung mit dem Hinweis auf die kostenlose Unwetterwarnung […] Auf seine weitere E-Mail vom 19.12.2013 […] reagierte die Beklagte nochmals mit der vom Kläger bereits am 11.12.2013 gerügten Autoreply […]

Man sieht also: Der Kunde kann noch so oft darauf hinweisen, dass er keine Werbung wünscht, er erhält – mit Blick auf den Autporeply zwingend konsequent – immer weiter Werbung. Im vorliegenden Fall bedeutet die chronologische Entwicklung allerdings, dass jedenfalls am 11.12. hinreichend bekannt war, dass Werbung nicht erwünscht war. Insoweit kann es auch nur als „Glanzleistung“ des Unternehmens bezeichnet werden, ausgerechnet Mails an den betrieblichen Datenschutzbeauftragten mit Werbung zu quittieren. Insoweit musste das Gericht dann nur noch darauf abstellen, dass weitere Mails nach dem 11.12. erfolgt sind:

Die Zusendung dieser Werbung war rechtswidrig. Für diese Beurteilung kommt es nicht daraufan, dass es der Kläger war, der sich am 10.12.2013 erstmals per E-Mail an die Beklagte gewandt und die Beklagte in den streitgegenständlichen Mitteilungen zunächst auf die ihr vom Kläger zugesandten Mitteilungen reagiert hat. Der Kläger hat jedenfalls für die Beklagte erkennbar nicht in die Übermlttlung von E-Mails mit „auch-werbendem“ Charakter eingewilligt. Jedenfalls nach Erhalt der klägerischen E-Mail vom 11.12.2013 musste der Beklagten bekannt sein, dass der Kläger keine Werbung wünscht und den „Abspann“ der Empfangsbestätigung als Werbung sieht.

Vor dem 11.12. wäre im hier behandelten Fall zu fragen gewesen, ob ggfs. eine wirksame Einwilligung des Betroffenen vorlag. Es wäre insoweit also ein Fehler, davon zu sprechen, dass Werbung in einer Autoreply-Mail grundsätzlich unzulässig ist. Das Amtsgericht Bonn (104 C 148/17) konnte dies nochmals in aller Kürze festhalten:

Zwar ist die Eingangsbestätigung selbst keine Werbung. Dies hat aber nicht zur Folge, dass die in der E-Mail enthaltene Werbung von vornherein keine (Direkt-)werbung darstellen könnte (BGH NJW 2016, 870 = GRUR 2016, 530, juris Rz. 19). Die elektronische Post des Klägers wird von der Beklagten vielmehr in zweifacher Hinsicht – nämlich für die nicht zu beanstandende Eingangsbestätigung und unzulässig für Zwecke der Werbung – genutzt. Für die Annahme, die Nutzung der elektronischen Post des Klägers zu Werbezwecken sei durch die zulässige Bestätigungs-E-Mail insgesamt gerechtfertigt, ist indes kein Raum (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, K&R 2015, 678, 679), (BGH NJW 2016, 870 = GRUR 2016, 530, juris Rz. 19). Denn der Kläger hat mit seiner E-Mail kein ausdrückliches Einverständnis in die Benachrichtigung zu Werbezwecken abgegeben.

Dabei war ein kurzer Absatz mit einem Link zu einem Angebot des angeschriebenen Anbieters ausreichend, um eine entsprechende Werbung festzustellen.

Entscheidung des BGH

Der Bundesgerichtshof (VI ZR 134/15) hat insoweit festgestellt:

Automatisch generierte Bestätigungs-E-Mails, die sowohl eine Eingangsbe-stätigung in Bezug auf zuvor versandte Nachrichten als auch Werbung ent-halten, stellen einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlich-keitsrecht des Betroffenen dar, wenn dieser dem Erhalt von Werbung zuvor ausdrücklich widersprochen hat. (…) Zwar ist die Eingangsbestätigung selbst keine Werbung. Dies hat aber nicht zur Folge, dass die in der E-Mail enthaltene Werbung von vornherein kei-ne (Direkt-)werbung darstellen könnte (…) Die elektronische Post des Klägers wird von der Beklagten vielmehr in zweifacher Hinsicht – nämlich für die nicht zu beanstandende Eingangsbestätigung und unzulässig für Zwecke der Werbung – genutzt. Für die Annahme, die Nutzung der elektronischen Post des Klägers sei durch die zulässige Bestätigungs-E-Mail insgesamt gerechtfertigt, ist indes kein Raum (…) Entscheidend ist aber, dass der Empfänger diese Art der Werbung und damit ein gegenständliches Eindringen in seine Privatsphäre ausdrücklich abgelehnt hat und sich praktisch nicht zur Wehr setzen kann (…)

Die Entscheidung des BGH ist zugleich nochmals eine aktuelle Zusammenfassung aller typischen Fragen im Zusammenhang mit SPAM: Wann ist eine Werbung als solche anzusehen, es liegt bereits bei einfacher Zusendung ein zu unterlassendes Verhalten vor und die Bagatellisierung („Ist ja nicht so schlimm“) hilft auch nicht.

Problem als solches richtig erkennen

Vielmehr geht es um das notwendige Problembewusstsein: Wenn eine Werbemail an sich im konkreten Fall unzulässig wäre, dann ist (versteckte) Werbung in einer Autoreply-Mail ebenfalls unzulässig. Keinen Ausschlag kann es dabei haben, ob sich der (potentielle) Kunde zuerst an das Unternehmen gewendet hat, denn alleine eine Anfrage an ein Unternehmen berechtigt nicht zur Zusendung von unverlangter Werbung. Im Umkehrschluss, mit Blick auf die faktischen Problemen beim automatisierten Erkennen, ob ein berechtigter Fall vorliegt, sollte man zur Sicherheit aber gleichwohl von Werbezusätzen in Autoreplys grundsätzlich absehen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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