Urteil: Alkoholfreies Bier durfte nicht mit “vitalisierend“ beworben werden

Eine Privatbrauerei aus dem Kreis Soest durfte ihr alkoholfreies Bier nicht mit der Angabe “vitalisierend“ bewerben, weil sie dem Begriff keine spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt hatte. Das hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 20.05.2014 unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Arnsberg entschieden.

Zum Sachverhalt: Die beklagte Privatbrauerei bewarb ihr alkoholfreies Bier im Jahr 2013 auf den Rückenetiketten und den Verpackungen der sog. Sixpacks mit den Angaben “vitalisierend“, “erfrischend“ und “isotonisch“ und bildete auf den Flaschenetiketten die durch den Boxsport bekannten Brüder Vitali und Wladimir Klitschko ab. Der Kläger, ein in München ansässiger Verein, hat die Werbung mit dem Begriff “vitalisierend“ für unzulässig gehalten, weil sie gesundheitsbezogen sei und die Beklagte ihr keine spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt habe.

Hinweis: Die vorliegende Meldung wurde als Beispiel für Probleme bei gesundheitsbezogener Werbung im Zusammenhang mit Lebensmitteln aufgenommen. Ich habe das Thema gesundheitsbezogene Angaben bereits etwas ausführlicher dargestellt, der hier entschiedene Fall ist insoweit exemplarisch und vom Ausgang her vorhersehbar. Spannend wäre die Frage, wie damit umzugehen ist, wenn die Brauerei in Anspielung auf den Box-Champion nicht mehr von „vitalisierend“, sondern etwa von „VITALI-sierend“ sprechen würde.

Die vom Kläger insoweit erhobene Unterlassungsklage hatte Erfolg. Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat der Beklagten die beanstandete Werbung für ihr alkoholfreies Bier mit dem Begriff “vitalisierend“ untersagt, weil dieser Werbeaussage keine spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt worden war.

Die streitgegenständlichen Werbung verstoße gegen
Art. 10 Abs. 3 der Europäischen Health Claim VO (), VO (EG) Nr. 1924/2006. Mit dem Begriff “vitalisierend“ habe die Beklagte für ein Lebensmittel geworben. “Vitalisierend“ sei eine unspezifische gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der HCVO. Der Bezug zur Gesundheit ergebe sich bereits aus dem Wortsinn. “Vitalisieren“ stehe für “beleben“ und “anregen“. Für den Verbraucher bringe das Adjektiv “vitalisierend“ eine Verbesserung des Gesundheitszustandes zum Ausdruck. Deswegen suggeriere die Beklagte, dass der Konsum ihres alkoholfreien Bieres eine Verbesserung des Gesundheitszustandes bewirke, wenn sie es mit der Angabe “vitalisierend“ bewerbe.

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Dass der Ausdruck auch in Verbindung mit dem Werbeträger Vitali Klitschko verstanden werden könne, stehe dem nicht entgegen. “Vitalisierend“ solle ebenfalls eine Produkteigenschaft beschreiben, was sich aus seiner Nennung in einem engen räumlichen Zusammenhang mit den Bezeichnungen “erfrischend“ und “isotonisch“ ergebe. Die Angabe “vitalisierend“ sei zudem unspezifisch im Sinne von Art. 10 Abs. 3 HCVO, weil sie sich nicht auf eine bestimmte zu fördernde Körperfunktion beziehe. Nach Art. 10 Abs. 3 HCVO seien derartige gesundheitsbezogene Angaben nur zulässig, wenn ihnen eine in der Liste nach Art. 13 oder 14 der HCVO enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt sei (sog. Kopplungsgebot).

Die Vorschrift sei anzuwenden, auch wenn die genannten Listen noch nicht vollständig vorlägen. Das alkoholfreie Bier der Beklagten enthalte nämlich Stoffe, die in den genannten Listen mit zulässigen gesundheitsbezogenen Angaben beschrieben würden. Weil die Beklagte der unspezifischen Angabe “vitalisierend“ keine zugelassene gesundheitsbezogene Angabe beigefügt habe, sei ihre Werbung insoweit unzulässig gewesen.
Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 20.05.2014 (4 U 19/14), nicht rechtskräftig (Revision zugelassen)

Quelle: Pressemitteilung des Gerichts

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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