Wettbewerbsrecht: Ärzte dürfen nicht ungefragt Gewerbetreibende empfehlen

In den Berufsordnungen der Ärztekammern findet sich regelmäßig die Vorgabe für Ärzte, dass diese nicht Dritte Dienstleister „ohne Grund“ oder „ohne Aufforderung“ nennen dürfen. Die Berufsordnung der Ärztekammer Nordrhein etwa sagt dazu in §31 II, Ärzte

[…] dürfen ihren Patientinnen und Patienten nicht ohne hinreichenden Grund bestimmte Ärztinnen oder Ärzte, Apotheken, Heil- und Hilfsmittelerbringer oder sonstige Anbieter gesundheitlicher Leistungen empfehlen oder an diese verweisen.

Was wenig bekannt ist: Die Wettbewerbszentralen schicken mitunter auch „Testpatienten“ in die Praxen, um nach Wettbewerbsverstößen zu fahnden. So auch um zu kontrollieren, ob ohne Aufforderung bestimmte Dritte empfohlen werden. Klassisch sind dabei die Empfehlungen bestimmter Apotheken, wenn HNO-Ärzte gezielt Akustiker oder Augenärzte bestimmte Optiker empfehlen. All dies ist nach den Berufsordnungen wohl grundsätzlich unzulässig.

Das OLG Schleswig (6 U 16/11) hatte sich mit diesem Thema nunmehr zu beschäftigen und hat festgestellt:

Eine Verweisung bzw. Empfehlung im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn der Arzt von sich aus und ohne Aufforderung oder Bitte des Patienten tätig wird und Anbieter gesundheitlicher Leistungen benennt. Dafür reicht es aus, dass der Arzt den Patienten von sich aus fragt, ob der Patient einen geeigneten Hörgeräteakustiker kenne, und dann bei Verneinung der Frage nicht alle in Betracht kommenden Anbieter benennt, sondern nur bestimmte unter ihnen. […] Zwar können sich Gründe aus der Qualität der Versorgung und aus schlechten Erfahrungen anderer Patienten ergeben. Dies rechtfertigt jedoch nur dann die Benennung bestimmter Anbieter, wenn die Qualität der Versorgung bei allen anderen in Betracht kommenden Anbietern schlechter ist und andere Patienten mit allen anderen schlechtere Erfahrungen gemacht haben.

Das heisst: Ärzte sollten von sich grundsätzlich davon absehen, ungefragt irgendwelche Dritte als Dienstleister zu empfehlen. Auf Nachfrage des Patienten wäre eine Antwort wohl möglich – allerdings muss dann ein umfassender Überblick über Anbieter gegeben werden. Ein Empfehlen einer Auswahl ginge wohl nur, wenn nachweislich (!) manche Anbieter der Leistungen auf Grund hinlänglichen Feedbacks von Patienten nicht zu empfehlen wären. Da hier das Beweisrisiko beim Arzt liegt, sollte man von Empfehlungen letztlich ganz absehen.

Hinweis: Rechtsanwalt Jens Ferner bearbeitet bevorzugt Fragen des Werberechts und Wettbewerbsrechts, speziell auch mit Blick auf Fragen der ärztlichen Werbung oder des Heilmittelwerberechts.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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