Preisangabenverordnung: Zur Angabe des Preises bei Kosmetika

Das Landgericht Braunschweig (21 O 2759/13 (102), verkündet am 22. August 2014) hat sich mit der Preisangabenverordnung im Zusammenhang mit Kosmetika beschäftigt. Die Entscheidung ist ein mustergültiges Beispiel für die Probleme, mit denen man vor Landgerichten in Wettbewerbsfragen rechnen muss.

Grundpreisangabe in unmittelbarer Nähe zum Endpreis

Ich hatte es bei einer Entscheidung des Landgerichts Mönchengladbach schon kritisiert: Die im Wettbewerbsrecht problematische Frage, ob die Preisangabenverordnung insgesamt oder zumindest in Teilen überhaupt noch Anwendung finden kann, wird hier vollkommen ausgeblendet.

Wie das möglich ist, erklärt der Blick in die Begründung: Das Gericht zitiert allen Ernstes aus dem Köhler/Bornkamm-UWG-Kommentar der 30. Auflage, aus dem jahr 2012, also Literatur die vor dem 13.06.2013 abgefasst wurde, an dem die Problematik der anwendbarkeit der akut wurde (dazu hier von mir). Insoweit sei daran erinnert, dass es Köhler selbst ist, der die Anwendbarkeit der Preisangabenverordnung inzwischen in Zweifel zieht.

So finden sich dann nur allgemeine Ausführungen:

Die Gestaltung des Angebots genügt nicht den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV an die Angabe eines Grundpreises „in unmittelbarer Nähe“ des Endpreises. Entgegen der Ansicht des Beklagten genügt die hier angegriffene Gestaltung des Angebots nicht diesem Erfordernis. Die Kammer teilt nicht die Auffassung des Beklagten, dass das Kriterium „in unmittelbarer Nähe“ jedenfalls immer dann erfüllt sei, wenn der Grundpreis sich auf derselben Internetseite wie der Endpreis findet.

Zwar ist dem Beklagten darin zuzustimmen , dass es schwierig sein dürfte, eine verkehrsübliche „Normalansicht“ von Internetseiten zu definieren. Dem steht schon die ganz erhebliche Vielfalt der heute verwendeten Displays und Bildschirme entgegen. Hinzu kommt, dass sich durch Veränderungen an den jeweiligen konkreten Bildschirmeinsteilungen – insbesondere durch Betätigen des Zooms – häufig wird erreichen lassen, dass der gesamte Inhalt einer Internetseite in einer einzigen Bildschirmansicht erscheinen kann. Deshalb ist im Grundsatz denkbar, dass sowohl Endpreis wie auch Grundpreis in derselben Bildschirmansicht sichtbar sind, ohne dass der Betrachter hierfür scrollen muss. Umgekehrt wird sich aber jede Bildschirmansicht so verändern lassen, dass – etwa durch extreme Betätigung des Zooms – Inhalte nicht in ein- und derselben Bildschirmansicht erscheinen, selbst wenn sie unmittelbar nebeneinander angeordnet sind.

Für die Angabe des Grundpreises neben dem Endpreis ist deshalb eine strenge Beurteilung geboten (BGH GRUR 2009, 982 – Dr. Clauders Hufpflege). Daraus folgt, dass „in unmittelbarer Nähe“ – so wie die vom BGH gewählte Formulierung „auf einen Blick“ – nichts Anderes bedeuten kann , als „direkt dabei“ oder „so nahe wie möglich“. Denn den Verbrauchern soll durch die Angabe des Grundpreises im Interesse der Preisklarheit eine leichtere Übersicht über die Preisgestaltung für vergleichbare Warenangebote und damit eine vereinfachte Möglichkeit zum Preisvergleich verschafft werden (Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 30. Aufl., § 2 PAngV Rz. 1 m. w. N.). Derartigen Anforderungen genügt die hier angegriffene konkrete Gestaltung der Angabe nicht. Unabhängig davon, wie der jeweilige Nutzer seinen Bildschirm eingestellt hat, ist hier der Grundpreis fernab des Endpreises angegeben, nämlich konkret nach den Informationen zu Versand, Lieferung und Zahlungsbedingungen etwa 6 Absätze weiter unten.

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Keine Ausnahme für Anti-Aging-Creme

Im weiteren ging es um die Frage, ob die Ausnahmeregelung für Kosmetika Anwendung finden kann. Die Ausführungen des Gerichts wirken lebensfremd, sind aber durchaus angezeigt; auch wenn die Beantwortung der Frage, warum je nach Inhaltsstoffen die Anwendbarkeit der Preisangabenverordnung eröffnet sein soll durchaus wünschenswert gewesen wäre:

Der Beklagte kann sich auch nicht auf die Ausnahmeregelung nach § 9 Abs. V Nr.2 PAngV berufen.

Nach dieser Regelung sind die Vorschriften der Preisangabenverordnung nicht anzuwenden bei kosmetischen Mitteln, die ausschließlich der Färbung oder Verschönerung der Haut, des Haares oder der Nägel dienen. Anders als zuvor diskutiert, ist die Kammer nach dem von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Produktbeschreibungsblatt und dem als Anlage K21 erneut vorgelegten und deshalb leserlichen Ausdruck der streitgegenständlichen Werbung der Auffassung , dass das von dem Beklagten angebotene Produkt nicht nur einer (oberflächlichen) Verschönerung oder Färbung der Haut dienen soll. Wegen der in der Creme enthaltenen Hyaluronsäure, die auch einen wichtigen körpereigenen Bestandteil des Bindegewebes darstellt und gut in die Haut eindringen und dort Feuchtigkeit speichern kann , soll die Creme gerade eine tiefergehenden Pflegewirkung erzielen und die Haut nicht nur an der Oberfläche verschönern, wie dies zum Beispiel der Färbung dienende Kosmetikartikel (Lidschatten, Lippenstift, Wimperntusche etc.) tun.

Das streitgegenständlich angebotene Produkt soll in tiefere Hautschichten eingebracht werden und dient damit der Pflege der Haut und nicht nur der Verschönerung der Oberfläche der Haut. Genau dies ergibt sich auch aus dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Produktbeschreibungsblatt des Herstellers. Darin heißt es für die Anti-Aging-Creme, dass diese bei jeder Anwendung die Haut für die Herausforderungen des Alltags stärke und die hauteigene Collagen-Synthese
stimuliere.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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