Wert von Gutscheinen bei Bemessung der Tagessatzhöhe

Das OLG Köln (, 83 Ss 13/09) hatte früher schon hervorgehoben, dass der Wert von Gutscheinen, die auf der Grundlage des Asylbewerberleistungsgesetzes zum Bezug von Waren erteilt werden, im Rahmen der Bemessung des Tagessatzes gemäß § 40 Abs. 2 StGB in Ansatz zu bringen ist:

Es gilt der Grundsatz, dass Sachbezüge bei der Ermittlung des für die Höhe des Tagessatzes maßgeblichen Einkommens zu berücksichtigen sind (…). Auch in anderen Teilen der Rechtsordnung gilt dieser Grundsatz. Das trifft zunächst auf das Einkommensteuerrecht zu, wo gemäß § 8 Abs. 1 EStG die Einnahmen aus allen Gütern in Geld oder Geldeswert bestehen. § 8 Abs. 2 EStG spricht in diesem Zusammenhang ausdrücklich von „Einnahmen, die nicht in Geld bestehen“ und nennt Wohnung, Kost, Waren, Dienstleistungen sowie sonstige Sachbezüge als Beispiele hierfür; auch sie bilden die steuerliche Bemessungsgrundlage. Der genannte Grundsatz gilt ferner im Recht der Sozialhilfe (§ 82 Abs. 1 SGB XII und hierzu Decker in: Oesterreicher, SGB II/SGB XII, § 82 Rz. 31), im Unterhaltsrecht (…)

Es ist nicht ersichtlich, weshalb im Strafrecht ein hiervon abweichender, Sachbezüge nicht berücksichtigender Einkommensbegriff Geltung beanspruchen sollte. Dem vollständigen Fehlen von Bareinkünften kann im Vollstreckungsverfahren (in erster Linie durch Tilgung der durch freie Arbeit, Art. 293 Abs. 1 EGStGB i. V. m. den Vorschriften der Verordnung über die Tilgung uneinbringlicher Geldstrafen durch freie Arbeit v. 23.11.2005 [GV NW 2005, 925]) Rechnung geragen werden; es nötigt hingegen nicht bereits im Erkennnisverfahren dazu, Sachbezüge bei der Bemessung der Tagessatzhöhe unberücksichtigt zu lassen (…)

Von den vorstehend dargelegten Erwägungen ausgehend vermag der Senat der in der Rechtsprechung teilweise vertretenen Auffassung nicht zu folgen, dass bei einem vermögenslosen Asylbewerber oder einer sonst vermögenslosen Person bei der Bestimmung der Tagessatzhöhe die ihr in Form von Gutscheinen gewährten Sachbezüge generell ausser Betracht zu bleiben hätten (…). Dazu wird angeführt, Sachbezüge in Form von Gutscheinen seien nicht kapitalisierbar. Das trifft aber auf andere Formen geldwerter Einkünfte (etwa freie Kost und Logis) gleichermaßen zu, hinsichtlich derer auf der Grundlage der vorstehend dargelegten Grundsätzen zurecht nicht in Frage gestellt wird, dass sie bei der Ermittlung des Einkommens zu berücksichtigen sind (…). Ein Sachgrund für eine abweichende Handhabung bei Gutscheinen ist nicht ersichtlich.

Oberlandesgericht Köln, 83 Ss 13/09
Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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