Im Bereich des Deliktsrechts ist immer wieder der §7 StVG, die so genannte Halterhaftung, beliebt. In den Übungen eher als Randerscheinung, während es im Examen dann doch im Fokus stehen kann, jedenfalls hier muss man den §7 StVG schon im Detail beherrschen. Gerne gemachte Fehler finden sich dabei vor allem bei der Frage: Wer ist denn „Halter eines Fahrzeugs“?
Der §7 I StVG lautet:
Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers, der dazu bestimmt ist, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden, ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
Die Frage ist aber: Wer ist hier Halter, also Anspruchsgegner. Die zwei beliebtesten Fehler in dem Zusammenhang:
- Der Halter ist nicht der Eigentümer
- Der Halter ist nicht derjenige, der im Fahrzeugbrief steht
Die wegweisende Entscheidung in dem Zusammenhang ist übrigen BGHZ 13, 351, in der sich der BGH mit der Frage auseinandergesetzt hat und die alte RGZ Entscheidung (RGZ 127, 174) bestätigt hat. Dabei führt der BGH u.a. aus:
Zwischen dem Halter des Fahrzeugs und dem Eigentümer wie dem Inhaber der Zulassung wird durchaus unterschieden. […] Halter ist vielmehr, wer das Kraftfahrzeug für eigene Rechnung im Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt. (LS)
Das heisst, es mag eine so genannte Schein-Halterschaft geben, wenn also (wie gerade bei jungen Menschen verbreitet) auf einen Verwandten der Wagen zugelassen wird – Halter im Sinne des §7 I StVG ist aber trotzdem derjenige, der die Verfügungsgewalt innehat und den Wagen auf eigene Kosten bestreitet.
Interessant wird es wie immer in Grenzfällen, dazu kurz die typischen Beispiele:
- Das Fahrzeug wird unbefugt entwendet: Hier haftet der Halter dann, wenn er die unbefugte Benutzung schuldhafte ermöglicht hat (§7 III 1StVG).
- Kurzfristige Überlassung: Wenn das KFZ z.B. verliehen wird, bleibt der bisherige Halter bestehen, das gilt auch für Dienstfahrzeuge (§7 III 2 StVG)
- Unerlaubtes weiterverleihen: Wenn man an jemanden verleiht, der dann unerlaubt an einen Dritten weiter verleiht, ändert sich an der halterfrage nichts, dazu nur BGHZ 116, 200.
- Mithalterschaft: Ist möglich, es kann also auch zwei Halter zugleich geben, wobei sie nach aussen als Gesamtschuldner haften
Kurz am Rande: Wenn man den Ansruchsgegner festgestellt hat, wird die nächste Frage lauten, ob der Schaden „beim Betrieb eines KFZ“ eingetreten ist. Man kann hier streiten, wann ein KFZ in Betrieb ist, dabei gibt es zwei Theorien:
- Maschinentechnischer Betriebsbegriff (M.M.): Es wird darauf abgestellt, ob motorische Kräft mittelbar oder unmittelbar wirken
- Verkehrstechnischer Betriebsbegriff (h.M.): Es ist örtlicher und zeitlicher Zusammenhang mit Betriebsvorgang oder Betriebseinrichtung zu suchen. Nach BGH ist das weit auszulegen im Sinne „Fahrer belässt das Fahrzeug im Verkehr“ oder einfacher: Das Fahrzeug wirkt irgendwie auf den Verkehr ein. (Dazu nur BGHZ 29, 163)
Nur als Hinweis: Gerne gefragt ist die Haftungsverteilung der Beteiligten. Man muss wissen, dass der §9 StVG dabei nur für nicht motorisierte Teilnehmer (dazu gehören auch Mitfahrer) gilt. Andernfalls sind die §17, 18 StVG zu lesen – die Details dazu im unten verwiesenen JuS-Aufsatz nachlesen.
Literatur dazu:
- Im Plate ist auf Seite 1263 (Teil 7, G II) sehr kurz das wichtigste zu lesen
- Fuchs (Deliktsrecht) schreibt sehr ausführlich im 10. Kapitel unter B.II alles wichtige zur Halterhaftung
- Sehr Lesenswert ist der Aufsatz von Garbe in der JuS 2004 ab Seite 287 (Heft 4), der sehr stark mit Fällen arbeitet
- Unfall mit privatem KFZ bei Dienstfahrt – kein Ersatz des Höherstufungsschadens der KFZ-Haftpflichtversicherung - 10. Oktober 2023
- Strafbarkeit nach §315b StGB: gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr - 26. September 2022
- Fahrtenbuch: Wann sind Ermittlungen notwendig - 29. Oktober 2021