Werberecht: Pizzadienst muss Grundpreisangaben machen

Grundpreisangaben müssen von Lieferdiensten beachtet werden – Abmahnungen drohen.

Das OLG Köln (6 U 220/10) hatte bereits 2011 entschieden, dass ein Pizzalieferdienst mitunter Grundpreisangaben entsprechend der Preisangabenverordnung machen muss. Diese Entscheidung wurde durch den (I ZR 110/11) bestätigt, inzwischen gilt mit dem Bundesgerichtshof als gefestigte Rechtsprechung:

Ein Lieferdienst, der neben der Lieferung von Speisen, die noch zubereitet werden müssen (hier: Pizza), auch die Lieferung anderer, in Fertigpackungen ver- packter Waren (hier: Bier, Wein oder Eiscreme) zu einem bestimmten Preis anbietet, muss in seinen Preislisten und in der Werbung für diese Angebote neben dem Endpreis auch den Grundpreis dieser Waren angeben.

Konkret ging es um einen Lieferdienst in Köln, der in einem Faltblatt neben dem üblichen Sortiment die Produkte „5 l Fass Bitburger Premium Pils solo“, „Chianti, Lambrusco, Soave 0,75 l“ und „ Caramel Brownie Cup 500 ml“ nebst Preisen anbot, ohne jedoch Angaben über die Grundreise (also etwa Preis pro 100ml) zu machen. Mit der Rechtsprechung ist dies ein abmahnfähiger Verstoß gegen die Preisangabenverordnung.


Was ist dazu zu sagen: Der Verbraucher gewinnt an dieser Stelle nichts, da ein Pizzalieferant in keinster Weise mit einem Supermarkt zu vergleichen ist. Ebenso wenig, wie man im Restaurant auf solche Hinweise achtet, interessiert man sich beim Pizzalieferanten dafür – vielmehr ist dem Verbraucher hier von vornherein klar, dass man eher (kleine) Aufschläge zahlt und ein vergleichbarer Wein/ein vergleichbares Bier im Supermarkt günstiger ist. Der Sinn der Preisangabenverordnung, ein Vergleichen der Produktpreise zu erleichtern, ist bei Essenslieferanten schlicht widersinnig.

Teleologische Argumente in dieser Richtung findet man beim OLG Köln aber nicht, stattdessen nur allgemeine Ausführungen ohne die Berücksichtigung des konkreten Umstands

Um den Verbrauchern auf einfachste Weise optimale Möglichkeiten zu bieten, die Preise von Erzeugnissen zu beurteilen und miteinander zu vergleichen und somit anhand einfacher Vergleiche fundierte Entscheidungen zu treffen (Erwägungsgrund Nr. 6 und Art. 1 S. 1 der 98/6/EG; vgl. Senat, GRUR-RR 2002, 304 [305] – Sprudelwasserpreis), verpflichten § 2 Abs. 1 S. 1 und 2 wie Art. 3 Abs. 1 S. 1 und 4 der Richtlinie 98/8/EG die Anbieter bestimmter Waren, neben dem Verkaufspreis (Endpreis) in dessen unmittelbarer Nähe auch den Preis je Mengeneinheit (Grundpreis) anzugeben. Wie sich aus § 5a Abs. 4 UWG ergibt, handelt es sich dabei regelmäßig um wesentliche Informationen, die dem Verbraucher nicht vorenthalten werden dürfen; die Verneinung einer wesentlichen Wettbewerbsbeeinträchtigung im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. durch den Senat bei Verstößen gegen die Pflicht zur im Getränkehandel (GRUR-RR 2002, 304 [305] – Sprudelwasserpreis) ist durch die Rechtsentwicklung überholt.

Immerhin versucht das OLG Köln, mit dem Flugblatt eine Erklärung zu liefern:

Zum anderen spricht jedenfalls die konkrete Flugblattwerbung im Streitfall dafür, die Preisangaben für die unter den Rubriken „Getränke“ und „Desserts“ aufgeführten und mit der Auslobung „solo“ aus Verbrauchersicht auch isoliert angebotenen Waren denselben Regeln zu unterwerfen wie die Angaben eines solche Waren anbietenden Lebensmittelhändlers, um den Verbrauchern entsprechend dem Zweck des § 2 Abs. 1 PAngV den Preisvergleich zu erleichtern.

Aus der auf beiden Flugblattseiten abgedruckten Lieferbedingung „So einfach geht's: … Unser Mindestbestellwert – ohne Getränke – ab 8,00 €“ ergibt sich nichts anderes.

Selbst wenn diese Bedingung aus Sicht der Beklagten dazu führen soll, dass bei ihnen nicht allein Getränke, sondern zumindest auch Speisen im Gegenwert von 8,00 € bestellt werden, eröffnet die Werbung den Verbrauchern die Möglichkeit, sich beispielsweise zwei Eisbecher zu insgesamt 9,00 € und im Übrigen nur Getränke, also ausschließlich Produkte des vermeintlichen Randsortiments liefern zu lassen. Die Beklagten vor diesem Hintergrund von der Pflicht zur Grundpreisangabe für solche Produkte zu befreien, besteht kein Anlass.

Die Entscheidung überzeugt mich nicht, zeigt aber ein Risiko bei der Gestaltung von Flyern für Lieferdienste auf, das beachtet werden sollte.

Der Bundesgerichtshof (I ZR 110/11) hat die Entscheidung des OLG Köln dann später bestätigt. Dazu führt der Bundesgerichtshof aus:

§ 9 Abs. 4 Nr. 4 PAngV entbindet den Unternehmer grundsätzlich nicht, für Waren, die er seinen Kunden im Rahmen eines Lieferservice anbietet und die an sich unter die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV fallen, den Grundpreis anzugeben. Bei den vom Antrag erfassten Lebensmitteln – Bier, Wein und Eiscreme – handelt es sich um Waren in Fertigpackungen, für die die Verpflichtung zur Angabe des Grundpreises besteht. Allein der Umstand, dass der Unternehmer anbietet, diese Waren dem Kunden nach Hause zu liefern, führt nicht dazu, dass das Angebot im Sinne von § 9 Abs. 4 Nr. 4 PAngV „im Rahmen einer Dienstleistung“ erfolgt. Mit Recht hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass die Transportdienstleistung in diesem Fall gegenüber der Lieferung der Waren zurücktritt.

Obwohl seit dem Entscheidungen bei einer Aktualisierung dieses Beitrags einige Jahre vergangen sind, fallen mir bis heute hin und wieder Flyer in die Hände, die fehlerhaft gestaltet sind. Die Branche sollte sich darum kümmern, nicht nur weil mit dem VBuW seit 2014 ein branchenspezifischer Verband existiert, der solche Verstöße sicherlich speziell prüfen dürfte.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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