Auch in Youtube-Werbefilmchen hat man Vorgaben des Wettbewerbsrechts zu beachten – so möchte ich in Kürze und verallgemeinert eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln (6 U 177/14) zusammenfassen. Konkret geht es um Pflichtangaben entsprechend der PKW-EnVKV, die bei der Bewerbung von Automodellen – etwa zum CO2-Ausstoss – gemacht werden müssen. Dabei gibt es diverse Punkte, die eine Rolle gespielt haben.
Konkretisierung des Werbefilms
Interessant ist bereits die Frage, wie man den konkreten Werbefilm bestimmt. Dem OLG reicht dabei offenkundig die konkretisierung in Form von Screenshots mit denen der Verlauf des Films nachvollzogen werden kann; später hatte der Kläger dann allerdings noch das Drehbuch in Bezug genommen, was das OLG dankend aufgreift, aber betont, dass das gar nicht notwendig wäre:
Der Anspruch ist jedenfalls mit der klarstellenden Einbeziehung des von der Klägerin zusammengefassten Drehbuchs ausreichend bestimmt formuliert. Er nimmt Bezug auf ein konkretisiertes Internetangebot, das mit den ausgedruckten Seiten Bl. 61 ff. illustriert, nicht aber erstmals konkretisiert wird, auch wenn nicht der gesamte Ablauf der Videoaufzeichnung durch Screenshots abgebildet ist. Um die Reichweite des Unterlassungsanspruchs zu bemessen, genügen bereits die Einblendungen wie auf den Seiten 3 und 5 des angefochtenen Urteils, die weiteren Seiten sind nicht schädlich, weil sich unter Hinzuziehung des Tenors kein überschießender Verbotsgehalt ergibt, insbesondere nur das konkrete Angebot, nicht aber zusätzlich Überblicksseiten oder gar der gesamte YouTube-Auftritt in das Unterlassungsgebot einbezogen werden. Auf den Screenshots zu sehen sind insbesondere diejenigen Angaben, die den Kern des Unterlassungsgebots betreffen, nämlich die Bezeichnung des konkret beworbenen Fabrikats sowie die dabei im Text unter dem Video angegebenen Texte zur Beschleunigungsleistung des Automobils. Die Hinzufügung des „Drehbuchs“ des Werbevideos sieht der Senat lediglich als Klarstellung und sinnvolle weitere Konkretisierung des Antrags an.
Mit dem OLG Köln genügt die Konkretisierung also in Form von Screenshots, soweit mit diesen der Film hinterher bestimmt werden kann.
Ausnahmevorschriften
§5 Abs.2 PKW-EnVKV kennt eine Ausnahmevorschrift für bestimmte Dienste, nämlich „audiovisuelle Mediendienste“ im Sinne der Richtlinie 2010/13/EU. Solche sind allerdings nur die, „deren Hauptzweck die Bereitstel lung von Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit über elektronische Kommunikationsnetze“ ist. Genau das liegt bei einem reinen Werbefilm aber nicht vor:
Zu Unrecht geht die Beklagte davon aus, dass sie deswegen keine Informationen schuldete, weil für sie die in § 5 Abs. 2 Nr. 2 Pkw-EnVKV vorgesehene Ausnahme zugunsten audiovisueller Mediendiensten nach Art. 1 lit. a der Richtlinie 2010/13/EG vom 10.3.2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Abl. L 95/1) gilt. (…)
Hierzu ist zunächst zu bemerken, dass die der Pkw-EnVKV zugrundeliegende Richtlinie 1999/94/EG Informationspflichten für die Anbieter elektronischer Dienste nicht vorschreibt, aber den Mitgliedstaaten die Einführung solcher Pflichten ermöglicht (Art. 6 Abs. 2 RL 1999/94/EG). Der deutsche Gesetzgeber hat daher zulässigerweise von der Möglichkeit, auch elektronische Dienste zu regeln, Gebrauch gemacht. (…)
Zutreffend und mit überzeugender Begründung, der sich der Senat anschließt, hat das Landgericht festgestellt, dass die elektronische Werbung, um deren Beurteilung es im vorliegenden Streit geht, für sich genommen keinen audiovisuellen Mediendienst darstellt, aber auch nicht Teil eines solchen Mediendienstes im Sinne des § 1 Abs. 1 lit. h der AVMD-Richtlinie ist. Zum einen dient der Werbespot für sich genommen vorwiegend der Produktförderung, nicht aber der Meinungsbildung. Zum anderen ist er – alleine wegen seiner Einbindung in den YouTube-Kanal der Beklagten – nicht Teil einer Sendung oder der Eigenwerbung eines Sendeveranstalters, denn auch der YouTube-Kanal selbst ist kein audiovisuelles Medienangebot im Sinne der Richtlinie. Auch er dient vornehmlich der Werbung, nicht aber der Meinungsbildung. Zwar kann Werbung als geschützte Meinungsäußerung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 GG auch meinungsbildende Funktionen erfüllen, doch dient sie gleichwohl nicht vornehmlich der Meinungsbildung in dem Maße, wie dies audiovisuelle Medienangebote im Sinne der Richtlinie tun.
Trennung audiovisueller Mediendienste und Werbekommunikation
Sehr anschaulich führt das OLG vor, warum eigentlich eine solche Trennung stattfindet:
In dieser Trennung liegt auch deswegen keine Benachteiligung solcher audiovisueller Dienste, bei denen die Meinungsbildung nicht im Vordergrund steht, weil meinungsrelevante Dienste nicht nur Privilegien, sondern auch Pflichten haben. Dazu gehören etwa erweiterte Impressumspflichten, ggf. sogar die Pflicht, europäische Sendequoten einzuhalten (§§ 6, 58 Abs. 3 RStV). Insbesondere haben sie die Pflicht, Werbegrenzen einzuhalten (so bei linearen Medien, § 15, 44 RStV) sowie besondere Schleichwerbungs- und Produktplatzierungsverbote zu beachten (§§ 7, 58 RStV), die insgesamt sogar über die Kennzeichnungsverbote des Wettbewerbs- und Medienwirtschaftsrechts hinausgehen. Die für meinungsbildende audiovisuelle Mediendienste geltende Werberegelung ist insoweit auf diese Medien und ihre redaktionell-meinungsbildenden Aufgaben abgestimmt. (…)
Werbekommunikationen unterliegen andersgearteten Regelungen. Dazu gehören die Informationspflichten, die darauf abgestimmt sind, dass der Kunde, der ein Angebot vor dem Kauf und außerhalb der Beratung im Ladenlokal prüfen möchte, bestimmte für den Kauf wesentliche Informationen bereits in der Werbung erhalten soll, um hernach eine rationale Kaufentscheidung zu treffen (Erwägungsgrund Nr. 9 der RL 1999/94/EG). Informationspflichten bestehen für Angebote, die vornehmlich oder allein der Verkaufsförderung oder dem Produktabsatz dienen, weil der Rezipient solcher Angebote nicht gebildet, unterhalten oder gesellschaftspolitisch informiert werden will oder soll, sondern weil ihm Informationen für einen besonderen Bereich des Wirtschaftslebens, nämlich den Kauf von Produkten gegeben werden sollen.
Zur Spürbarkeit des Verstosses
Und wie immer, abschliessende Sätze zur Spürbarkeit, die bei Informationspflichten grundsätzlich vorliegt:
Die Spürbarkeit des Verstoßes ist nicht zweifelhaft. Verstöße gegen verbraucherschutzrechtliche Informationspflichten sind regelmäßig spürbar. Bei den in der Werbung anzugebenden Werten zu Kraftfahrstoffverbrauch und CO2-Emissionen handelt es sich um auf das Unionsrecht zurückgehende verbraucherschützende Informationen, die stets wesentlich sind und deren Vorenthaltung damit auch stets spürbar ist (BGH GRUR 2012, 842 Tz. 25 – Neue Personenkraftwagen; Senat, MMR 2010, 103).
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