Werberecht: Zahnärzte dürfen mit dem LG Köln keine Gutscheine bei Groupon anbieten!

Mit Blick auf eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Köln (31 O 25/12) sollten Zahnärzte mit Internet-Gutscheinen, etwa bei „Groupon“ oder „DailyDeal“, wohl vorsichtig sein: Das Landgericht sieht hier eine berufsrechtswidrige Werbetätigkeit, die zu Abmahnungen, jedenfalls der zuständigen Zahnärztekammer, führen kann – was auch hier Gegenstand des Verfahrens war. Dabei lehnt das Landgericht Köln die gängigen Argumente zum Thema ab. Eine Entscheidung, die meines Erachtens verallgemeinerungsfähig ist!

Als erstes sieht das Landgericht im §15 II der NRW-Berufsordnung für Zahnärzte mit folgendem Inhalt eine Marktverhaltensregel:

Es ist dem Zahnarzt untersagt, seine zahnärztliche Berufsausübung für gewerbliche Zwecke zu verwenden oder ihre Verwendung für gewerbliche Zwecke zu gestatten.

In NRW ist dieser Wortlaut recht einmalig, in anderen Bundeslänern (etwa Bayern, Sachsen) findet man im Regelfall die Umsetzung der -Berufsordnung, die im §21 diesen Passus vorhält:

Berufswidrig ist insbesondere eine anpreisende, irreführende, herabsetzende oder vergleichende Werbung.

Das Landgericht Köln erkannte in den hier streitgegenständlichen Gutscheinen eine „reklamehafte Anpreisung“, so dass das Gericht m.E. wohl auch eine „anpreisende“ Werbung im Sinne des §21 der übrigen Berufsordnungen erkennen würde.

Nun ging es hier um Gutscheine für „Bleaching“ und „professionelle Zahnreinigung“. Das sind Leistungen, die weder in der Gebührenordnung für Zahnärzte vorgesehen sind, noch zwingend von einem Zahnarzt ausgeführt werden müssen. Hier setzt dann auch die Verteidigungsstrategie an: Zum einen mangelt es an einem „Standard-Preis“ von dem abgewichen wird. Daran soll das Reklame-Element scheitern. Das Landgericht kontert an der Stelle damit, dass der Zahnarzt hier selber mit „X Euro statt Y Euro“ geworben hatte, wobei es erhebliche Preisunterschiede gab. Alleine darauf abstellend wurde ein erhebliches, mit der Berufsordnung nicht mehr vereinbares, Werbeelement erkannt:

Die Werbung des Beklagten kann nur als reklamehaft betrachtet werden. Indem derart hohe Rabatte gewährt werden, wird der Kunde – der eine Zahnreinigung oder ein Bleaching in der Regel selber bezahlen muss, weil dies nicht von der Krankenkasse übernommen wird – angelockt, einen „Deal“ abzuschließen. Er wird dazu gedrängt, den Vertrag abzuschließen, weil die Laufzeit des „Deals“ zeitlich eng begrenzt ist. Dadurch ist die Werbung in hohem Maße anpreisend, der Verbraucher wird dazu verführt, allein wegen des extrem günstigen Preises den „Deal“ abzuschließen und sich evtl. nicht ausreichend Gedanken zu machen, ob er die Leistung wirklich in Anspruch nehmen möchte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Plattformen, auf denen der Beklagte seine Leistungen anbietet, sich nicht nur mit ärztlichen Leistungen befassen, sondern dort „Deals“ vor allem für Vergnügungs- und Konsumangebote zu finden sind (Restaurants, Kleidung, Kurzreisen etc.). Es wird so der Eindruck erweckt, der Zahnarzt erbringe auch eine solche und keine heilbehandelnde Leistung.

Auch dass letztlich nicht zwingend ein Zahnarzt diese Tätigkeiten ausüben muss, verfing nicht, denn: Letztlich hat hier ja trotzdem ein Zahnarzt geworben! Und genau das ist der Problempunkt.

Des Weiteren erkennt das Gericht einen Verstoss gegen die bundesweit geltenden §§ 5 Abs. 2, 2 Abs. 3 Gebührenordnung für Zahnärzte: Jedenfalls bei der Zahnreinigung will das Gericht dies unter Nr. 405 der Gebührenordnung erfassen. Letztlich spielt dies aber keine Rolle!

Wenn es sich um keine Behandlung entsprechend der Gebührenordnung handelt, muss nämlich entsprechend §2 GOZ zwingend ein Heilbehandlungsplan erstellt werden – während die Gutscheine ein allgemeines Angebot für alle Patienten aussprechen, ohne dass der Patient individuell „begutachtet“ und beraten wird. Dass für eine Zahnreinigung und ein Bleaching in aller Regel immer der gleiche Aufwand betrieben wird und daher auch immer die gleiche Vergütung anfällt, sieht das Gericht zwar auch, gleichwohl sind eben Abweichungen möglich, so dass auch hier zwingend am Bedarf des Patienten die Kosten erst durch den Heil- und Kostenplan festzusetzen sind.
Und wenn es sich um eine Behandlung handelt, die in der Gebührunordnung festgesetzt ist, so sind Abweichungen schriftlich zwischen Zahnarzt und Patient zu regeln – die Verpflichtung zur Leistung wird hier aber gegenüber Groupon durch den Zahnarzt eingegangen!

Im Ergebnis sehe ich eine Entscheidung, die Zahnärzte vor erhebliche Probleme stellt (ebenso wohl LG Köln, 31 O 767/11). Insofern kann nur zur Vorsicht geraten werden, ggfs. ganz auf den Einsatz von derartigen Gutscheinen zu verzichten, bis die rechtliche Lage wirklich geklärt ist. Jedenfalls ich lese die Entscheidung aus Köln dabei so, dass sie bundesweit verallgemeinert werden kann und insgesamt bei Gutscheinen (jedenfalls mit ernsthaftem Rabatt) zu Problemen führt. Die Rechtsauffassung anderer Gerichte wird insofern abzuwarten sein.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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