Beim VGH München (11 B 15.76) finden sich Ausführungen zur Zulässigkeit eines Werbeschildes – einer Werbeanlage – an einer Autobahn. Dabei fasst das Gericht die aktuelle Rechtslage recht prägnant zusammen:
Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StVO ist außerhalb geschlossener Ortschaften jede Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton verboten, wenn dadurch am Verkehr Teilnehmende in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden können. Dabei reicht im Hinblick auf den hohen Rang der Schutzgüter Leib und Leben eine abstrakte Gefahr ohne Nachweis konkret entstandener Verkehrsgefahren oder -unfälle und damit die jedenfalls nicht entfernte Möglichkeit einer verkehrsgefährdenden Ablenkung und Beeinflussung der Verkehrsteilnehmer aus (…) Ebenso verlangt die Literatur keine darüber hinausgehende Gefährdung von Verkehrsteilnehmern (…) Auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (…) kann kein anderer Maßstab entnommen werden.
Das Verbot verkehrsgefährdender Werbung gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StVO greift auch jenseits des Zustimmungs- bzw. Genehmigungserfordernisses der straßenrechtlichen Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5, Abs. 6 Satz 1 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) für die Errichtung baulicher Anlagen oder Anlagen der Außenwerbung längs der Bundesautobahnen in einer Entfernung bis zu 100 m vom Fahrbahnrand (…) § 9 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 6 Satz 3 FStrG lassen weitergehende bundes- oder landesrechtliche Vorschriften und damit auch die straßenverkehrsrechtliche Regelung des § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StVO ausdrücklich unberührt.
Im konkreten Fall waren es vor allem drei Faktoren, die zur Unzulässigkeit führten: Ungewöhnliche Stelle, gedankliche Aufmerksamkeit und kurzes Zeitmoment zu einer Entscheidung:
Die streitgegenständliche Werbeanlage verstößt gegen § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StVO, denn sie ist von allen drei Fahrstreifen der Autobahn (…) gut zu sehen und kann die am Verkehr Teilnehmenden in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise ablenken oder belästigen. Sie ist zum einen an einer ungewöhnlichen Stelle errichtet und kann nicht mit einem flüchtigen Blick erfasst werden, sondern bedarf aufgrund ihrer Gestaltung und ihres Informationsgehalts einer gedanklichen Verarbeitung. Zum anderen kann sie ggf. auch eine zeitnahe Entscheidung eines Verkehrsteilnehmers hervorrufen, die zu gefährlichen Verkehrsmanövern führen kann.
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