Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Beschluss vom 17. April 2024 (Az. 2 StR 182/24) zur strafprozessualen Verwertbarkeit von Kommunikationsinhalten aus dem Kryptomessenger SkyECC Stellung genommen. Die Entscheidung betrifft insbesondere die Frage, ob durch ausländische Behörden erhobene, verschlüsselte Kommunikationsdaten im deutschen Strafverfahren verwertet werden dürfen.
Hintergrund
SkyECC ist ein verschlüsselter Nachrichtendienst, der von der organisierten Kriminalität intensiv genutzt wurde, bis er 2021 im Zuge international koordinierter Ermittlungen (vor allem durch französische und belgische Behörden) kompromittiert wurde. Die aus diesen Ermittlungen stammenden Daten wurden anderen Strafverfolgungsbehörden, unter anderem in Deutschland, zur Verfügung gestellt.
Kernaussagen des BGH
1. Keine generelle Unverwertbarkeit
Der BGH stellt klar, dass die Nutzung von SkyECC allein nicht zur Unverwertbarkeit der dort generierten Kommunikationsdaten führt. Maßgeblich ist, ob die ausländische Beweiserhebung nicht in eklatanter Weise gegen rechtsstaatliche Mindeststandards verstoßen hat. Solche Verstöße konnte der BGH im entschiedenen Fall nicht erkennen.
2. Prüfung im Einzelfall
Es bedarf – so der BGH – stets einer konkreten Prüfung im Einzelfall, ob die Daten unter Beachtung des Grundsatzes eines fairen Verfahrens (§ 244 Abs. 2 StPO i.V.m. Art. 6 EMRK) verwertbar sind. Dies schließt insbesondere ein, ob den Beschuldigten eine effektive Verteidigung gegen die verwendeten Daten möglich war.
3. Datenherkunft aus dem Ausland
Die Daten wurden von belgischen Strafverfolgungsbehörden durch Infiltration der Serverstruktur gewonnen. Dass die deutschen Behörden diese Daten verwerten, ist nach Ansicht des BGH grundsätzlich zulässig, sofern keine schwerwiegenden rechtsstaatlichen Bedenken bestehen. Eine Pflicht zur eigenen Beweiserhebung durch deutsche Behörden besteht in solchen Fällen nicht.
4. Bedeutung für die Praxis
Der BGH positioniert sich damit ähnlich wie zuvor zur Beweisverwertung aus EncroChat. Auch dort hatte der BGH eine grundsätzliche Verwertbarkeit der kryptierten Kommunikationsdaten angenommen, solange sie auf rechtstaatlicher Grundlage im Ausland erhoben wurden.
Ergebnis
Die Entscheidung des BGH stärkt die Möglichkeiten der deutschen Strafverfolgung im Bereich der organisierten Kriminalität, indem sie die Verwendung ausländischer Kryptomessengerdaten unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Sie setzt aber zugleich klare Maßstäbe zur Wahrung der Verteidigungsrechte und zur Sicherstellung rechtsstaatlicher Standards. Damit bestätigt der BGH eine zunehmend gefestigte Linie zur verfahrensrechtlichen Integration internationaler digitaler Ermittlungsdaten.
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