Zu lange studieren? Nicht in Hamburg!

Das OVG Hamburg hat mit Beschluß vom 1.12.2009 (3 Bf 191/08.Z) festgestellt:

  1. Die Vorschrift in § 34 Abs. 3 Nr. 4 der Satzung der TUHH 2007, nach der Studierende ex-matrikuliert werden können, wenn „ihre Studienzeit mehr als das Doppelte der Regelstudienzeit ihres Studiengangs beträgt (§ 42 Absatz 4 HmbHG)“, ist gültig.
  2. Die Konzeption des Satzungsgebers, das Gebot der angemessenen Berücksichtigung der in § 6 b Abs. 2 bis Abs. 6 HmbHG 2006 aufgeführten Regelungen ohne nähere satzungsrechtliche Bestimmung als Bestandteil der Ermessensausübung im Einzelfall zu regeln, ist mit der Satzungsermächtigung in § 42 Abs. 4 HmbHG 2006 vereinbar; den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Gesetzesvorbehalts ist genügt.
  3. Die Befugnis zur Exmatrikulation in § 34 Abs. 3 Nr. 4 Satzung der TUHH 2007 verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Sie dient dem Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist gewahrt. Das Rückwirkungsverbot ist nicht verletzt.

Aus den Gründen:

Der am … September 1974 geborene Kläger studiert bei der Beklagten seit dem 1. April 1996 im Diplomstudiengang Wirtschaftsingenieurwesen, der eine Regelstudienzeit von 9 Semestern hat. Durch das Gesetz zur Modernisierung des Hochschulwesen (Hochschulmodernisierungsgesetz vom 27.5.2003, HmbGVBl. S. 138, 170, 228; nachfolgend: HmbHG 2003) wurde in § 42 Abs. 4 HmbHG 2003 den Hochschulen erstmalig die Ermächtigung erteilt, durch Satzung zu bestimmen, dass Studierende exmatrikuliert werden können, wenn ihre Studienzeit mehr als das Doppelte der Regelstudienzeit des Studiengangs beträgt, für den sie immatrikuliert sind. Gemäß § 42 Abs. 4 Satz 2 HmbHG 2003 waren dabei die in § 6 Abs. 8 bis 10 HmbHG 2003 aufgeführten Regelungen (über den Erlass bzw. die Stundung in Fällen unbilliger Härte, die Befreiung sowie die Berücksichtigung besonderer Umstände, die zu einer Modifikation der Studiengebühren führten) angemessen zu berücksichtigen. § 42 Abs. 4 HmbHG 2003 wurde in der Folgezeit jeweils an die geänderten Vorschriften über die Studienfinanzierung angepasst (vgl. § 42 Abs. 4 Satz 2 HmbHG i.d.F. vom 6.7.2006 [HmbGVBl. S. 376] – nachfolgend: HmbHG 2006 -, der auf die in § 6 b Abs. 2 bis 6 HmbHG 2006 aufgeführten Regelungen über die Möglichkeiten einer Ausnahme, Befreiung, Ermäßigung sowie eines Erlasses bzw. einer Stundung von Studiengebühren verweist; § 42 Abs. 4 Satz 2 HmbHG i.d.F. vom 23.9.2008 [HmbGVBl. S. 335], der auf die in § 6 b Abs. 4 und 5 HmbHG 2008 vorgesehenen Ausnahmen und Befreiungen von der Gebührenpflicht Bezug nimmt).

Die Beklagte hat erstmalig mit der „Immatrikulationsordnung der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH)“ vom 26. Juli 2006 (Amtl. Anz. 2006 S. 2010; nachfolgend: Immatrikulationsordnung [2006]) mit Wirkung zum 1. Oktober 2007 von dieser Satzungsermächtigung Gebrauch gemacht. § 13 Abs. 3 Nr. 4 der Immatrikulationsordnung (2006) bestimmte, dass Studierende exmatrikuliert werden können, wenn „ihre Studienzeit mehr als das Doppelte der Regelstudienzeit ihres Studiengangs beträgt (§ 42 Absatz 4 HmbHG)“. Diese Regelung ist sodann – mit erstmaliger Anwendung zum 1. Oktober 2007 – durch die gleichlautende Vorschrift in § 34 Abs. 3 Nr. 4 der „Satzung über das Studium an der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH)“ vom 28. März 2007 (Amtl. Anz. 2007 S. 1199; nachfolgend: Satzung der TUHH [2007]) abgelöst worden.

Nachdem der Kläger zuvor im Mai 2007 von der Beklagten auf die Möglichkeit einer Exmatrikulation hingewiesen worden war, verweigerte die Beklagte dem Kläger – dieser studierte zu diesem Zeitpunkt im 23. Fachsemester des Diplomstudiengangs Wirtschaftsingenieurwesen – mit Bescheid vom 27. August 2007 das Weiterstudium über das Sommersemester 2007 hinaus. Der hiergegen eingelegte Widerspruch und die im Anschluss daran erhobene blieben erfolglos.

II.

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die von dem Kläger geltend gemachten Gründe rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung nach §§ 124 a Abs. 5 Satz 2, 124 Abs. 2 VwGO.

1. Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind regelmäßig dann begründet, wenn gegen dessen Richtigkeit nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wurde, wobei nicht erforderlich ist, dass der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als dessen Misserfolg (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 21.1.2009, NVwZ 2009, 515; BVerfG, Beschl. v. 3.3.2004, BVerfGE 110, 77, 83; BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 33).

Richtigkeit im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO meint die Ergebnisrichtigkeit des Entscheidungstenors, nicht dagegen die (vollständige) Richtigkeit der dafür gegebenen Begründung. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils liegen daher auch dann nicht vor, wenn zwar einzelne tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen in Frage gestellt sind, sich das Urteil aber aus anderen Gründen als offensichtlich richtig erweist (BVerfG, Kammerbeschl. v. 24.1.2007, NVwZ 2007, 805; BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004, a.a.O.; OVG Hamburg, Beschl. v. 21.12.2007, 3 Bf 101/07.Z, juris).

1.1. Der Kläger trägt vor, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, da § 34 Abs. 3 Nr. 4 der Satzung der TUHH (2007) gegen § 42 Abs. 4 Satz 2 HmbHG 2006 verstoße, wonach die in § 6 b Abs. 2 bis 6 HmbHG 2006 aufgeführten Regelungen angemessen zu berücksichtigen seien. Eine entsprechende Berücksichtigung finde sich im Wortlaut von § 34 Abs. 3 Nr. 4 der Satzung der TUHH (2007) nicht. Die Berücksichtigung im Rahmen der Ermessensausübung, die das Verwaltungsgericht als ausreichend angesehen habe, werde der Satzungsermächtigung nicht gerecht.

Diese Rüge des Klägers greift nicht durch.

a. § 34 Abs. 3 Nr. 4 der Satzung der TUHH (2007) verstößt nicht gegen § 42 Abs. 4 HmbHG 2006. In Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht ist § 34 Abs. 3 Nr. 4 der Satzung der TUHH (2007) dahingehend auszulegen, dass die Beklagte bei Überschreiten der Regelstudienzeit um mehr als das Doppelte zur Exmatrikulation im Ermessenswege befugt ist. Im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung sind sodann – den Vorgaben des § 42 Abs. 4 Satz 2 HmbHG 2006 entsprechend – die in § 6 b Absätze 2 bis 6 HmbHG 2006 aufgeführten Regelungen angemessen zu berücksichtigen. Das Gebot der angemessenen Berücksichtigung ist durch den Klammerzusatz „(§ 42 Abs. 4 HmbHG)“ Gegenstand der satzungsrechtlichen Regelung geworden. Diese Auslegung stimmt zudem mit dem Erfordernis überein, dass die Satzung höherrangigen gesetzlichen Bestimmungen, hier also § 42 Abs. 4 Satz 2 HmbHG 2006, entsprechen muss.

Mit diesem Regelungsinhalt entspricht § 34 Abs. 3 Nr. 4 der Satzung der TUHH (2007) den Vorgaben der gesetzlichen Ermächtigung in § 42 Abs. 4 HmbHG 2006. Die in § 42 Abs. 4 Satz 1 HmbHG 2006 den Hochschulen erteilte Satzungsermächtigung wird in § 42 Abs. 4 Satz 2 HmbHG 2006 dahingehend eingeschränkt, dass „dabei“ die in § 6 b Absätze 2 bis 6 HmbHG 2006 aufgeführten Regelungen angemessen zu berücksichtigen sind. Wegen des Zusammenhangs mit Satz 1 ist das Gebot der angemessenen Berücksichtigung auf den darin normierten Akt der satzungsmäßigen Entscheidung über das Bestehen einer Befugnis zur Exmatrikulation bei überlanger Studiendauer bezogen. Dem Wortlaut der Regelung kann indes nicht entnommen werden, dass die Satzung selbst abschließend die normativen Grundsätze für die angemessene Berücksichtigung von studienzeitverlängernden Umständen nach § 6 b Absätze 2 bis 6 HmbHG 2006 festzulegen hat und deshalb die hier vom Satzungsgeber gewählte Konzeption einer angemessenen Berücksichtigung im Rahmen der Ermessensausübung im Einzelfall ausgeschlossen wäre. Zwar lässt sich der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 42 Abs. 4 HmbHG 2003 (Bü-Drs. 17/1661 S. 24; in der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 42 Abs. 4 HmbHG 2006 wird nur auf die redaktionell erforderliche Anpassung verwiesen, Bü-Drs. 18/3860 S. 17) entnehmen, dass in den Satzungen, mit denen die Exmatrikulationsbefugnis eingeführt wird, auch die notwendigen Ausnahme- und Härteregelungen getroffen werden sollten. Dies ist jedoch bereits nach der gewählten Formulierung („sollten“) kein zwingender Teil der Ermächtigung. Ein entsprechender Wille des Gesetzgebers hat zudem keinen Niederschlag in der gesetzlichen Regelung gefunden. Denn nach dem Gesetzeswortlaut wird weder eine abschließende Berücksichtigung in der Satzung zwingend vorgeschrieben, noch wird darin eine Berücksichtigung (erst) im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung ausgeschlossen. In welcher Weise die aufgeführten Regelungen „angemessen berücksichtigt“ werden (in den Satzungsbestimmungen selbst oder vermittelt durch die Satzung erst im Rahmen des Ermessens), obliegt nach dem Wortlaut der Ermächtigung dem Satzungsgeber. Dieser hat seine Kompetenz dahingehend ausgeübt, dass – wie sich bei der oben dargelegten Auslegung von § 34 Abs. 3 Nr. 4 der Satzung der TUHH (2007) ergibt – die angemessene Berücksichtigung der aufgeführten Regelungen im Rahmen der zu treffenden Ermessenentscheidung über die Exmatrikulation erfolgen soll.

b. § 34 Abs. 3 Nr. 4 der Satzung der TUHH (2007) verstößt mit der gewählten Konzeption der Einzelfallentscheidung nicht gegen andere höherrangige Rechtsvorschriften; insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Satzung den formellen Erfordernissen des Gesetzesvorbehalts nicht entspricht (aa.) oder sich (materiell) ein Gebot zur Regelung der Art und Weise der „angemessenen Berücksichtigung“ schon in der Satzung der TUHH aus den verfassungsrechtlichen Grundsätzen des Parlamentsvorbehalts ergibt (bb.):

aa. § 34 Abs. 3 Nr. 4 der Satzung der TUHH (2007) erfüllt die formellen Erfordernisse des Gesetzesvorbehalts für den mit der Befugnis zur Exmatrikulation verbundenen Eingriff in die Berufsfreiheit. Denn dieser erfolgt nicht lediglich aufgrund der allgemeinen Satzungsautonomie (vgl. § 2 HmbHG), sondern aufgrund der spezifischen gesetzlichen Ermächtigung in § 42 Abs. 4 HmbHG 2006 (vgl. zu den Anforderungen an die gesetzliche Grundlage; BVerfG, Beschl. v. 13.7.2004, BVerfGE 111, 191; BVerfG, Beschl. v. 9.5.1972, BVerfGE 33, 125; Jarass/Pieroth, GG, 10. Auflage 2009, Vorb. vor Art. 1 Rn. 43). Das Gebot der angemessenen Berücksichtigung der in § 6 b Abs. 4 bis 6 HmbHG 2006 zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertungen ist auch nicht derart wesentlich, dass dessen nähere Bestimmung dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehalten wäre (vgl. zum Parlamentsvorbehalt sowie zur Wesentlichkeitstheorie: BVerfG, Beschl. v. 13.7.2004, BVerfGE 111, 191; Urt. v. 24.9.2003, BVerfGE 108, 282; Urt. v. 6.7.1999, BVerfGE 101, 1; Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 20 Rn. 47 f.). Vielmehr hat der Gesetzgeber in § 42 Abs. 4 HmbHG 2006 mit der tatbestandlichen Bindung einer Befugnis zur Exmatrikulation an die Überschreitung der Regelstudienzeit um mehr als das Doppelte und mit dem Gebot angemessener Berücksichtigung der in § 6 b Abs. 4 bis 6 HmbHG 2006 zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertungen bei der Exmatrikulationsentscheidung die dem Sachbereich sowie der Intensität der Grundrechtsbeeinträchtigung entsprechenden wesentlichen normativen Grundlagen selbst gelegt.

bb. Es war verfassungsrechtlich nicht geboten, eine über die angeordnete Berücksichtigung der in § 6 b Abs. 4 bis 6 HmbHG 2006 zum Ausdruck kommenden Wertungen im Rahmen des Ermessens hinausgehende Regelung der Art und Weise der „angemessenen Berücksichtigung“ in der Satzung vorzunehmen.

Mit der Erteilung der Satzungsermächtigung in § 42 Abs. 4 HmbHG ist der Beklagten ein Bereich eigener Rechtsetzungskompetenz übertragen, die von dem hierfür gesetzlich bestimmten Organ (vgl. § 85 HmbHG) ausgeübt wird; dieses nimmt beim Erlass von Satzungen die Rolle des materiellen „Gesetzgebers“ ein. Dem satzungsgebenden Organ kommt bei der Regelung eines Sachbereichs unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben ein Gestaltungsspielraum zu. Die vorliegend vom Satzungsgeber gewählte Konzeption der Berücksichtigung der in § 6 b Abs. 2 bis 6 HmbHG 2006 aufgeführten Regelungen im Rahmen der Ausübung des Ermessens liegt innerhalb des in § 42 Abs. 4 HmbHG 2006 bestimmten Gestaltungsspielraums. Ob und ggf. in welchem Umfang die zum Vorbehalt des Gesetzes entwickelten Grundsätze, wonach der Gesetzgeber die nach der Eigenart des betroffenen Sachbereichs und Regelungsgegenstands unter Berücksichtigung der Intensität der Grundrechtsbeeinträchtigung wesentlichen Entscheidungen selbst treffen muss (vgl. BVerfG, Urt. v. 24.9.2003, a.a.O.; Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 20 Rn. 47 f.), auf das Satzungsrecht zu übertragen sind (vgl. Jarass/Pieroth, a.a.O., Vorb. vor Art. 1 Rn. 43), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn selbst unter entsprechender Anwendung dieser Grundsätze stand dem Satzungsgeber unter Berücksichtigung der Eigenart des betroffenen Sachbereichs, des Regelungsgegenstands sowie der Intensität der Grundrechtsbeeinträchtigung die Möglichkeit offen, die angemessene Berücksichtigung der gesetzlich benannten besonderen Umstände als Teil der für die Exmatrikulation vorzunehmenden Gesamtabwägung dem zuständigen Entscheidungsträger (als Exekutive) zu überlassen, an statt diese in der Satzung als Teilbereich der für eine Exmatrikulation maßgebenden Erwägungen selbst zu regeln. Denn in der zu treffenden Exmatrikulationsentscheidung ist entsprechend der Zielsetzung der gesetzlichen Regelung einerseits das bisherige Studienverhalten in den Blick zu nehmen. In diesem Zusammenhang kann selbst die Überschreitung der Regelstudienzeit um mehr als das Doppelte im Hinblick auf einzelne der in § 6 b Abs. 2 bis 6 HmbHG 2006 genannten Gründe als minder gewichtig erscheinen (z.B. wegen Beurlaubung, Erkrankung, Teilzeitstudium, Pflege und Erziehung von Kindern, erheblich studienerschwerender Behinderungen, Härtefällen). Andererseits ist die Dauer der Studienzeit im Hinblick auf die gesetzliche Intention, die Studienzeiten zu verkürzen sowie die zunehmend knappen finanziellen Ressourcen, die durch ein Hochschulstudium von jedem Studierenden gebunden werden, effizienter zu verteilen (vgl. Bü-Drs. 17/1661 S. 1, 21; Bü-Drs. 18/3860 S. 1, 2, 21), in Beziehung dazu zu setzen, welchen Studienfortschritt der Studierende in der zurückgelegten Studienzeit erreicht hat und welcher Studienfortschritt in welchem zeitlichen Rahmen von ihm erwartet werden kann. Die daraus resultierende Gesamtbetrachtung ist derart stark einzelfallabhängig geprägt, dass dem eine regelhafte Betrachtungsweise, die mit einer satzungsrechtlichen Regelung notwendigerweise verbunden wäre, nur schwer gerecht werden könnte. Vielmehr würde auch eine regelhafte Betrachtungsweise wiederum aus Gründen der Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Einzelfall darauf angewiesen sein, in nicht unerheblichem Umfang Ausnahmeregelungen zuzulassen. Der mit einer satzungsrechtlichen Regelung verbundene Gewinn an Rechtssicherheit und Ermessenslenkung wäre daher wiederum aufgrund der Besonderheiten des Rechtsgebiets relativ gering. Zudem erfolgt auch durch die entstehende Ermessenspraxis, an die die Beklagte im Hinblick und nach Maßgabe des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG gebunden ist, wiederum eine für den einzelnen Studierenden berechenbare Einschätzung der für die Exmatrikulationsentscheidung maßgeblichen und gewichtigen Umstände.

1.2. Der Kläger rügt weiter, die in § 34 Abs. 3 Nr. 4 der Satzung der TUHH (2007) geschaffene Befugnis zur Exmatrikulation verstoße gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Danach seien Eingriffe nur zulässig, wenn sie durch gewichtige, der Freiheit des Einzelnen vorgehende Gemeinschaftsgüter gerechtfertigt wären. Zu den Aufgaben der Beklagten gehöre die Pflege und Entwicklung der Wissenschaften, welche durch eine Exmatrikulation unterlaufen würden. Zudem werde bereits durch die erhobenen Studiengebühren erreicht, dass die Studierenden sich anlässlich der Gebührenzahlung ernsthaft Gedanken über das Studium machten. Dies sei durch das im Beschluss vom 31. März 2006 (1 BvR 1750/01, juris) über die Rechtmäßigkeit der Studiengebühren für Langzeitstudierende gebilligt worden. Vor diesem Hintergrund sei es nicht erforderlich, darüber hinausgehende Sanktionen zu ermöglichen. Des Weiteren trägt der Kläger vor, § 34 Abs. 3 Nr. 4 der Satzung der TUHH (2007) sei unwirksam, weil der Regelung eine unzulässige Rückwirkung zukomme. Denn der Kläger habe bis zum Erlass der Immatrikulationsordnung (2006) am 26. Juli 2006 darauf vertrauen können, dass er vorbehaltlich des Bestehens der Leistungsnachweise und der Zahlung der Studiengebühr ohne zeitliche Beschränkung studieren könne. Nach Bekanntgabe der Immatrikulationsordnung (2006) im Juli 2006 habe der Kläger lediglich bis Oktober 2007 Zeit gehabt, sein Studium zu beenden. Dies sei keine angemessene Übergangsfrist.

Diesen Einwänden des Klägers ist nicht zu folgen. § 34 Abs. 3 Nr. 4 der Satzung der TUHH (2007) verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG.

Die in § 34 Abs. 3 Nr. 4 der Satzung der TUHH (2007) i.V.m. § 42 Abs. 4 HmbHG 2006 geschaffene Befugnis zur Exmatrikulation stellt einen Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) dar. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Nachweise bei: Scholz in Maunz/Dürig, , Stand Juni 2006, Art. 12 Rn. 335 ff.; Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 12 Rn. 24 ff.) bedürfen Eingriffe in die Berufsfreiheit je nach ihrem Gewicht einer unterschiedlichen Rechtfertigungsstärke. Auf welcher Stufe die Exmatrikulationsbefugnis danach zu rechtfertigen sein muss, bedarf vorliegend keiner Klärung. Denn die vom Kläger neben der Einhaltung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit geltend gemachte Erforderlichkeit zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter, die einem an subjektive Voraussetzungen geknüpften Eingriff in die Berufswahl entspräche (anders zur Langzeitstudiengebühr, die lediglich durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Übrigen gerechtfertigt sein muss: BVerfG, Beschl. v. 31.3.2006, juris; vgl. allgemein: Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 12 Rn. 70 ff.), ist vorliegend gegeben. In diesem Zusammenhang ist ein Eingriff bereits dann statthaft, wenn eine Gefährdung des betreffenden Gemeinschaftsguts „möglich“ oder „wahrscheinlich“ ist. Insoweit steht dem Gesetzgeber wie dem Satzungsgeber eine Einschätzungsprärogative zu, die nur daraufhin überprüft werden kann, ob die Einschätzung vertretbar bzw. nicht evident fehlerhaft ist (vgl. Scholz in Maunz/Dürig, a.a.O., Art. 12 Rn. 337 – 339). Diesen Maßstäben genügt § 34 Abs. 3 Nr. 4 der Satzung der TUHH (2007).

Die Befugnis zur Exmatrikulation wegen der Überschreitung der maßgeblichen Regelstudienzeit um das Doppelte dient dem Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter. Denn durch die geschaffene Exmatrikulationsbefugnis werden die Ressourcen der Hochschule geschont sowie auf diesem Wege die der Hochschule zur Verfügung gestellten öffentlichen Mittel effizient verwaltet. Die Regelung dient zudem dazu, die Studierenden zu einem zügigen Studienverhalten anzuhalten. Die dadurch bewirkte Verkürzung der Studienzeiten schont wiederum die Ressourcen der Hochschule. Diese Ziele stellen angesichts der knappen öffentlichen Mittel sowie der hohen Bedeutung einer qualifizierten Ausbildung für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit sowie für den Zugang zum Arbeitsmarkt (vgl. Bü-Drs. 17/1661, S. 1) besonders wichtige Gemeinschaftsgüter dar.

Die in § 34 Abs. 3 Nr. 4 der Satzung der TUHH (2007) eröffnete Exmatrikulation ist auch verhältnismäßig, also geeignet, erforderlich und angemessen. Die Befugnis zur Exmatrikulation ist zur Erreichung der angestrebten Ziele geeignet, wobei insoweit die Möglichkeit genügt, den angestrebten Zweck zu fördern (BVerfG, Beschl. v. 31.3.2006, 1 BvR 1750/01, juris). Der Satzungsgeber hat auch zu Recht die Erforderlichkeit der streitgegenständlichen Exmatrikulationsregelung angenommen. Ein Eingriff in die Berufsfreiheit ist dabei nur dann erforderlich, wenn ein anderes, gleich wirksames, aber die Berufsfreiheit weniger einschränkendes Mittel nicht zur Verfügung steht. Dem Gesetzgeber steht bei der Beurteilung dessen, was er zur Verwirklichung der von ihm verfolgten Gemeinwohlzwecke für erforderlich halten darf, ein weiter Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der erst dann überschritten ist, wenn die gesetzgeberischen Erwägungen so fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für derartige Maßnahmen abgeben können (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.12.2006, NJW 2007, 979; BVerfG, Urt. v. 16.3.2004, BVerfGE 110, 141). Diesen Anforderungen ist Genüge getan. Insbesondere ist es nicht zweifelhaft, dass dem Satzungsgeber die Möglichkeit offen stand, neben der bestehenden Pflicht zur Zahlung von Studiengebühren eine Exmatrikulation bei Überschreitung der Regelstudienzeit um mehr als das Doppelte vorzusehen. Denn hierdurch wird dem Ziel, überlange Studienzeiten zu vermeiden, zusätzlich Nachdruck verliehen.

Die mit der Exmatrikulation für den Einzelnen verbundenen erheblichen Nachteile stehen auch in einem vernünftigen Verhältnis zu den der Hochschule erwachsenden Vorteilen. Zwar ist mit der Exmatrikulation für die Studierenden ein erheblicher Nachteil verbunden, da hierdurch die von ihnen getroffene Berufswahl in der Regel nicht mehr verwirklicht werden kann. Der der Hochschule durch die Exmatrikulation erwachsende Vorteil liegt zunächst in der effizienteren Verwendung ihrer Ausbildungs- und Prüfungskapazitäten. Darüber hinaus ist für die Hochschule von Vorteil, dass eine Vielzahl von Studierenden aufgrund einer bestehenden Exmatrikulationsbefugnis versuchen wird, ihr Studium vor Erreichen der doppelten für sie maßgeblichen Regelstudienzeit abzuschließen. In diesem Zusammenhang spricht für die Angemessenheit der Vorschrift insbesondere, dass den Studierenden mit der doppelten Regelstudienzeit ein auskömmlich bemessener Zeitraum zum Abschluss ihres Hochschulstudiums zur Verfügung steht. Damit ist zudem das, was der Einzelne im Rahmen des Zugangs zu einer berufsqualifizierenden Hochschulausbildung vernünftigerweise von der Gesellschaft erwarten kann, regelmäßig ausgeschöpft (vgl. allgemein: BVerfG, Urt. v. 18.7.1972, BVerfGE 33, 303). Sofern besondere Umstände vorliegen, die zu einer gerechtfertigten Verlängerung des Hochschulstudiums geführt haben, ist dies angemessen im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen, ebenso wie ein möglicher Studienabschluss in absehbarer Zeit.

Die Regelung der Exmatrikulationsbefugnis in § 34 Abs. 3 Nr. 4 der Satzung der TUHH (2007) ist auch nicht deshalb unzumutbar und daher unverhältnismäßig, weil damit eine unzulässige Rückwirkung verbunden wäre. Im Gegensatz zu einer in der Regel unzulässigen echten Rückwirkung, die anzunehmen ist, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift, ist eine in der Regel zulässige unechte Rückwirkung gegeben, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft einwirkt und damit zugleich eine Rechtsposition nachträglich entwertet (vgl. Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 20 Rn. 67 ff.; BVerfG, Beschl. v. 31.3.2006, 1 BvR 1750/01, juris). Hier liegt eine unechte Rückwirkung vor, da die von der Regelung betroffenen Studierenden in ihrem noch andauernden Studium berührt sind. Eine solche unechte Rückwirkung ist zulässig, es sei denn, die Betroffenen durften auf den Fortbestand der bisherigen Regelung vertrauen und dieses Vertrauen ist schutzwürdiger als die mit dem Gesetz verfolgten Anliegen. Um die Grenzen der Zumutbarkeit zu wahren, muss der Gesetz- bzw. Satzungsgeber gegebenenfalls geeignete Übergangsregelungen vorsehen, wobei ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht (BVerfG, Beschl. v. 31.3.2006, 1 BvR 1750/01, juris; Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 20 Rn. 74, 76).

Diesem Maßstab wird die streitgegenständliche Regelung gerecht. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass mit Veröffentlichung von § 13 Abs. 3 Nr. 4 der Immatrikulationsordnung (2006) am 22. August 2006 bekannt war bzw. den Studierenden hätte bekannt sein müssen, dass Studierende zum Wintersemester 2007 exmatrikuliert werden können, wenn sie die maßgebliche Regelstudienzeit um mehr als das Doppelte überschreiten. Für die Studierenden, die in dieser Zeit ihr Studium nicht mehr abschließen konnten, ist zu berücksichtigen, dass die Hochschulen bereits mit Verabschiedung des Hochschulmodernisierungsgesetzes am 27. Mai 2003 eine entsprechende Satzungsbefugnis erhielten. Seitdem mussten die Studierenden damit rechnen, dass eine entsprechende Regelung eingeführt werden kann. Bereits zuvor war die Einführung seit Mai 2002 in der öffentlichen Diskussion. Die Zumutbarkeit für den Einzelnen wird zudem dadurch hergestellt, dass auf Besonderheiten des Einzelfalls, wie ein bevorstehender oder in absehbarer Zeit zu erreichender Studienabschluss, im Rahmen des Ermessens Rücksicht zu nehmen ist.

1.3. Der Kläger trägt weiter vor, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, da die von der Beklagten getroffene Ermessenentscheidung rechtsfehlerhaft sei, weil zwei Erkrankungen des Klägers, welche seine Studienzeit um wenigstens vier Semester verlängert hätten, nicht berücksichtigt, die positive Entwicklung des Klägers seit 2004 verkannt und die Regelstudienzeit falsch festgesetzt worden sei. Auch sei die Exmatrikulation in seinem Fall unverhältnismäßig.

Dem kann nicht gefolgt werden. Gemäß § 114 Satz 1 VwGO kann das Gericht die von der Beklagten getroffene Ermessensentscheidung nur eingeschränkt dahingehend überprüfen, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde. Derartige Ermessensfehler sind vorliegend nicht gegeben.

a. Die Beklagte hat ihrer Ermessensentscheidung zu Recht eine – nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten so festgelegte – Regelstudienzeit von 9 Semestern zugrunde gelegt. Soweit der Kläger sich darauf beruft, lediglich 2 % der Studierenden beendeten das Studium innerhalb der Regelstudienzeit, während in der Regel die Studienzeit bis zum Abschluss des Studiums deutlich länger sei, verkennt er die Bedeutung der Regelstudienzeit. Gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 HmbHG heißt Regelstudienzeit die Studienzeit, in der bei einem Studiengang ein berufsqualifizierender Abschluss erworben werden kann. Die Regelstudienzeit bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss beträgt – mit Ausnahme von Bachelor- und Masterstudiengängen (vgl. § 54 HmbHG) – bei Fachhochschulstudiengängen höchstens vier, bei anderen Studiengängen viereinhalb Jahre, § 53 Abs. 3 HmbHG. Die Regelstudienzeit ist dabei ein Rechtsbegriff, der primär als Planungsgröße bedeutsam ist, gemäß § 53 Abs. 2 HmbHG u.a. bei der Sicherstellung des Lehrangebots, der Gestaltung des Prüfungsverfahrens, der Ermittlung und Festsetzung der Ausbildungskapazitäten sowie der Berechnung von Studentenzahlen bei der Hochschulplanung (vgl. Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 3. Auflage 2004, Rn. 346 ff.). Entsprechend der gesetzlichen Definition muss ein Studierender sein Studium lediglich in der Regelstudienzeit beenden können. Die Regelstudienzeit ist daher nach Sinn und Wortlaut nicht identisch mit der durchschnittlichen Studiendauer der Studierenden eines Studiengangs (vgl. Reich, HRG, 10. Auflage 2007, § 10 Rn. 5; v. Epping in Hailbronner/Geis, Hochschulrecht in Bund und Ländern, Stand Dezember 2000, § 10 HRG Rn. 14 ff.). Der Einwand des Klägers, lediglich 2 % aller Studierenden schlössen das Studium innerhalb der Regelstudienzeit ab, begründet demnach weder Zweifel an der Rechtmäßigkeit der festgelegten Regelstudienzeit noch an der sich darauf stützenden Ermessensentscheidung. Die gesetzliche bzw. satzungsrechtliche Anknüpfung an die Regelzeit ist angesichts des Umstands, dass den Studierenden ein Studienabschluss innerhalb der doppelten für sie maßgeblichen Regelstudienzeit im Regelfall zweifelsfrei möglich ist, sowie des Umstands, dass eine Anknüpfung an diese Größe auch in anderen Rechtsbereichen zulässigerweise erfolgt (vgl. § 15 a BAföG), ersichtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

b. Weitere Ermessensfehler, die die Richtigkeit des angegriffenen Urteils ernstlich in Zweifel ziehen könnten, sind nicht ersichtlich. Entsprechend den Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 23. November 2007 wird in der Regel von einer Exmatrikulation abgesehen, wenn das Vordiplom vorliegt, ein aktives Studium zu verzeichnen ist und bis zum Studienabschluss maximal noch 3 Semester (ca. 1/3 der Regelstudienzeit) ausstehen, wobei die Besonderheit im hochschulübergreifenden Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen berücksichtigt worden ist, wonach auch ohne Vordiplom Leistungen im Hauptstudium erbracht werden können. Diese Ermessenspraxis der Beklagten ist nicht zu beanstanden. Sie orientiert sich an der mit § 42 Abs. 4 HmbHG 2006 und § 37 Abs. 3 Nr. 4 der Satzung der TUHH (2007) verfolgten Zielsetzung, die öffentlichen Mittel effizient einzusetzen, sowie den Vorgaben des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, indem Studierenden, die trotz Überschreitung der maßgeblichen Regelstudienzeit um das Doppelte in absehbarer Zeit einen Studienabschluss erlangen können, die Fortführung des Studiums nicht versagt wird.

Soweit der Kläger vorträgt, die Beklagte habe bei der Ausübung ihres Ermessens unzureichend berücksichtigt, dass sich seine Studienzeit durch zwei Erkrankungen mindestens um vier Semester sowie in einem weiteren Umfang durch seine Erwerbstätigkeit verlängert habe, ist dem nicht zu folgen.

Der Kläger hat diese Gründe gegenüber der Beklagten lediglich in schemenhafter Form mit seinem Antrag auf der Exmatrikulationsregelung geltend gemacht. Im Bescheid vom 17. August 2008 hat die Beklagte sich im Rahmen der von ihr getroffenen Ermessenserwägungen damit auseinandergesetzt und insbesondere darauf verwiesen, dass diese Gründe nicht tragfähig seien, u.a. weil der vom Kläger erreichte Studienstand zu gering sei. Hierauf nimmt der Widerspruchsbescheid Bezug und führt insoweit ergänzend aus, dass der Kläger nahezu zwei Drittel an Studienleistungen bisher nicht erbracht habe. Die Studienzeit verlängernde Aspekte, die diesen Umstand überwiegen könnten, seien nicht gegeben.

Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Entsprechend dem dargelegten Verständnis von § 34 Abs. 3 Nr. 4 der Satzung der TUHH (2007) sowie der Ermessenspraxis der Beklagten kommt ein Absehen von der Exmatrikulation nicht bereits dann in Betracht, wenn zu berücksichtigende gewichtige studienzeitverlängernde Aspekte dazu führen, dass die Dauer, während derer der Studierende tatsächlich studieren konnte, unter dem Doppelten der maßgeblichen Regelstudienzeit liegt. Vielmehr ist unabhängig vom Vorliegen gewichtiger studienzeitverlängernder Aspekte der Tatbestand des § 34 Abs. 3 Nr. 4 der Satzung der TUHH (2007) immer dann erfüllt, wenn die maßgebliche Regelstudienzeit um mehr als das Doppelte überschritten ist. Auch im Rahmen der dann zu treffenden Ermessensentscheidung wird im Regelfall von der Exmatrikulation nicht bereits dann abgesehen, wenn unter Berücksichtigung der genannten Aspekte der Studierende faktisch weniger als das Doppelte der Regelstudienzeit studiert hat, sondern erst dann, wenn zusätzlich diese Gründe für den Studienverlauf bedeutsam sind und das Studium derart weit fortgeschritten ist, dass ein Studienabschluss in absehbarer Zeit erkennbar ist. Gerade dies ist beim Kläger angesichts des Umstands, dass er nahezu zwei Drittel der Studienleistungen nicht erbracht hat, nicht der Fall. Vielmehr sind der vom Kläger erreichte Leistungsstand und selbst der von ihm im Jahr 2007 innerhalb eines Jahres erreichte Leistungsfortschritt mit vier weiteren Leistungsnachweisen so gering, dass ein Abschluss des Studiums in absehbarer Zeit, also innerhalb von 3 Semestern, in keinem Fall erwartet werden konnte. Unabhängig davon ist zu berücksichtigen, dass selbst nach Abzug von vier Krankheitssemestern der Kläger bei Erlass des Ausgangsbescheides tatsächlich bereits 19. Fachsemester studiert hätte.

Soweit der Kläger einen Ermessenfehler daraus ableiten möchte, dass andere Studenten, die vor dem Kläger ihr Studium begonnen hätten, zur Abschlussprüfung zugelassen wurden, kann dies dem Antrag ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Denn der Umstand, dass alle diese Studenten im August 2008 zur Abschlussprüfung zugelassen wurden, zeigt, dass bezogen auf den Zeitpunkt der Ausgangsentscheidung im August 2007 deren Studienabschluss – im Gegensatz zu dem des Klägers – innerhalb von 2 bis 3 Semestern realisierbar erschien (vgl. insoweit auch die Vermerke der Beklagten in den in der Sachakte befindlichen Niederschriften vom 15.8.2007 und 12.11.2007 zu den Studenten mit den Matrikelnummern 1479346 und 1340346). Dies rechtfertigt entsprechend den obigen Ausführungen – im Gegensatz zur Sachlage beim Kläger – ein Absehen von deren Exmatrikulation. Die in diesem Zusammenhang vom Kläger geäußerte Vermutung, seine Nationalität sei Grund für die Ungleichbehandlung, entbehrt jeder tatsächlichen Grundlage.

Schließlich ist die von der Beklagten getroffene Ermessensentscheidung auch nicht unverhältnismäßig. Die Verhältnismäßigkeit der getroffenen Maßnahme ergibt sich zunächst daraus, dass die Beklagte durch die Exmatrikulation des Klägers finanzielle Ressourcen und spart Ausbildungskapazitäten (s. Ausführungen unter II. 1.2.). So nimmt der Kläger Plätze in den von ihm besuchten Lehrveranstaltungen ein und schreibt Prüfungsarbeiten, die korrigiert werden müssen. Insoweit fällt der Kläger – entgegen seinen Ausführungen – der Beklagten mit jedem Studiensemester „zur Last“. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob noch weitere Studierende trotz einer Überschreitung der der für sie maßgeblichen Regelstudienzeit um mehr als das Doppelte bei der Beklagten studieren, und unabhängig von der Frage, ob noch weitere Studenten in dem auslaufenden Diplomstudiengang studieren. Soweit der Kläger den Verdacht äußert, der ihm zustehende Bestandsschutz, den er im Rahmen des Auslaufens des Diplomstudiengangs genieße, solle durch seine Exmatrikulation umgangen werden, fehlt auch dem eine erkennbare Tatsachengrundlage.

Schließlich ist die Exmatrikulation für den Kläger auch nicht deshalb unzumutbar, weil er auf den Fortbestand der bisherigen Regelung vertrauen durfte und dieses Vertrauen in seinem Fall schutzwürdiger ist als die mit dem Gesetz verfolgten Anliegen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Kläger – unabhängig von seiner konkreten Kenntnis – seit Erlass des Hochschulmodernisierungsgesetzes 2003 mit dem Erlass einer entsprechenden Regelung hätte rechnen müssen. Mithin hatte der Kläger mehr als 4 Jahre Zeit, sein Studium so weit voranzutreiben, dass eine Beendigung des Studiums in absehbarer Zeit erkennbar gewesen wäre. Dies ist ihm jedoch nicht geglückt. Insoweit wird auf die Ausführungen unter II. 1. 2. Bezug genommen.

2. Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Berufungsentscheidung erhebliche tatsächliche oder rechtliche Frage aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Frage, die für die Berufungsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Der Zulassungsantrag muss daher erläutern, dass und inwiefern die Berufungsentscheidung zur Klärung einer bisher von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht beantworteten fallübergreifenden Frage führen kann (vgl. z.B. BVerwG, Beschl. v. 14.5.1997, NVwZ-RR 1997, 621; Beschl. v. 19.8.1997, NJW 1997, 3328).

Der Kläger trägt vor, der Rechtsstreit habe grundsätzliche Bedeutung, weil noch keine Entscheidung zur Exmatrikulation von Langzeitstudenten vorliege und die Entscheidung daher für einen größeren Personenkreis von Bedeutung sei.

Damit bezeichnet der Kläger keine bestimmte entscheidungserhebliche Frage, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts der Klärung bedürfte. Auch wenn man den Vortrag des Klägers dahingehend verstehen wollte, dass die im Zulassungsantrag aufgeworfenen Fragen zur Gültigkeit von § 34 Abs. 3 Nr. 4 der Satzung der TUHH (2007) solche von grundsätzlicher Bedeutung seien, so hat der Antrag keinen Erfolg. Denn zur Beantwortung dieser Fragen bedarf es der Durchführung eines Berufungsverfahrens nicht. Die Gültigkeit der satzungsrechtlichen Grundlage der Exmatrikulation ist nicht zweifelhaft. Insoweit wird auf die Ausführungen unter II. 1. verwiesen.

3. Die Berufung ist auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts weicht nicht von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 31. März 2006 (1 BvR 1750/01, juris) ab.

Eine Abweichung im Sinne der zitierten Vorschrift liegt, soweit es um eine Rechtsfrage geht, nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.7.1988, Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 32; Beschl. v. 11.12.1981, NVwZ 1982, 433; VGH Kassel, Beschl. v. 14.10.1987, EZAR 633 Nr. 13). Das Darlegen einer solchen Abweichung erfordert es somit, dass – zum einen – hinsichtlich der Divergenzentscheidung derjenige (dort entscheidungserhebliche) abstrakte Rechtssatz herausgearbeitet wird, von dem das angefochtene Urteil nach der Ansicht des Rechtsmittelführers abweicht, und dass – zum anderen – ausgeführt wird, welchen hiervon abweichenden (entscheidungserheblichen) ab-strakten Rechtssatz das angefochtene Urteil enthalten soll.

Der Kläger trägt vor, die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts weiche von der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ab, der zu entnehmen sei, dass die Erhebung von Studiengebühren eine Lenkungsfunktion dahin habe, dass sich die Studenten anlässlich der Gebührenzahlung ernsthaft Gedanken über ihr Studium machten. Vor diesem Hintergrund seien weitergehende Sanktionen nicht erforderlich.

Damit ist eine Divergenz nicht dargetan. Denn der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kann lediglich entnommen werden, dass die Erhebung von Langzeitstudiengebühren als Steuerungsinstrument für ein zielgerichtetes Studieren dient, eine solche Steuerung einen anerkannten Gebührenzweck bildet und verhältnismäßig ist. Dass daneben weitere Maßnahmen zur Erreichung desselben Lenkungsziels (da nicht erforderlich) ausgeschlossen wären, es sich also um eine abschließende Lenkungsmöglichkeit handelt, ist in der Entscheidung hingegen nicht gesagt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das vorliegende Antragsverfahren folgt aus §§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 3 GKG.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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