Verweigerung der Genehmigung eines „Balkonkraftwerks“ mit außen angebrachten Solarpaneelen durch den Vermieter

Das Amtsgericht Köln, 222 C 150/23, hatte sich mit der Frage zu befassen, ob ein Vermieter der Anbringung eines „Balkonkraftwerks“ zustimmen muss oder nicht. Das Amtsgericht entschied differenziert dahin, dass zumindest im Kern zugestimmt werden muss, sofern eine Sicherheitsleistung des Mieters erfolgt. Die Entscheidung macht deutlich, dass Mieter nicht schutzlos sind und ihre Interessen durchsetzen können – aber (derzeit) in Grenzen.

Dazu auch bei uns: Anspruch des Mieters auf Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge

Rechtliche Grundlagen

Zunächst wird durch das Gericht betont, dass es sich bei einer geplanten („Balkonkraftwerk“) um eine bauliche Veränderung der Mietsache handelt (vgl. hierzu AG Konstanz, Urt. v. 09.02.2023 – 4 C 425/22). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Solaranlage fest mit der Mietsache verbunden wird (vgl. AG Berlin-Spandau, Urt. v. 01.10.2012 – 6 C 281/12). Für das Amtsgericht bedarf daher jede Installation eines „Balkonkraftwerks“ durch die Kläger der Zustimmung der Beklagten.

Der Mieter hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass der Vermieter ihm gestattet, bauliche Veränderungen an der Wohnung zum Zwecke der Modernisierung selbst vorzunehmen. Die Erteilung einer solchen Erlaubnis steht vielmehr im Ermessen des Vermieters, der sein Ermessen allerdings nicht missbräuchlich ausüben darf (AG Stuttgart, Urt. v. 30.3.2021 – 37 C 2283/20). Es muss also eine Abwägung der Interessen stattfinden!

Abwägung des Gerichts: Interessen des Mieters an Balkonkraftwerk vs. Interessen des Eigentümers

Das Gericht nimmt folgende Abwägung vor: Im Streitfall ist zu Gunsten des Vermieters zu berücksichtigen, dass er grundsätzlich befugt ist, mit seinem Eigentum nach Belieben zu verfahren (Art. 14 GG) und daher grundsätzlich auch die Entscheidungsfreiheit hat, die Mietsache in dem bei Abschluss des Mietvertrages vereinbarten Zustand zu belassen. Zugunsten der klagenden Mieter ist demgegenüber zu berücksichtigen, dass die Erzeugung von Solarstrom zum einen – wenn auch in überschaubarem Umfang – Kosten spart und zum anderen die Notwendigkeit der Energieerzeugung aus fossilen Brennstoffen verringert, sodass ein „Balkonkraftwerk“ mittelbar auch dem Gemeinwohl dient. Bei einer Anlage, wie sie die Kläger in ihrem Hilfsantrag beschrieben haben, ist zudem eine Substanzverletzung der Mietsache ausgeschlossen, sodass sichergestellt ist, dass die Beklagte die Wohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses in einwandfreiem Zustand zurückerhalten kann.

Ungeeignete Kriterien: Umweltbewusstsein und zunehmende Verbreitung

Nicht zugunsten der Kläger war hingegen zu berücksichtigen, dass die Bewohner der Nachbarschaft besonderen Wert auf ein umweltbewusstes Wohnen legen. Abgesehen davon, dass dies ohnehin nicht objektiv nachprüfbar ist und der von den Klägern hervorgehobene Umstand, in einer „autofreien Siedlung“ zu wohnen, kein Indiz für das Umweltbewusstsein der Bewohner sein kann, bedarf es keiner vertieften Erörterung, dass besondere Präferenzen der Mieter, die nicht Vertragsgegenstand geworden sind, den Vermieter nicht binden können.

Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zur Errichtung einer Solaranlage mit an der Außenseite des Balkons angebrachten Solarmodulen bestand nach Auffassung des Gerichts nicht: Denn der Eingriff in das äußere Erscheinungsbild eines Mietobjekts durch außen angebrachte Solarmodule sei unabhängig von der Frage, ob ein rückstandsloser Rückbau nach Beendigung des Mietverhältnisses überhaupt möglich sei, schwerwiegend. Ein gesetzlich nicht legitimierter Eingriff in das Eigentumsrecht des Vermieters ist angesichts dessen, insbesondere auch unter Berücksichtigung der eher bescheidenen Stromausbeute, die mit einem handelsüblichen Balkonkraftwerk erzielt werden kann, nicht gerechtfertigt. Dies mag sich ändern, wenn der Gesetzesentwurf, der den beschleunigten Ausbau von Balkonkraftwerken fördern soll, Wirklichkeit wird.

Interessant sind die Ausführungen zur Verbreitung: Die Mieter hatten argumentiert, dass in Zukunft immer mehr Menschen Solarpaneele an der Außenseite der Balkonbrüstung anbringen werden, so dass sich das optische Gesamtbild angleicht. Dies ändert aber nichts an der Beurteilung, wie das Gericht ausführt:

Denn unbeschadet der mit dieser – wie mit jeder – Vermutung einhergehenden Unsicherheit könnte dies allenfalls bei einer zukünftigen Überprüfung Berücksichtigung finden. Abschließend ist noch anzumerken, dass der Vortrag der Kläger zum möglichen Minderertrag bei der ursprünglich geplanten Installation gegenüber der jetzt gewollten vollständig unubstantiiert ist, da sie überhaupt nichts zu der bei den möglichen Varianten erzielbaren Strommenge vorgetragen haben. Es kann daher nicht beurteilt werden, ob der Minderertrag erheblich ist oder nicht. Daneben können die Kläger auch nicht damit gehört werden, dass die Nutzung des Balkons bei einer innenliegenden Installation beeinträchtigt wäre, denn schließlich wollen sie das „Balkonkraftwerk“ aus freien Stücken errichten und können, wenn ihnen die Einschränkung der Balkonnutzung zu schwerwiegend erscheint, ohne weiteres auf dieses Vorhaben verzichten.

Fazit

In der Gesamtschau war das Ermessen der Vermieterin nach Auffassung des Gerichts unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs dahin gehend eingeschränkt, dass sie die Anbringung und Nutzung einer Solaranlage in Höhe des Fußbodens des Balkons nicht untersagen durfte, sondern vielmehr jedenfalls nach Zahlung einer angemessenen weiteren Sicherheit (Rückbaukosten), die das Gericht mit 200 € bezifferte, ihre Zustimmung erteilen musste.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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